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Radiolexikon: Ohrenschmerzen

Ohrenschmerzen können furchtbar sein, vor allem bei Kindern. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein, klar ist aber, dass ein Besuch beim Arzt fast immer sinnvoll ist.

Von Mirko Smiljanic | 12.07.2011
    Köln-Deutz, in der Praxis des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Dr. Antonio Pizzulli, ...

    " ... komm Baby, komm, willst Du Hallo sagen? Willst Du mitsprechen? Möchtest Du Hallo sagen? Sag mal Hallo, ..."

    ... nein, der acht Monate alte Junge möchte nichts sagen, er schaut sich lieber das Mikrofon an, reckt den Kopf interessiert nach oben und möchte in den Windschutz beißen, ...

    " ... meine Maus, ja, bist Du neugierig, ja, hallo, sag mal Du, "u" sagst Du doch so oft, ..."

    ... aber nicht heute, Vorführeffekte gibt es auch bei Kindern, ... oder aber er leidet noch, denn die Mutter ist mit ihrem Sohn ja nicht ohne Grund beim Kinderarzt: Der Kleine hat Ohrenschmerzen, fürchterliche Ohrenschmerzen! Vermutete die Mutter zumindest, denn was sonst soll sie davon halten, wenn ihr Kind vor Schmerzen schreit und sich dabei den Kopf hält?!

    "Das ist eigentlich eine schwere Sache, es sind Schmerzen vor allem am Kopf, an den Ohren, das ist natürlich unerträglich für kleine Babys, die natürlich nicht sagen können, wo sie die Schmerzen haben, da müsst man schon etwas erkennen und die Anhaltspunkte wissen."

    Ohrenschmerz ist der Sammelbegriff für ein und dasselbe Symptom ganz unterschiedlicher Krankheiten des Gehörs. Die Schmerzen können im äußeren Ohr auftreten, im Mittelohr oder im Innenohr. Ohrenschmerzen gibt es in allen Lebensphasen, junge Menschen leiden darunter und alte. Allerdings sind Ohrenschmerzen bei Kindern bis etwa acht Jahren ungleich häufiger als bei Erwachsenen. Kein Tag vergeht, sagt der Kinderarzt Dr. Antonio Pizzulli, ohne junge Ohrenschmerz-Patienten. Dafür gibt es medizinische Gründe: Kinder leiden häufig an Ohrenschmerzen wegen ...

    " ... der Enge der Nase und der Enge des Nasen-Rachen-Raums und dieser Minderbelüftung der Nebenhöhlen, die Infektionen bahnen sich einen Weg über die Verbindungsröhre, die Tube, vom Nasen-Rachen-Raum zum Mittelohr und nicht in die Nebenhöhlen. Deswegen hat der erwachsene Mensch eher eine Nebenhöhlenentzündung und das kleine Kind hat eine Mittelohrentzündung, ..."

    ... die Nasennebenhöhlenentzündung ist die Mittelohrentzündung des Erwachsenen. Aber wo genau ist das Mittelohr? Und was genau entzündet sich dort?

    "Die Entzündung liegt im belüfteten Raum zum Trommelfell zum Ohr zu den weiteren Strukturen des Hörorgans. Da liegt ein Luftfilm, der dazu da ist, die Schwingung, die vom Trommelfell aufgefangen ist, weiterzuleiten. Das heißt, das Trägermedium ist Luft, und da ist dann keine Luft mehr drin, sondern Schleim oder Eiter oder Bakterien oder Ausschwitzung, und dies macht die Entzündung, der Entzündungsort ist das Mittelohr, da, wo normalerweise Luft ist, ist jetzt keine Luft mehr, ..."

    ... sondern Eiter, der einen hohen Druck ausübt und enorme Schmerzen verursacht. Und zwar auch nachts, wenn andere Schmerzzustände sich üblicherweise abschwächen. In solchen Fällen ist auf jeden Fall ein Besuch beim Arzt ratsam. Als Therapie rät der Kölner Kinderarzt Antonio Pizzulli.

    "Beim Säugling hohes Fieber, Ohrenschmerzen und eine Entzündung, die der Arzt sieht, also Trommelfellbefund, antibiotisch immer! Beim älteren Kind jenseits des Säuglingsalters je nach Befund, je nach Allgemeinzustand, je nach Sehen, also das, was der Arzt sieht, ob es eine Virusentzündung ist oder eine bakterielle, das kann man klinisch als Geübter schon ganz gut eingrenzen, und eben auch Fieberverlauf und Allgemeinzustand des Kindes."

    Häufiger als heute nutzten in den 50er- und 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts Ärzte zudem eine eher brachial anmutende Methode: Sie öffneten das Trommelfell und entlasteten so das Mittelohr. Der Eiter konnte abfließen und die Schmerzen ließen nach. Ist der Druck auf das Mittelohr zu hoch, reißt das Trommelfell auch schon mal ohne ärztlichen Eingriff.

    "Dann kann es sein, dass die Eltern sagen, wir hatten eine höllische Nacht, das Kind hat gejault, geschrien, hatte Schmerzen bis zum geht nicht mehr, und kommen morgens in die Praxis - und das Kind ist quietschfidel. Warum? Weil eine Entlastung entstanden ist, der Schleim, der Eiter, drückt, und hat sich dann über das Trommelfell entleert."

    Neben der Mittelohrentzündung gibt es eine Reihe anderer Ursachen für Ohrenschmerzen. Infektionen der Ohrmuscheln und Erkrankungen der Zähne oder des Kiefergelenks zählen dazu, aber auch Entzündungen der Ohrspeicheldrüse, Gaumenmandelentzündungen, Kehlkopfkrebs und Allergien. Außerdem lösen Veränderungen des Luftdrucks etwa beim Fliegen oder Tauchen Ohrenschmerzen aus.

    "Natürlich kann es auch, das ist seltener, eine Entzündung des äußeren Gehörganges sein, das heißt, er hat Ohrenschmerzen und die liegen nicht im Mittelohr, sondern im Gehörgang."

    Vorsicht ist geboten bei Hausmittelchen gegen Ohrenschmerzen, ob sie wirklich helfen, ist ohnehin eine Glaubensfrage. Außerdem haben zerdrückte Zwiebeln, die auf das kranke Ohr gelegt werden, oder mit handwarmem Olivenöl und Wattestäbchen gesäuberte Ohren einen entscheidenden Nachteil: Helfen sie nicht, kann das Kind bleibende Schäden zurück behalten.

    "Vernarbung des Trommelfells bis hin zu Infektionen in die Gehörknöchel, also es gibt schon eine Menge an Komplikationen, man sollte schon die Mittelohrentzündung und den Ohrenschmerz abklären lassen, vor allem, wenn er länger anhält. Mehr als den Schmerz fürchten wir die behinderte Nasenatmung mit chronischer Ergussbildung, das ist ein Zeichen, dass da eine weitere Abklärung erfolgen muss und eine Sanierung in dem Sinne, dass da die Wucherungen entfernt werden müssen, ..."

    ... was zwar einen operativen Eingriff notwendig macht, der im Vergleich zu chronischen Ohrenschmerzen aber harmlos ist. Ohrenschmerzen gelten als die unangenehmsten Schmerzen überhaupt!

    "Komm Baby, komm, willst Du Hallo sagen? Willst Du mitsprechen? Möchtest Du Hallo sagen? Sag mal Hallo, meine Maus, ja, bist Du neugierig (Baby weint), ja, hallo, sag mal Du, "u" sagst Du doch so oft, ..."

    ... nein, der Kleine möchte immer noch nichts sagen. Hauptsache, er hat keine Ohrenschmerzen mehr!

    Das Beste ist, wenn man das Kind hochhebt, dass es dann ruhiger wird durch den Druck halt, dass es eben niedriger wird diese Schmerzen, dass die wieder zurückgehen, und wenn die liegen, dann haben sie wieder diese extremen Schmerzen, und dadurch haben wir das eigentlich immer hingekriegt, dass die wieder in den Schlaf gegangen sind.