Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Raumfahrttechnik
Ein Satellit setzt Sonnensegel

Raumschiffe, die von gigantischen Sonnensegeln getrieben durch die Tiefen des Alls düsen, gibt es bislang nur in Science-Fiction-Filmen. Diese Woche soll ein Test in der Erdumlaufbahn zeigen, ob die Technik tatsächlich funktionieren könnte. Die NASA ist nicht beteiligt, schaut aber mit Interesse zu.

Von Karl Urban | 08.07.2019
Per Sonnensegel zu Alpha Centauri (Animation)
Der stete Strom von Lichtteilchen, den die Sonne und andere Sterne aussenden, könnte Raumsonden mit riesigen Solarsegeln antreiben (PHL, Univ. of Puerto Rico at Arecibo)
Jennifer Vaughn von der Planetary Society erzählt von einem alten Traum: Wie fantastisch wäre es, ein Raumschiff zu haben, das nur von der Sonne angetrieben wird, um eine lange Reise zu einem Kometen anzutreten? Diese Idee verfolgten die Gründer der privaten Organisation vor über 40 Jahren: Statt eines chemischen Antriebs sollte ein gewaltiges Segel durch den Impuls der Photonen der Sonne beschleunigt werden. Bis heute aber ist diese Idee noch nicht weit fortgeschritten. Mehrere geplante Missionen der NASA wurden gestrichen, weshalb die Planetary Society selbst ein Programm startete, Sonnensegel im All zu testen, dank der sieben Millionen Dollar an Spenden ihrer Mitglieder.
Die nächsten Tage zeigen, ob das Konzept funktioniert
Lightsail-2 startete am 25. Juni und ist die zweite Mission der Planetary Society mit einem Segel an Bord. Der Vorläufer flog vor vier Jahren in einen Erdorbit; mehrfach geriet er wegen elektronischer Probleme außer Kontrolle, bevor sein Segel erfolgreich ausfuhr. Der Nachfolger Lightsail-2 fliegt bis zu 720 Kilometer hoch. Der fünf Kilogramm schwere CubeSat soll in den nächsten Tagen sein Sonnensegel ausfahren und dann laut dem Projektmanager David Spencer zu segeln beginnen.
"Wir werden direkt seine Orientierung gegenüber der Sonne kontrollieren. Das heißt: auf der Seite des Orbits, auf der sich der Satellit auf die Sonne zubewegt, wird das Segel mit der Kante voran fliegen. Wenn er sich von der Sonne entfernt, wird das Segel voll auf die Sonne gerichtet. Dadurch weiten wir den Orbit mit der Zeit auf."
Auf das Segel wirkt eine Kraft vom Gewicht einer Erbse
Die Kraft der Sonne auf das 32 Quadratmeter große Segel aus einem dünnen Kunststoff entspricht gerade dem Gewicht einer Erbse. Und das reicht rein rechnerisch aus, um den kleinen Satelliten mindestens einen Monat lang jeden Tag um 500 Meter auf seiner Bahn anzuheben.
"Das Segel sollte eine flache, quadratische Fläche bilden. Aber mit der starken Sonnenstrahlung und -wärme werden sich die Ausleger, die das Segel aufspannen, etwas verbiegen. Das Segel kann dazu knittern und sich aufblähen. Und das alles vermindert die Effizienz des Segels."
Wenn alles klappt, soll Lightsail-2 mindestens einen Monat lang auf seiner elliptischen Umlaufbahn segeln, bis der Satellit schließlich am tiefsten Punkt seiner Bahn immer stärker den Druck der Restatmosphäre spüren wird. Dadurch wird der Satellit abgebremst und zum Verglühen gebracht.
Die NASA plant bereits eine weitere Mission mit Sonnensegel
Mit dieser Technik große Raumsonden tief ins Planetensystem zu entsenden, dank tausenden Quadratmeter großen Segeln, bleibt auch für die Enthusiasten der Planetary Society noch Zukunftsmusik. Jennifer Vaughn:
"Auf längeren Reisen gibt es das Problem der schwächer werdenden Sonne: Dann braucht man zusätzliche Lichtquellen wie im All stationierte Laser. Und die haben wir dort nie zuvor getestet oder gebaut."
Selbst wenn die Demonstration von Lightsail-2 gelingt, ist also längst noch nicht ausgemacht, ob Sonnensegel zukünftig häufiger eingesetzt werden. Zumindest die NASA hat mittlerweile wieder Interesse: Nächstes Jahr plant die Raumfahrtbehörde, die ebenfalls sehr leichte Raumsonde NEA Scout mit einem Sonnensegel zu einem erdnahen Asteroiden zu schicken.