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Rasterfahndung
Verschlüsselung schützt Unschuldige

Die Strafverfolgungsbehörden stehen häufig in Konflikt mit dem Datenschutz. Für viele Fahndungen müssen sie eine große Menge an Daten sammeln, die in den weitaus meisten Fällen von Unschuldigen stammen. Wie die Ermittler eine solche Fahndung "datenfreundlich" durchführen könnten, wurde auf dem PET-Symposium in Amsterdam vorgestellt.

Von Jan Rähm | 18.07.2014
    Ein Parkplatz an einer niederländischen Autobahn, mitten in der Nacht. Der Vollmond bricht durch die Wolken, erhellt das Dunkel für einen Moment. Das schale Licht enthüllt ein Blitzgerät der Polizei, nur wenige Meter hinter der Auffahrt zum Parkplatz.
    "Wir haben in den Niederlanden ein großes Problem mit Parkplatz-Raubzügen an Autobahnen. Die Kriminellen fahren dabei die Parkplätze ab und können so viele LKWs nacheinander ausrauben."
    Raubzüge, wie die, von denen Wouter Lueks von der Radboud University in Nijmegen berichtet, sind für die Polizei schwer zu bekämpfen. Will sie alle Rastplätze entlang der Autobahn kontrollieren, werden sehr viele Einsatzkräfte gebraucht. Hilft sich die Polizei mit Technik, also zum Beispiel automatischen Kameras zur Kennzeichenerfassung, geraten die Beamten schnell in Konflikt mit Datenschützern.
    "Ein Weg die Täter zu kriegen ist, jedes Auto zu erfassen, das auf einen Rastplatz fährt. Und dann filtert man die heraus, die sehr viele Plätze ansteuern. Normale Leute halten vielleicht ein, zweimal. Kriminelle deutlich häufiger. So könnte man die Kriminellen von den unschuldigen Autofahrern unterscheiden."
    Das Problem dabei: Es werden auch die Daten unzähliger Unschuldiger registriert und für unbestimmte Zeit archiviert. Theoretisch könnte man so für jedes registrierte Kennzeichen die Reiseroute nachvollziehen. Ein schwerer Eingriff in die Privatsphäre. Für dieses Dilemma haben Wouter Lueks und seine Kollegen eine Lösung gefunden.
    "Wir sammeln die Daten auf spezielle Art: Die Daten der Leute, die nur einen Parkplatz besucht haben, sind für uns nutzlos. Erst wenn jemand mehrfach registriert wurde, kann man etwas mit den Informationen anfangen."
    Dafür gehen die Wissenschaftler so vor. Ihre digitale Kamera besitzt zwei spezielle Module: Eins sorgt für die Erkennung des Kennzeichens, das zweite verschlüsselt sowohl das Bild als auch das erkannte Kennzeichen. Der nun verschlüsselte Datensatz ist nur ein Bruchteil der Datei, die später ausgewertet werden kann. Ein Schwellenwert legt fest, wie viele Bruchteile – also Aufnahmen – gebraucht werden. Beim Wert fünf beispielsweise, muss ein Fahrzeug mindestens fünf mal registriert werden. Erst dann können die Daten zusammengefasst und entschlüsselt werden und auch erst dann erfahren die Ermittler das Kennzeichen. Die einzelnen Aufnahmen der anderen Kennzeichen bleiben verschlüsselt. Die Zahl der Bröckchen ist zu gering um sie zu entschlüsseln. Somit sind sie nutzlos – egal wie lange gespeichert. Wie viele Bilder nötig sind, legen die Beamten vor dem Einsatz individuell fest. Rückwirkend können sie diese Schwelle nicht ändern.
    "Rückwirkend kann niemand den Schwellenwert ändern. Sie können eine neue Aufzeichnung mit einem anderen Schwellenwert starten, aber niemals sagen, hey lasst uns doch mal schauen, was noch so in den Daten von letzter Woche steckt. Das ist unmöglich. Unsere Kryptografie sorgt dafür, dass niemand den benutzten Schwellenwert nachträglich senken kann."
    Im Experiment haben die Forscher gezeigt, dass die Technik funktioniert. Künftig wollen sie mit Hilfe des Verfahrens auch Temposünder aufspüren. Dazu werden sie nicht punktuell blitzen, sondern Fahrzeuge über eine Strecke mehrfach erfassen und dann die Durchschnittsgeschwindigkeit ermitteln. Dank der neuen Methode klappt auch das dann sehr datensparsam.