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Yoga

Yoga ist nicht erst seit heute äußerst beliebt. Geschätzt drei Millionen Menschen betreiben in Deutschland diese ursprünglich aus Indien stammende Mischung aus Körpertraining und Entspannungsübungen. Doch was genau ist Yoga und wie hilft es der Gesundheit?

Von Thomas Liesen | 29.04.2014
    Auf einer Wiese praktizieren viele Menschen Yoga-Übungen auf Matten.
    Das Ziel von Yoga: Muskeln und Körper stärken und tief entspannen. (Marianne Allweiss)
    "Das nächste Mal, wenn Sie einatmen und mit dem Druck der Füße gegen den Boden Po und Rücken heben, nehmen Sie die Arme mit in die Dehnung, führen sie langsam Arme und Rücken in die Position, ausatmend bringen sie Arme und Rücken zurück auf die Matte."
    Elf Frauen und ein Mann liegen rücklings auf dem Boden des Trainingsraums der Volkshochschule Leverkusen. Die Yogalehrerin Marianne Follack beobachtet, wie jeder einzelne die Übungen ausführt, korrigiert hin und wieder die Körperhaltung und gibt dann Anweisung für eine neue Übung.
    "Unterstützen Sie den unteren Rücken in der Aufrichtung, spüren sie die Wirbelsäule, richten den Rücken Wirbel für Wirbel auf, dieses Bild der Bauklötzchen, die übereinander gestapelt werden ... "
    Auf den ersten Blick wirken diese Yogaübungen wie eine gelassen ausgeführte Form eines ganz normalen Bodentrainings. Aber es steckt noch etwas mehr dahinter, erklärt Marianne Follack:
    "Das herausragendste Prinzip im Yoga ist, dass man Bewegung und Atem miteinander koordiniert, dass atmen und Bewegung eins werden. Ich kann den Arm heben und ich kann ihn wieder senken, wenn ich das mit einer Schnelligkeit und unkonzentriert mache, dann ist es eine Gymnastikhaltung. Aber wenn ich mir bewusst werde, dass in dem Moment, wo ich einatme, den Arm über die Seite nach oben zur Decke strecke und im Beginn des Ausatmens die Bewegung wieder beende, dass ich im Fluss mit dem Atem bin, dann hat das für mich etwas Meditatives und das macht das Yoga aus. "
    Hatha-Yoga im Westen am meisten verbreitet
    Tatsächlich war Yoga in seiner Ursprungsform vor allem als eine Art der Meditation gedacht. Mit der Zeit gewannen die körperlichen Übungen an Bedeutung. Und das im Westen inzwischen am meisten verbreitete sogenannte Hatha-Yoga ist nun eine Mischung aus geistigen und körperlichen Übungen. Das Ziel: Muskeln und Körper stärken und gleichzeitig tief entspannen. Doch nicht jeder ist dafür auf Anhieb aufgeschlossen:
    "Wir leben in einer Zeit, die unglaublich schnelllebig ist, Dinge müssen ganz schnell erledigt werden und wenn ich langsam werde und im Moment das tue und da die Konzentration richte, geschieht es, dass Menschen völlig nervös werden, aus dem Fenster schauen, den Körper unkontrolliert bewegen. Und es gibt Menschen, die können entspannen in der Langsamkeit, die diese Übungen beinhalten."
    Und wer sich darauf einlässt, der profitiert. Das haben zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt, sagt der Sportwissenschaftler Professor Ingo Froböse, Leiter des Zentrums für Gesundheit an der Deutschen Sporthochschule Köln:
    "Wir haben eine Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems, unter anderem führt das dazu, dass der Blutdruck sich senkt, dass die Herzfrequenz ruhiger wird, also die Ökonomisierung der Herzarbeit, auch diese wird über Yoga erreicht. Darüber hinaus wird ein Muskelreiz erreicht - und wenn man einen Muskelreiz setzt, werden natürlich die Muskeln kräftiger, aber gleichzeitig auch beweglicher und entspannter."
    Gesundheitsförderlich ist aber auch und gerade die meditative Seite des Yoga:
    "Yoga wird ja seit vielen Jahren auch richtigerweise, auch wissenschaftlich nachgewiesen, immer wieder nachgesagt, dass Yoga eine entspannende, regenerative Komponente besitzt. Und das ist unbenommen. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, ganz schnell dem Alltagsstress zu entfliehen."
    "Legen Sie ihre Hände auf die Bauchdecke, unterhalb des Bauchnabels, sodass die Fingerkuppen sich leicht berühren. Nehmen sie wahr, wie sie einatmend die Bauchdecke leicht heben und mit der Ausatmung sich wieder senkt. Versuchen Sie, den Atem ganz normal, ganz natürlich fließen zu lassen, richten die ganze Aufmerksamkeit auf ihr Atemgeschehen."
    Yogalehrerin Marianne Follack erlebt, dass immer mehr Menschen vom Arzt zu ihr geschickt werden, vor allem, wenn ihre körperlichen Probleme wie Rückenschmerzen offenkundig von Stress mitverursacht werden. Trotzdem ist Yoga nicht für jeden geeignet:
    "Also Menschen mit psychischen Problemen – es ist manchmal etwas grenzwertig, weil es ist so, dass man im Yoga mehr mit sich beschäftigt ist und das kann bei einer psychischen Labilität dazu führen, dass Dinge aktiviert werden, die man in einer Stunde oder Gruppe nicht mehr aufhalten oder unterstützen kann."
    Auch bei anderen Vorerkrankungen ist Yoga nicht unbedingt ratsam, sagt Ingo Froböse:
    "Es gibt ein paar Kontraindikationen: Wenn ich entzündliche Gelenkerkrankungen habe, bei Rheumatikern beispielsweise, gerade in den entzündlichen Phasen – nein. Wenn ich massive Rückenprobleme habe akuter Art, würde ich auch eher sagen, nein, gerade wenn es um die extremen Positionen geht. Wenn ich massive arthrotische Veränderungen habe – auch nein."
    Auf Qualifizierung der Lehrer achten
    Damit Yoga mehr nützt als schadet, ist es wichtig, von einem qualifiziertem Lehrer unterrichtet zu werden. Er sollte eine mehrjährige, möglichst vom BDY, dem Berufsverband der Yogalehrenden anerkannte Ausbildung absolviert haben. Das ist übrigens auch eine Voraussetzung dafür, dass die Krankenkassen die Kosten für einen Yogakurs zu großen Teilen übernehmen. Und bei weitem nicht jeder Yogakurs erfüllt die von Experten wie Ingo Froböse geforderten Qualitätsansprüche.
    "Grundsätzlich ist es so, dass ich leider heute erkenne, dass da, wo Yoga drauf steht, ist nicht oft Yoga drin. Oft verbirgt sich dahinter einfach nur Gymnastik. Mir ist wichtig, dass Yoga eine Philosophie ist, weit mehr als nur Muskeln bewegen und Muskeln trainieren. Darüber hinaus gibt es so einige Pervertierungen, die mir auch große Sorge machen: Warum muss man Hot-Yoga betreiben, in Hitze zum Beispiel, wo der Körper sowieso zu hoch belastet ist, bei 40 Grad möglicherweise? Warum muss man so ganz extreme Formen anbieten, wo dann Anfänger völlig überfordert sind?"
    Yoga ist eben auch ein Geschäft, denn Yogakurse, unabhängig ob Hatha-, Hot- oder Power-Yoga, haben regen Zulauf. Und grundsätzlich könnte der sogar noch viel größer sein, denn bisher ist nur geschätzt jeder zehnte Kursteilnehmer ein Mann. Und das, obwohl im Ursprungsland Indien Yoga eine fast reine Männerdomäne ist.
    "Und dementsprechend würde ich immer sagen: Jungs, probiert es mal aus. Ich habe mich auch gewehrt am Anfang und habe kennen gelernt, dass ich damit meinen Körper wirklich sehr sehr gut bilden kann, neue Haltung aufbauen kann, Muskulatur kräftigen, die ich vorher gar nicht kannte. Und vor allen Dingen habe ich eine Leistungsfähigkeit dahingehend entwickelt, dass ich genau weiß: Wie reagiert mein Körper? Das heißt, ich habe noch nie eine so gute Körperwahrnehmung gehabt, seitdem ich Yoga treibe."
    "...und mit Ausatmung führen sie die Arme wieder zurück, neben ihren Körper, lassen die Spannung aus den Beinen heraus. Und lassen los."