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Reaktion auf Abbas' Strafgerichtshof-Antrag
Israel droht mit Klagen gegen Palästinenser

Die Palästinenser wollen Klagerecht beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Der Antrag setzt Israels Regierung unter Druck - Ministerpräsident Benjamin Netanjahu reagierte auf den Vorstoß mit der Drohung, selbst gegen die Palästinenserführung klagen zu wollen.

Von Christian Wagner | 02.01.2015
    Palästinenser-Präsident Machmud Abbas spricht von einem "Völkermord".
    "Mehr verlangen wir nicht, und mit weniger werden wir uns nicht zufrieden geben" - so Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zum Antrag auf Klagerecht beim Strafgerichtshof. (dpa / picture-alliance / Atef Safadi)
    Israel hat auf den Antrag der Palästinenser auf Klagerecht beim Internationalen Strafgerichtshof reagiert. Ministerpräsident Netanjahu drohte mit Klagen gegen die Palästinenserführung - denn sollte den Palästinensern das Recht zugestanden werden, könnten die Folgen für Israel verheerend sein.
    Insgesamt 18 Dokumente unterzeichnet der palästinensische Präsident da vor der verblassten Fototapete, die das für viele unerreichbare Jerusalem wenige Kilometer entfernt zeigt. Dem Abkommen zur Nichtverbreitung von Atomwaffen wollen die Palästinenser zum Beispiel beitreten und dem Abkommen zum internationalen Seerecht. Sie haben weder Atomwaffen noch einen Seehafen. Aber wenn die Palästinenser wie ein Staat auftreten, so die Hoffnung von Abbas, dann könnten sie endlich etwas erreichen im Konflikt mit Israel.
    Für eine Beruhigung der gesamten Nahost-Region sei ein Ende des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern der Schlüssel, sagt Abbas - eine Lösung auf Grundlage internationalen Rechts. Der palästinensische Präsident wörtlich: Mehr verlangen wir nicht, aber mit weniger werden wir uns nicht zufrieden geben.
    Das einzige Dokument, was gerade wirklich zählt, ist das Abkommen zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Eine Aufnahme dort würde den Palästinensern die Möglichkeit geben, Klage gegen Israel zu erheben, etwa wegen des Vorwurfs von Kriegsverbrechen. Genauso wie Israel haben die USA die Palästinenser seit Jahren vor diesem Schritt gewarnt, und sie haben gedroht. Abbas sagt auf einer Kundgebung seiner Fatah-Bewegung, nach der gescheiterten UN-Resolution zum Ende der Besatzung im Westjordanland habe er keine andere Wahl.
    "Sie wollen uns unser Recht verwehren. Aber das Recht ist kein Gnadenakt, wir nehmen uns unser Recht. Wir arbeiten daran, es zu bekommen. Der Sicherheitsrat war nicht unsere letzte Möglichkeit. Wir stehen am Anfang eines langen Wegs. Wir wissen, was wir fordern, wir wissen, was wir tun müssen."
    Haaretz: Regierung steht vor großen Schwierigkeiten
    Israels Ministerpräsident Netanjahu, gerade als Parteichef und Spitzenkandidat seines Likud bestätigt, erklärte am Abend, er erwarte, dass der "heuchlerische" Antrag zum Internationalen Strafgerichtshof rundweg abgelehnt werde. Dabei weiß Netanjahu, dass den Palästinensern gute Chancen eingeräumt werden und lässt deshalb seinen Berater Dore Gold mit Klagen gegen die Palästinenserführung drohen:
    "Die palästinensische Autonomiebehörde paktiert doch mit der Hamas. Da sollte sie sich viel eher Gedanken darüber machen, vor dem Internationalen Strafgerichtshof verklagt zu werden. Denn die Hamas hat sich Kriegsverbrechen gegen Israel schuldig gemacht, durch gezielten Raketenbeschuss auf israelische Städte und Dörfer vergangenen Sommer. Israel wird seine Soldaten gegen diese juristische Offensive verteidigen."
    Anklagen gegen Offiziere der israelischen Armee oder internationale Haftbefehle gegen israelische Manager, deren Firmen die illegalen Siedlungen auf besetztem Gebiet ausbauen - Israels liberale Tageszeitung Haaretz breitet die möglichen Folgen schon mal aus und schreibt, die Regierung stehe vor großen Schwierigkeiten.
    Wenn auch kein Vergleich mit dem Alltag der Besatzung: Vier palästinensischen Familien im Ostteil Jerusalems wird demnächst das Haus eingerissen, ihre Söhne sollen Terror-Anschläge verübt haben. Und der Oberste Gerichtshof hat die Einsprüche vor zwei Tagen abgewiesen - das Ziel der Abschreckung sei gerechtfertigt. Und am Militär-Checkpoint Shaar Efraim bei Tulkarem starb am Silvestertag ein 39 Jahre alter Palästinenser. Der Arbeiter, der als Tagelöhner in Israel arbeiten wollte, erstickte vor einem Drehkreuz im dichten Gedränge.