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Raumsonde Rosetta
Die zweite Landung auf dem Kometen

Auf die Kometensonde Rosetta warten neue Aufgaben: Einige Forscher wollen die Mission verlängern, um auch das Verschwinden des Schweifs von Komet "Tschuri" zu untersuchen. Danach dürfte die Sonde in den Ruhestand - wenn sie nicht zuvor ein spektakuläres Ende findet.

Von Guido Meyer | 10.06.2015
    Eine Animation der European Space Agency (ESA) zeigt die Raumsonde "Rosetta" in der Nähe des Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko.
    Eine Animation der European Space Agency (ESA) zeigt die Raumsonde "Rosetta" in der Nähe des Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko. (afp photo / ESA Medialab - C. Carreau)
    Und wenn's am schönsten ist, sollte man eben nicht gehen - höchstens in die Verlängerung, findet Alvaro Gimenez, der Direktor für Wissenschaft und robotische Exploration bei Europas Weltraumagentur ESA:
    "Die Mission funktioniert hervorragend. Aber wir würden auch gerne beobachten, wie der Schweif von Tschurjumow-Gerasimenko wieder kleiner wird. Dazu müsste Rosetta den Kometen so lange begleiten, bis seine Aktivität wieder so gering ist wie zu dem Zeitpunkt, als sie ihn im letzten Jahr angetroffen hatte."
    Um diesen vollen Zyklus beobachten zu können, müsste die Mission verlängert werden. Denn eigentlich sollte am 31. Dezember dieses Jahres Schluss sein mit der Kometenumkreisung.
    "Wir gehen aber davon aus, dass jetzt kommende Woche die Mission verlängert wird und wir dann noch 2016 weiter Messungen durchführen können, bis dann das Hydrazin, der Treibstoff, wirklich ausgeht. Das wird wahrscheinlich so ungefähr im September 2016 passieren."
    Stephan Ulamec, der Projektleiter für Rosettas Lander Philae beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln.
    Filmrolle rückwärts
    Während die Wissenschaftler weiter auf ein Signal der Landesonde warten, sollen die Kameras der Muttersonde in den kommenden Monaten den Film der Entstehung des Kometenschweifs noch einmal aufzeichnen, diesmal rückwärts.
    "Film rückwärts, aber es ist nicht eins zu eins Film rückwärts. Einiges wird sich verändert haben. Es ist auch ein asymmetrisches Verhalten zu beobachten bei der Komabildung, also bei gleichen heliozentrischen Abständen nicht die gleiche Aktivität, ob die sich annähert oder mehr wegfliegt."
    Die vom Kometen wegfliegenden Gas- und Staubpartikel, die Koma, fallen nach dem Vorbeiflug von Tschurjumow-Gerasimenko an der Sonne also nicht im selben Tempo auf den Kometen zurück, wie sie sich bei der Annäherung an die Sonne gelöst hatten. Das könnte auch daran liegen, dass sich die Oberfläche des Kometen durch das Verdampfen von Eis verändert haben dürfte.
    Rosetta im Ruhestand
    Doch irgendwann Mitte kommenden Jahres, wenn der Schweif verschwunden ist, wird auch der Sonde die Puste ausgehen, so Alvaro Gimenez von der ESA:
    "Der Komet verfügt nicht über eine starke Anziehungskraft. Wir müssen also aktiv navigieren, um in einer Umlaufbahn um ihn zu bleiben. Und irgendwann wird der Treibstoff dafür alle sein."
    Ulamec erklärt, was dann passieren könnte:
    "Man kann sich am Ende der Mission zwei Szenarien überlegen. Das eine ist: Rosetta - wenn der Treibstoff aus ist - driftet einfach weg vom Kometen. Das ist ein bisschen langweilig. Und das andere ist, dass man auch in immer niedrigere Orbits geht - was gut ist, weil man immer höhere Auflösung dann bekommt mit der Kamera - das ist zwar riskanter, aber am Ende der Mission ja letztlich egal - und dann sogar irgendwie auf dem Kometen aufsetzt."
    "Irgendwie" ist dabei das entscheidende Wort. Denn das Mutterschiff ist nicht für eine Landung konstruiert worden. Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA hat ein solches Manöver jedoch schon einmal vorgemacht, als sie ihre Sonde NEAR nach getaner Arbeit 2001 auf dem Asteroiden Eros sanft aufsetzen und noch eine Zeit lang Daten übertragen ließ. Ulamec:
    "Man kann es sicherlich so machen, dass die Impakt-Geschwindigkeit gering ist, sodass die Sonde nicht wirklich zerstört wird. Kann natürlich sein, dass mir die Antenne abbricht oder ein Solarpanel abbricht, aber so richtig zerbröseln wird die nicht beim Auftreffen. Wir reden da von einem Meter pro Sekunde, also Fußgängergeschwindigkeit. Wie die dann wirklich dort steht und vor allem wie die Antennen dann ausgerichtet sind und was man dort messen kann, das ist noch ein bisschen offen, vor allem ob man noch kommunizieren kann nach dem Aufsetzen."
    Unabhängig davon also, ob der eigentliche Lander Philae noch einmal erwacht oder nicht, könnte es gut sein, dass sich ab Mitte kommenden Jahres zwei Sonden auf dem Kometen Tschurjumow-Gerasimenko befinden und mit ihm auf ewig die Sonne umkreisen.