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Radiolexikon: Schnarchen

Jeder vierte Mann unter 60 schnarcht, bei den Älteren sind es deutlich mehr. Schnarchende Frauen gibt es weniger - allerdings gilt auch da, mit zunehmenden Alter steigt die Zahl der Schnarcher. Ist Schnarchen nur Lärmbelästigung oder gefährdet es auch die Gesundheit? Und wie kann man es abstellen, das " knatternde Geräusch", das vielen die Nachtruhe raubt?

Von Barbara Wiedemann | 29.01.2008
    "Es gibt nichts quälenderes als einen schnarchenden Ehemann neben sich liegen zu haben. Mittlerweile geht mir dieses Schnarchen so auf die Nerven, das ich ernsthaft über getrennte Schlafzimmer nachgedacht habe. "

    Christa schläft seit Jahren schlecht und das liegt nicht etwa daran das "sie" unter Schlafstörungen leidet, ihr Mann ist ein echter Schnarcher - und sie liegt schlaflos daneben.
    Alle kreativen Versuche ihn daran zu hindern haben bislang keinen Erfolg gezeigt.
    "Man macht das ja erst mal sanft, ihn anzusprechen hätte eh nichts genutzt, also hab ich erst versucht Nase zuhalten, aber das funktioniert natürlich nur 3 Sekunden, dann hab ich versucht ihn auf die Seite zu drehen, da dieser Mann aber 85 Kilo wiegt, ist das natürlich auch nicht so einfach, hat ich ihn mühselig auf die Seite gedreht, drei Minuten später, Platsch, liegt er wieder auf dem Rücken, und das Schnarchen beginnt von neuem."Der Schnarcher selbst schläft wunderbar", heißt es in einem Gedicht von Eugen Roth….
    Was nur bedingt stimmt, denn Schnarchen gefährdet nicht nur die Gesundheit der Mitschläfer. Schwere Schnarcher schlafen oft auch schlecht, sind tagsüber müde, unkonzentriert, unausgeruht.

    Und wenn es beim Sägen auch noch zu Atempausen kommt, kann es sogar lebensgefährlich sein, so Dr. Christoph Möckel, Chef der HNO Abteilung des St. Franziskus Hospitals in Köln

    "Das gefährliche Schnarchen ist dadurch auch bedingt, dass der Schnarcher auch die Luft anhält, das kann ziemlich lang sein bis zu ein, zwei Minuten und dann gefährlich tief der Sauerstoffgehalt im Blut abfällt.
    Dass ist das gefährliche Schnarchen, weil dieser Abfall im Blut führt zu Schlaganfall und Herzinfarkt Risiko."

    Eine einfache, ambulante Untersuchung kann abklären, ob man zu den harmlosen oder den gefährlichen Schnarchern gehört. Über Nacht wird dabei ein Gerät getragen, das den Schlaf aufzeichnet und Nasenatmung, Herzfrequenz und Sauerstoffgehalt misst. Das Ergebnis wird dann am Computer ausgewertet.

    "Hier geht der Sauerstoff dann entsprechend runter auf unter 90% und das wiederholt sich dann die ganze Nacht. Dann wieder 36 Sekunden die Luft angehalten, dann fünf sechs Atemzüge, der Sauerstoffgehalt geht auf 88% hier hinunter, der Puls schwankt stark."

    Der Puls schwankt, das Herz ist gestresst – Zeichen eines gefährlichen Schnarchens. Dieses Schnarchen mit Atemstillständen wird als Apnoe bezeichnet und ist eine ernstzunehmende, chronische Erkrankung.
    In den meisten Fällen kann nur durch das nächtliche Tragen einer Beatmungsmaske Abhilfe geschaffen und Schlimmes verhütet werden.

    "Ich trag dat Gerät jetzt seit `98. Irgendwie wenn ich dat Gerät nit hab, dat fehlt mir, man hat sich so dran gewöhnt und für mich is et lebenswichtig. Die erste Nacht kriegte ich Panik, man kriegt Angst, aber dann hat man sich dran gewöhnt, nach ein paar Nächten, dann is dat weg, und dann sagt man, dat gehört dazu, man nimmt et überall mit, im Urlaub überall. "

    Lebenswichtig - aber leider auch etwas gewöhnungsbedürftig. Um die richtige Maske zu bekommen, werden die Patienten in ein Schlaflabor überwiesen.

    Denn eine Maske muss passen " wie die Faust aufs Auge" weiß Schwester Finn, die seit vielen Jahren im Schlafmedizinischen Zentrum Köln Merheim Patienten zur geeigneten Beatmungsmaske verhilft – Teil, Halb oder Full Face, ist hierbei die entscheidende Frage

    "Das heißt Full Face, aber nicht das ganze Gesicht passt rein, das geht vom Stirn bis quasi unter der Lippe.
    Das ist eine Kleine, das ist eine sehr Schöne....rascheln, auspacken...."

    Wir haben auch Patienten die auch Platzangst so Panikattacken haben, das heißt, man muss versuchen für die eine Maske zu finden, die so klein wie möglich ist, da gibt’s zum Beispiel ganz tolle, neue Masken die quasi nur in die Nase gehen, das sind sehr vermischte Gefühle dazu, manche Leute sagen, wunderbar super, ich kann lesen bevor ich einschlafe, und dann sagen andere, weil die ganze Luft direkt in die Nase kommt, manche Leute finden das sehr unangenehm.

    So individuell wie die Maske sein muss, so individuell die Wege der Träger damit zurechtzukommen – denn das Schlafen mit einer Maske auf dem Gesicht und dem Beatmungsgerät auf dem Nachtisch, das Ganze noch durch einen Rüsselartigen Schlauch verbunden – erfordert eisernen Willen unterstützt von kreativen Gedanken.

    "Ich hab mir quasi eine psychologische Brücke gebaut, dann abends setz ich meinen Helm auf und meine Atemmaske auf..."Ready For Take Off..." und Triebwerke frei, die ersten Loopings und die Rolle und schon bin ich eingeschlafen."

    Ein kleiner Trost: die Geräte werden immer kleiner, im Normalfall sind sie so groß wie ein Brot.
    Und die Mühen der Nacht werden natürlich durch die Freuden am Tage belohnt.

    "Die Leute sind davon fit, kann wieder ihr normale Leben, sind nicht ein Gefahr für sich und für andere, wenn man einfach an diese berühmte Sekundenschlaf denkt, manchmal man hat Patienten wo die 80, 90 Aussetzer pro Stunden haben, das heißt, mehr als ein pro Minute, und man muss nur einfach versuchen selber die Luft anzuhalten, wenn merkt wie unangenehm es ist und wie das Herz rast und wenn man das eine Nacht hintereinander hat, dann weiß man wie viel Stress, man seinem eigenen Körper aussetzt, das nicht sein muss."

    Da kann sich der harmlose Normalschnarcher glücklich schätzen – wenn er allein schläft.
    Thomas Kern war ein echter Säger. Egal ob in Rücken oder Seitenlage, sein Schnarchen erreichte "Presslufthammer Lautstärke."Das hat sich so angehört als ob ein großer LKW immer durch das Schlafzimmer gerauscht ist, also das sind schon ordentliche DB Zahlen die da vorhanden waren, also so zwischen 98 und 100 DB. Das ist schon ein ordentlicher Brummer!"

    Das fand seine Frau auf Dauer wenig erfreulich und so hat er sich entschlossen, das Leiden in Angriff zu nehmen und sich auf zum HNO Arzt Dr. Möckel gemacht. Der hat ihm nach gründlicher Voruntersuchung schließlich zu einer Operation, bzw. Laserbehandlung geraten.

    "Um in der Nase Platz zu schaffen, kann man die Schwellkörper mit dem Laser reduzieren, oder Polypen abtragen.
    Im Gaumensegel, dass kann sehr, sehr schlaff sein, auch durch jahreslanges Schnarchen, dass man das auch mit dem Laser wieder auf Normalmass strafft, auch der hintere Zungenbereich kann mit dem Laser abgetragen werden."

    Die Operation musste er selber bezahlen, denn Schnarchen ohne Atemstillstände gilt nicht als Krankheit und deswegen wird die Therapie auch nicht von den Krankenkassen übernommen.

    Trotzdem – die Investition hat sich für ihn gelohnt, meint der ehemalige Schnarcher.

    "Also das hat sich alle Male rentiert, also das würde ich auch wieder machen, wenn ich’s noch mal machen müsste.
    Vor der OP hab ich ungefähr 10 – 12 Stunden geschlafen und war nicht ausgeruht und jetzt nach der OP schlaf ich so zwischen 7 und 8 Stunden und bin absolut ausgeruht."

    Auch wenn nicht garantiert ist, dass Schnarchen nach einer Laserbehandlung immer völlig verschwindet, wird es doch meist erheblich leiser.

    Dieser Zustand kann aber nur gehalten werden, wenn der Schnarcher die Behandlung unterstützt. Denn neben den anatomischen Veränderungen sind Übergewicht und Alkohol die Hauptfaktoren für ausgiebiges "Sägen" in der Nacht.

    "Ganz wichtig natürlich die Gewichtsreduktion und das Weglassen des abendlichen Alkoholkonsums."
    Wenn sie das beides in Griff kriegen sind die Hälfte der Schnarcher schon erledigt, man sagt auch in Kriegszeiten gab es keine Schnarcher oder ganz, ganz wenige, dass ist letztendlich auch eine Zivilisationskrankheit, weil viele der Patienten einfach Übergewicht haben und doch jeden Abend nicht viel, aber auch wenig Alkohol, reicht zur Erschlaffung der Muskulatur aus, um das Schnarchen zu generieren.

    Mit zunehmendem Alter wird auch die Anzahl der Schnarcher größer – die überwiegend aus Männern besteht. Warum mehr Männer als Frauen schnarchen ist wissenschaftlich noch nicht erwiesen, aber leider eine Tatsache.

    Und da sich Schnarchen hauptsächlich im Ohr des Mitschläfers abspielt, müssen Schnarchopfer manchmal eine schwere Entscheidung treffen.

    "Also, ich würde jetzt nicht sagen, dass ich ihn wegen dieses Schnarchens nicht mehr liebe, aber es nervt, es nervt, dann ist die Frage, was ist mir wichtiger, mein gesunder Schlaf oder der Körperkontakt, mittlerweile in meinem Alter denke ich, ist der Schlaf wichtiger, muss der Körperkontakt hinten anstehen."