Der Kakamega-Forest ist ein Waldrest von einem ehemals sehr großen Waldgebiet. Dieser Wald zeichnet sich dadurch aus, dass er relativ wenig gestörte Regenwaldbereiche hat, aber auch stark gestörte Bereiche in verschiedenen Abstufungen, auch Waldinseln, die nur noch in Agrarlandschaften rumstehen.
So Jörn Köhler vom Zoologischen Forschungsinstitut und Museum König in Bonn. Im Kakamega-Forest leben derzeit 24 Froscharten. Durch den Klimawandel hat nun eine neue, beunruhigende Art ihren Weg in den Kakamega-Forest gefunden: nämlich der Hoplobatrachus occipitalis:
Der frisst andere Froscharten, definitiv ein Froschfresser. Und wir wissen, dass diese Art normalerweise in Savannentümpeln vorkommt. Wenn es sich jetzt tatsächlich ereignet hat, dass diese Art frisch eingewandert ist, dann ist auf jeden Fall innerhalb kürzester Zeit eine Änderung der Amphibiengemeinschaft im Kakamega-Forest zu erwarten.
Erklärt Stephan Lötters von der Universität Mainz. Das Quaken im Wald könnte bald verstummen, weil der neue Fressfeind kleinen Fröschen den Garaus macht - falls das nicht zuvor der Mensch durchs Abholzen ohnehin erledigt. Am Kakamega-Forest lassen sich wichtige Faktoren aufzeigen, die Amphibien rund um die Welt bedrohen. Seit 25 Jahren nehmen sie ab, und sie verschwinden immer schneller, beschreibt Janice Chanson von der Internationalen Naturschutzunion IUCN in Washington DC:
In unserer dreijährigen Studie haben wir alle 5743 Amphibienarten untersucht und festgestellt, dass inzwischen ein Drittel vom Aussterben bedroht ist. Wir schätzen, dass wir sie in den kommenden 100 Jahren alle verlieren und dass ihnen viele andere Arten folgen werden. Die Lage der Amphibien ist katastrophal, sie sind erheblich schlimmer dran als die Vögel oder die Säugetiere. Sie stecken in einer tiefen Krise.
Nach 370 Millionen Jahren auf der Erde geht es ihnen an den Kragen. Amphibien reagieren sehr empfindlich, etwa auf Gewässerverschmutzung, denn sie sind häufig zu klein und immobil, um in neue Lebensräume ausweichen zu können. Außerdem sind ihre Verbreitungsgebiete oft sehr begrenzt: Damit kann ihnen schon das Abholzen eines einzigen Waldes den Lebensraum nehmen. Drittens rafft eine Krankheit sie dahin: die Chy-tri-dio-mykose, eine Pilzerkrankung, die die Haut der Amphibien angreift. Mehr als 100 Arten sind befallen - und das bedeutet leider für viele innerhalb von drei bis fünf Jahren das Todesurteil. Warum, ist unbekannt:
Eine Theorie ist, dass dieser Erreger durch den Klimawandel und die Umweltverschmutzung aggressiv geworden ist. Eine andere besagt, dass der Pilz aus Afrika stammt und mit einem für die Laboratorien exportierten Frosch rund um die Welt verbreitet worden ist. In der Tat lässt sich der Ausbruch der Krankheit zeitlich mit der Einführung dieser Art korrelieren. Wir wissen auch, dass die verdächtigte Froschart Überträger ist, ohne selbst zu erkranken.
Immer wieder stoßen die Forscher auf diese Pilzerkrankung. Sie könnte auch hinter dem rätselhaften Phänomen stecken, dass die Forscher bei der Hälfte aller bedrohten Amphibienarten keine Ursache ausmachen können. Denn der Pilz tötet so schnell, dass es für die Diagnose oft zu spät ist. Man findet die Tiere einfach nicht mehr. Weltweit betrachtet, ist das Amphibiensterben in der Karibik, Haiti und Kolumbien am schlimmsten: Zwischen 80 und 90 Prozent der Arten sind durch Lebensraumzerstörung stark bedroht. Das und die Umweltverschmutzung rafft sie auch in Europa dahin. In Fernost bringt die chinesische Medizin das Verderben.
Und in Afrika bedrängt der Mensch die Tiere - so wie im Kakamega-Forest.