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Radiolexikon: Halsschmerzen

Halsschmerzen können in unterschiedlichen Formen auftreten: stechend, kratzend, anhaltend und vorübergehend. Auch die Mittel dagegen sind vielfältig. Bonbons, Honig oder ein wärmender Schal können lindern. Nur Antibiotika müssen nicht sofort her, sagen Mediziner.

Von Cajo Kutzbach | 09.08.2011
    "Ich hab nie Halsweh!"

    Im Normalfall halt ich das aus und wart, bis es von selbst wieder weg ist."

    "Lutschtabletten, oder einen Schnaps trinken."

    Schnaps trinken, Salbei-Bonbons."

    Man sieht meist nur, dass der Rachen gerötet, also entzündet ist. Die Schleimhaut, die so heißt, weil sie im Gegensatz zur übrigen Haut Schleim absondern kann, ist sehr empfindlich. Es genügt ein Krümel im Hals und man muss Husten. Doktor Assen Koitschew, Leiter der Abteilung Hals-, Nasen- und Ohren-Heilkunde für Kinder am Olgahospital in Stuttgart, erklärt, wie beim Halsweh der Schmerz entsteht. Die Schleimhaut bekämpft nämlich die Krankheitserreger mit verschiedenen Reaktionen:

    "Diese Reaktionen beinhalten auch die Ausschüttung von verschiedenen Entzündungshormonen, Entzündungsbotenstoffen, Antikörper-Reaktionen, die dann in ihrer gemeinsamen Wirkung - das ist ja eigentlich die Entzündung - unter Anderem auch zur Schmerzsensationen führen, weil ein Teil dieser sogenannten Cytokine, also der Giftstoffe mit denen die Erreger eigentlich abgetötet werden sollen, gleichzeitig auch zum Beispiel schmerzempfindliche Nervenfasern reizen können."

    Die Entzündung und der Schmerz zeigen an, dass da einerseits etwas nicht in Ordnung ist, aber andererseits auch, dass die Abwehr des Körpers bereits arbeitet. Halsweh ist eine Erscheinung, die viele Gründe haben kann:

    "Halsschmerzen, das kann alles Mögliche sein. Man kann sicherlich verallgemeinern, dass die allermeisten Halsschmerzen durch eine Infektion, und innerhalb der Infektionsmöglichkeiten, die allerhäufigste Ursache sind banale Vireninfektionen. Das heißt also die übliche Erkältung ist in der Regel eine virale Erkrankung. Daher ist es auch nicht sinnvoll bei eben seit Kurzem erst vorliegenden Halsschmerzen oder Schnupfen sofort mit Antibiotika zu beginnen. Diese sind meistens gegen Viren nicht wirksam."

    Diese Viren sind manchmal Wegbereiter für Bakterien, die ebenfalls Halsweh hervorrufen oder verschlimmern können.

    "An zweiter Stelle, würde ich sagen, kommt es dann zu einer primären, aber auch nach einer viralen Vorinfektion, sekundären Bakterienbesiedlung. Bakterien sind ja die Erreger, die man mit Antibiotika in den allermeisten Fällen gut behandeln kann. Die Bakterien sind häufig sozusagen in der Nachfolge der Viren. Das heißt, sie benutzen die bereits durch die Vireninfektion reduzierte Abwehrfähigkeit der Schleimhaut um über diese herzufallen und dann sozusagen sich selbst dann zu einer weiteren Infektion zu verhelfen. Wenn es denn so weit ist, dann ist es richtig sinnvoll diese mit Antibiotika zu behandeln."

    Besonders empfindlich sind natürlich Menschen, deren körpereigene Abwehr, das Immunsystem durch andere Erkrankungen oder Operationen geschwächt ist. Normalerweise bekommt das Immunsystem Viren ganz gut in den Griff, weil es das seit der Geburt geübt hat. Ein gesunder Mensch kann also einfach abwarten und zur Linderung Tee trinken oder Gurgeln:

    "Hatte ich zwar schon lange nicht mehr, aber damals hat sich bewährt Salbeitee. Hat eben ne adstringierende und desinfizierende Wirkung."

    Das Desinfizieren macht es den unerwünschten Bakterien schwerer und die abschwellende Wirkung lindert den Druck der angeschwollenen Schleimhaut im Hals. Dass Hausmittel wirken, hängt auch damit zusammen, dass sie jene "guten" Bakterien unterstützen, mit denen der Körper sowieso besiedelt ist. Ähnliches leisten auch manche Medikamente.

    "In der Normalsituation ist es so, dass unsere eigenen Heimbakterien darauf ausgerichtet sind, mit unserem Körper in Symbiose, also zusammen zu leben, und die helfen der natürlichen Abwehr Fremdbakterien abzuwehren."

    Die Heimbakterien wollen sich ihren Lebensraum nicht wegnehmen lassen. Wer ansonsten gesund ist, kann also Halsschmerzen in vielen Fällen mit Hausmitteln gut lindern. Assen Koitschev:

    "Es ist tatsächlich so, dass nicht jede Erkältung, auch nicht jede bakterielle Erkältung oder Entzündung mit Halsschmerzen tatsächlich immer Antibiotika braucht. In der Praxis ist es so, dass meistens natürlich - grade bei erwachsenen Patienten - jeder versucht sich selbst zu helfen."

    Die Rezepte gegen Halsweh sind dabei ganz verschieden:

    "Ich esse Knoblauch, trinke eine Milch mit Honig oder einen Tee. Wenn's schlimmer ist, dann gurgle ich mit Salbei."

    Bei manchen Hausmitteln ist die Wirkung gut erklärbar, bei anderen kann man nur vermuten, dass vor Allem der Glaube an ihre Wirksamkeit hilft.

    "Diese sogenannten Hausmittel müssen ja nicht unbedingt schlecht sein. Die können erstens gut helfen um die Symptome, also die Halsschmerzen zu lindern. Aber sie dienen natürlich auch zum Teil der Antiseptik. Antiseptik ist quasi eine unspezifische Bekämpfung von Infektionen, anders als die Antibiose, und natürlich auch der Hygiene im Allgemeinen. Das heißt, die Schleimhäute werden durchspült und werden auch von den oberflächlich an ihnen haftenden Erregern dann befreit. Insofern ist kein Hausmittel schlecht, sofern der Patient davon profitiert."

    Zur Vorbeugung sind eine gesunde Lebensführung, Abhärtung und Hygiene immer gut.

    "Die Hygiene ist ja natürlich ein sehr wichtiger Aspekt. Nicht nur die Mundhygiene, sondern die Hygiene natürlich allgemein, weil eigentlich so gut wie alle diese Infektionen durch Tröpfchen übertragen werden. Das heißt also in Kontakt mit anderen Erkrankten, aber auch in Kontakt mit den eigenen Händen, das kennen wir ja bei den Kindern."

    Also "Hand oder Arm vor den Mund beim Niesen" und "Händewaschen vor dem Essen". In der kalten Jahreszeit kann ein Schal um den Hals diesen vor Auskühlung schützen, so dass das Immunsystem und die Schleimhaut stets warm genug sind, um volle Leistung zu bringen. Vorbeugung ist in jedem Fall besser, denn auch der Arzt kann häufig nicht genau erkennen, welche der vielen Viren- oder Bakterienarten gerade am Werk sind:

    "Die Diagnose ist in sofern schwierig, weil es ja keine zuverlässigen Tests gibt, die das Ganze auseinander halten. Das heißt also, wenn der Patient seine Halsschmerzen hat, für sich selbst kann er mal im Spiegel gucken, oder versuchen eine Selbstdiagnose zu tun, aber der Arzt sieht in der Regel nur oberflächliche Veränderungen der Schleimhaut und kann versuchen, diese zu interpretieren."

    Der Arzt kann manche Krankheiten wie Diphtherie oder Mandelentzündung erkennen, aber bei Vielen der Erreger ist er fast genauso ahnungslos, wie der Patient. Assen Koitschev rät deshalb zu einer Art vorsichtiger Gelassenheit bei Halsschmerzen:

    "Das ist sicherlich richtig, dass man bei allen sogenannten Banalen Infekten, die man erwartungsgemäß nach einer Woche nicht mehr spürt, man nicht unbedingt zum Arzt sofort gehen muss. Da sind viele Möglichkeiten der Selbsthilfe gegeben. Aber bei allen Beschwerden, die länger andauern - also länger als zwei bis drei Wochen - und insbesondere bei allen Halsschmerzen, die einseitig sind, ist immer Vorsicht geboten, weil man insbesondere auch bei den Erwachsenen mit gewissen Risikofaktoren, wie zum Beispiel Rauchen, immer auch Halsschmerz ein Zeichen einer nichtinfektiösen Erkrankung sein kann."

    Und bei Krebs sollte man natürlich so früh wie möglich Gegenmaßnahmen ergreifen. Aber bei normalen Halsschmerzen genügen meist Hausmittel:

    "Entweder mit Salbei gurgeln, oder eventuell noch irgend wie Tabletten. - Mir hilft bissle Honig."

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