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Pfefferminze

Bis ins 20. Jahrhundert hinein fand die Pfefferminze nur in Form von Tee medizinische Anwendung. Erst danach wurden weitere Arzneiformen entwickelt - wie Tabletten, Dragees und Stifte -, die zur Schmerzlinderung geeignet sind.

Von Renate Rutta | 01.07.2014
    Pfefferminz-Zweige
    Eine Studie der Kieler Uniklinik für Neurologie hat gezeigt, dass Pfefferminzöl so wirksam wie beispielsweise das Schmerzmittel Paracetamol ist. (picture-alliance/ dpa - Lars Halbauer)
    "Ein Pfefferminztee ist ja fast ein Genussgetränk. Den kann man sich ganz einfach zubereiten, indem man die getrockneten Blätter – man kann auch frische Blätter nehmen, wenn man die zur Verfügung hat – eben in dem Fall mit kochend heißem Wasser übergießt und fünf bis zehn Minuten ziehen lässt. Das ist also ein ganz standardmäßiger Tee."
    Dr. Johannes Mayer vom Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg.
    Tee mit frischer Minze wird im arabischen Raum gern getrunken. Pfefferminzblätter werden aber auch als Küchenkraut und Gewürz benutzt. Auch der kubanische Cocktail Mojito erhält seinen typischen Geschmack durch Pfefferminzblätter. Das Aroma der Pfefferminze gibt auch Kaugummis und Schokolade eine erfrischende Note. Dr. Mayer:
    "Wenn man Pfefferminzblätter in die Hand nimmt und daran reibt, kann man sofort das Menthol riechen, das tritt dann aus diesen Ölgefäßen, das ist in dem Öl der Pflanze drin und das kann man sofort erkennen."
    Scharfer Geschmack gab den Namen "Pfefferminze"
    Die Pfefferminze kann man außer an ihrem leicht scharfen Geruch auch an ihrem kantigen Stängel und den oftmals leicht rötlichen Blattnerven erkennen und an den blauen Blüten.
    In alten berühmten Kräuterbüchern wie etwa im Hortus Eystettensis von 1613 ist die Pfefferminze nicht zu finden. Es gab sie noch nicht. Sie entstand möglicherweise als spontane Kreuzung von dreierlei Minzearten und wurde in einem englischen Garten entdeckt. Wegen des etwas scharfen Geschmacks nannte man sie "Pfefferminze".
    "Die Pfefferminze kommt in dem Sinn nicht so wild vor, weil sie ein Dreifachbastard ist. Sie ist in England entweder aus Zufall entstanden, vielleicht auch bewusst gezüchtet worden. Jedenfalls die erste Beschreibung stammt von 1696, es ist also eine relativ junge Arzneipflanze und sie wird praktisch ausschließlich angebaut."
    Medizinische Anwendung finden heute sowohl die Blätter ebenso wie das Pfefferminzöl.
    "Die Pfefferminze ist erst als Tee angewendet worden und so blieb das eigentlich bis ins 20. Jahrhundert. Und erst im 20. Jahrhundert hat man dann weitere Arzneiformen entwickelt wie eben Tabletten und Dragees und Stifte, die für die Schmerzlinderung eingesetzt werden."
    Diese Stifte werden äußerlich auf die Haut aufgetragen zur Schmerzlinderung bei Spannungskopfschmerzen und Migräne.
    "Die kühlende Wirkung des Menthols ist für die Schmerzlinderung das Entscheidende, denn dadurch werden praktisch die Rezeptoren, die den Schmerz weiterleiten, beruhigt und so haben wir eine ganz gute Wirkung auch gerade bei Kopfschmerzen, wenn man sich das Öl auf die Schläfen reibt."
    Professor Karin Kraft vom Lehrstuhl für Naturheilkunde am Zentrum für Innere Medizin der Universität Rostock ergänzt:
    "Das Schöne ist vor allem, es macht keine Nebenwirkungen und man kann die Anwendung auch häufiger wiederholen."
    So wirksam wie Paracetamol
    Dass Pfefferminzöl bei Kopfschmerzen gut wirkt, dafür gibt es auch wissenschaftliche Nachweise. Eine Studie der Kieler Uniklinik für Neurologie hat gezeigt, dass Pfefferminzöl so wirksam ist wie beispielsweise das Schmerzmittel Paracetamol.
    "Es gibt drei Studien zum Spannungskopfschmerz von der Universität Kiel und eine davon ist ein Vergleich mit Paracetamol. Man hat dort vergleichbar gute Wirkungen gefunden. Weshalb es von der europäischen Arzneimittelagentur als sogenannter "well established use" anerkannt worden ist in diesem Indikationsbereich."
    Also als anerkannte medizinische Anwendung.
    Aber nicht nur äußerlich auf die Haut aufgetragen entfaltet das Pfefferminzöl seine Wirkung. Auch innerlich kann es angewendet werden bei Darmbeschwerden. Man bereitet sich einen Tee zu bei leichten Darmkrämpfen.
    "Die Wirkung des ätherischen Öls ist recht umfangreich. Es ist in der Tat krampflösend, entblähend, es befördert die Gallenproduktion und wirkt appetitanregend und schließlich fördert es die Magensaftsekretion."
    Auch bei Reizdarmbeschwerden ist Pfefferminzöl wirksam und zwar in Form von Kapseln.
    "Beim Pfefferminzöl steht die krampflösende Wirkung ganz im Vordergrund, deswegen auch der gute Effekt beim Reizdarmsyndrom. Hier muss man allerdings wissen, es muss in sogenannten magensaftresistenten Kapseln verabreicht werden. Das heißt, die Kapseln dürfen nicht vom Magensaft angegriffen werden, sondern sollen sich erst im Dünndarm auflösen, damit das Pfefferminzöl nicht vorher austritt und dann im Magen wirkt und nicht im Darm, wo es beim Reizdarmsyndrom ja wirken soll."
    Traditionell wird Pfefferminzöl auch bei Beschwerden der Atemwege angewendet.
    "Hier kann man Pfefferminzöl inhalieren oder aber einnehmen in Form von Tropfen, um Krämpfe im Bronchialbereich zu behandeln. Im Rahmen dessen ist Pfefferminzöl auch schleimlösend. Das ist aber nicht die primäre Anwendung, sondern der sogenannte Bronchialspasmus, der einen beim Atmen dann behindert."
    Nach dem Gurgeln oder Inhalieren kann man dann wieder besser durchatmen. Doch das gilt nicht für alle. Einige Menschen vertragen keine ätherischen Öle.
    "Es gibt die Möglichkeit, dass ätherische Öle Asthma verstärken können. Das sind individuelle Empfindlichkeiten. Wenn ein Patient mit Asthma bronchiale merkt, dass er auf ein ätherisches Öl eher mit einem Bronchialkrampf reagiert, dann sollte er das natürlich vermeiden."
    Auch bei kleinen Kindern ist bei ätherischen Ölen eher Vorsicht angesagt.
    "Pfefferminzöl sollte man bei Kindern unter zwei Jahren nicht in Nähe des Gesichtes anwenden, auch nicht aufs Kissen tropfen, weil man aufgrund von besonderen anatomischen Gegebenheiten bei Säuglingen und Kleinkindern hin und wieder erlebt, dass die mit Krämpfen im Atemwegsbereich reagieren. Also bitte nicht ätherische Öle in der Nähe der Nase bei Kindern anwenden."
    Ebenso sollten Personen mit Sodbrennen, Entzündungen der Gallenwege und schweren Leberschäden sowie Schwangere eher vorsichtig sein. Sogar bei Pfefferminztee sollte man es nicht übertreiben, so Dr. Mayer:
    "Pfefferminztee, vor allem stärker zubereitet, ist eigentlich ein Arzneimittel, was man schon grundsätzlich nicht als Daueranwendung eigentlich nehmen sollte."