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Radsport
Gemischte Signale von der UCI

Beim Kongress am Rande der Radsport-WM in Ponferrada wurde UCI-Präsident Brian Cookson gefeiert. Jetzt muss er liefern. Immerhin wartete der neue Boss des internationalen Verbands mit einer Überraschung im Anti-Dopingkampf auf.

Von Tom Mustroph | 27.09.2014
    Brian Cookson während einer PK.
    UCI-Präsident Brian Cookson (Laurent Gillieron, dpa)
    Neues Vertrauen in den Radsport, Offenheit und Transparenz: Das waren die zentralen Botschaften, mit denen Brian Cookson am Rande der letzten WM in Florenz die turbulenten Präsidentschaftswahlen der UCI gegen Pat McQuaid gewann. Ein Jahr später befindet sich die UCI in ruhigerem Fahrwasser. Der Kongress am Rande der Titelkämpfe geriet zum Schaulaufen für Cookson. Beifall und Selfie-Schießen der Delegierten mit dem Präsidenten gehörten zu den beliebten Spielen im Theater Bergidum in Ponferrada.
    Unterstützung für den Präsidenten
    Durchaus zur Verwunderung von Cookson. "Es gab viele Selfies. Ich fühle mich etwas merkwürdig, zu einer Berühmtheit geworden zu sein. Aber es ist gut, Freunde zu haben, und auch eine Demonstration der Unterstützung. Die Leute wollen gern mit der neuen Mannschaft zusammenarbeiten. Ich bin darüber sehr glücklich."
    Nun, auf Fotos mit seinem Vorgänger Pat McQuaid waren Delegierte aus Afrika und Asien auch in den letzten Jahren scharf. Es verschafft offenbar Respekt in der Heimat, wenn man mit dem internationalen Oberboss auf einem Bild verewigt ist.
    Viel voran gebracht
    Aber Cookson hat den Radsport tatsächlich etwas vorangebracht. Den Frauenradsport zum Beispiel. Ronny Lauke, sportlicher Leiter der neuen Doppelweltmeisterin Lisa Brennauer: "Es ist eine Bewegung entstanden. Man merkt, dass alle Parteien mehr wollen. Man rückt näher zusammen. Und ich glaube, dass im letzten Jahr doch schon etwas vorangegangen ist. Einfach von den Strukturen der Rennen, Die Weltcuprennen werden jetzt zumindest auf dem UCI-Channel mitübertragen, So etwas hebt die Wertigkeit natürlich an, dass die Radrennen jetzt sichtbar werden."
    Die neue Sichtbarkeit könnte in Zukunft auch strukturelle Verbesserungen mit sich bringen, hofft Lauke. "Wenn dann festgestellt wird von den Zuschauern, dass das interessante Rennen sind, die die Mädels ja durchaus abliefern, dann kommen auch mehr Zuschauer. Denn so etwas spricht sich rum. Was dann ja wieder mögliche Sponsoren heranzieht."
    Dopingtribunal geplant
    Erste Schritte leistete Cookson auch im Antidopingkampf. Die Dopingkontrolleinheit der UCI ist zumindest formal unabhängig vom Weltverband. Und für ein Aufhorchen sorgte, dass Cookson ein unabhängiges Dopingtribunal einrichten will. Vor ihm werden ab Januar 2015 die Dopingfälle aller Profiradsportler verhandelt.
    "Wir wollen sicherstellen, dass es keinen Verdacht auf einen Interessenkonflikt gibt, wenn ein nationaler Verband den Fall eines seiner Spitzenfahrer verhandeln muss. Man sieht, dass er dadurch manchmal in Schwierigkeiten gebracht werden kann. Und wir wollen, dass der Verband eben nicht in solchen Schwierigkeiten steckt und dass die Fälle korrekt umgesetzt werden."
    Beispiele für Überforderung
    Die lasche Vorgehensweise des spanischen Verbands bei der Aufarbeitung von "Operacion Puerto", der lange verschleppte Clenbuterolfall Alberto Contadors, aber auch die im Sande verlaufenen Untersuchungen gegen die am Freiburger Dopingskandal beteiligten deutschen Radprofis waren in der Vergangenheit Beispiele für die Überforderung nationaler Verbände, wenn es gegen eigene Spitzenathleten ging. Jüngst scheiterte die UCI bei einem Verfahren gegen Roman Kreuziger an der Rechtssprechung des tschechischen Verbands.
    Das neue Tribunal dürfte in Zukunft ähnlich gelagerte Fälle zumindest gleich behandeln. Und nationale Interessen treten zurück. Nur gegen ein Phänomen kommt auch Cookson nicht an: Den spärlichen Besuch bei der WM. Immerhin gibt er das Problem zu. "Ponferrada ist für viele Leute vielleicht schlecht zu erreichen. Und deshalb sind die Zuschauerzahlen geringer als bei einem besser zugänglichen Ort."
    Vorgänger Pat McQuaid hätte vermutlich den Journalisten falsche Wahrnehmungen unterstellt. Es hat sich etwas verändert beim Radsportweltverband.