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Raum der Stille
Hoffen auf die Kölner Liberalität

Ein "Raum der Stille" soll jedem die Möglichkeit geben, Ruhe zu finden. In die Diskussion gekommen sind solche Orte, nachdem die TU Dortmund ihren Raum geschlossen hatte, weil eine Gruppe muslimischer Studenten ihn zu einem islamischen Gebetsraum umgewandelt und Frauen ausgegrenzt hatten. In der Uni Köln entsteht nun auch ein Raum der Stille – und die Uni-Leitung bleibt optimistisch.

Von Paul Vorreiter | 17.02.2016
    Statue des sitzenden Albertus Magnus vor dem Hauptgebäude der Universität zu Köln.
    Das Hauptgebäude der Universität zu Köln am Albertus-Magnus-Platz. (dpa/picture alliance/Horst Galuschka)
    Im Souterrain des Hauptgebäudes, wo Arbeiter den ganzen Tag über gelärmt haben, wo Holzplatten aufeinander liegen, Säcke mit Beton herumstehen, dort sollen sich Studierende nach Klausuren bald ausruhen, meditieren. Noch ist der etwa 50 Quadratmeter große Raum der Stille aber nicht ganz so still: "Aber ihr hört nicht wegen uns auf zu arbeiten, oder? Da sind wir doch nicht schuld?" – "Ne, wir haben Feierabend." – "Verdient. Ist in Ordnung. Das ist der künftige Raum der Stille. Man sieht im Moment noch nicht viel. Man sieht es ist eine große Baustelle und viele Kabel hängen von der Decke und es gibt auch keine Fenster, wie man hier sieht, sondern nur elektrisches Licht, derzeit noch eine Neonröhre, die die Baustelle hier erhellt und wir haben es gerade gemerkt, die ganzen Bauarbeiter machen gerade Feierabend. Es ist fünf Uhr", sagt Patrick Honecker, der Sprecher der Uni Köln.
    Der geplante Raum soll frei von Glaubenssymbolen sein. Alle sollen sich darin wohlfühlen. Die Uni geht davon aus, dass vor allem Muslime kommen werden. Sie konnten davor nur eine provisorische Gebetsnische unter der Treppe der Unibibliothek nutzen. In Zukunft sollen sie im Raum der Stille auch die Möglichkeit zur rituellen Fußwaschung haben.
    Wird der Rückzugsort also vor allem zum Beten genutzt und wie wird er das? Die Studierenden der Hochschule diskutieren, ob es ähnlich zugehen könnte wie in Dortmund:
    "Die Tatsache, dass da die Missbrauchsgefahr besteht, finde ich natürlich bedenklich. Aber ich denke, dass man jetzt aus der Angst heraus nicht grundsätzlich so eine Einrichtung ablehnen sollte."
    "Also ich bin gegen so einen Raum der Stille, wenn er halt dann dazu führt, dass Männer und Frauen dort getrennt sind. An sich wär's ja kein Problem wenn man dort betet, aber dann wär's dann doch vielleicht ein falsches Signal, auch was Frauenrechte angeht. Wir haben hier ja Genderbeauftragte überall und man wählt sie ja auch."
    "Es gibt Menschen, die religiös sind und die das gerne ausleben wollen. Dann finde ich das nur fair, wenn sie einen Raum dafür haben. Also ich finde, dagegen spricht nichts, solange man immer noch in Diskussionen oder so sachlich argumentieren kann und nicht Angst haben muss, irgendwas gegen eine Religion zu sagen."
    Bei Fehlverhalten das Hausrecht wahrnehmen
    Weltanschauliche Neutralität gegen Religionsfreiheit: In diesem Spannungsfeld erhitzt sich gerade die Diskussion, seit der Raum der Stille in Dortmund geschlossen wurde. Der Rat muslimischer Studierender und Akademiker beklagt, dass Muslime unter Generalverdacht gestellt würden. In Dortmund habe es sogar Anfeindungen und Übergriffe gegeben. Das sei das Ergebnis einer einseitigen Debatte, meint die Organisation. Auch Ben Ruppert vom AStA der Uni Köln, der Studierendenvertretung, ist beunruhigt und stellt fest: "Wir, der AStA der Universität zu Köln, sprechen uns dafür aus, dass man in Köln dieses Bauprojekt des Raums der Stille weiterhin vorantreibt, in dem Sinne, dass das, was in Dortmund passiert ist, sicherlich zu verurteilen ist, aber ich glaube, solange man das selber nicht ausprobiert hat und sich selber ein Bild in Köln gemacht, halte ich es für falsch, zu sagen, Nein, wir hören damit jetzt hier auf. Zudem, würde ich sagen, sollte man sich als Studierender frei machen von jeglicher Pauschalisierung gegen jegliche Ethnie oder Religion. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Sache."
    Die Uni in Köln ist zuversichtlich. Eine Nutzungsordnung, die mit den Studierenden abgesprochen und dem Rektorat zur Entscheidung vorgelegt wird, soll klar machen, was im Raum erlaubt ist. Uni-Sprecher Honecker vertraut auch auf die besondere Kölner Atmosphäre: "Ich gehe davon aus, dass Köln, was ja bekannt ist für seine Liberalität, mit solchen Dingen ganz gut umgehen kann. Wir sind mit den Studierenden im Gespräch. Die Studierenden sind die Hauptnutzergruppe, die wir haben und wir werden dafür auch Sorge tragen, dass ihre Interessen mit berücksichtigt werden. Sollte es da entsprechendes Fehlverhalten geben, muss man auch das Hausrecht wahrnehmen. Man muss dann dementsprechend auch dafür sorgen, dass die Ordnung wiederhergestellt wird, respektive wenn es nicht funktionieren sollte, muss der Raum dann geschlossen werden."
    So weit soll es aber gar nicht erst kommen, wenn der Raum etwa im Spätherbst eröffnet wird.