Der aktuelle Bericht, der gestern im Haushaltausschuss des Bundestags diskutiert wurde und dem Hauptstadtstudio des Deutschlandfunks vorliegt hat es in sich. Im Zentrum der Kritik: Der Hochschulpakt und der Pakt für die Lehre. Eigentlich sollen aus dem Hochschulpakt neue Studienplätze finanziert werden. Der Vorwurf lautet nun: Nicht überall seien die Bundesmittel dafür genutzt worden, sondern vielmehr in Rücklagen der Länder versickert, so dass sich die Betreuungsrelation an den Hochschulen sogar verschlechtert habe. Das Bildungsministerium gewähre den Ländern zu viele Freiheiten, wie sie das bereitgestellte Geld einsetzen. Am Vormittag äußerte sich Bildungsministerin Anja Karliczek gegenüber dem Deutschlandfunk:
"Der Bundesrechnungshof hat sich die laufenden Hochschulpakte angeschaut. Da gibt es einige Punkte, die wir teilen, die wir deswegen auch aufgenommen haben im neuen Hochschulpakt und jetzt auch anders fassen und anders mit den Ländern geregelt haben. Aber zum Teil sind es auch Auswirkungen, die wir aufgrund dieses schnellen Aufwuchses von Studienplätzen eben auch so mit den Ländern geregelt haben, dass sie eine gewisse Flexibilität haben."
Länder sollen künftig offenlegen, wie sie Mittel verwenden
Für die Zukunft, so Karliczek, habe man all die Punkte, die der Bundesrechnungshof kritisiert, überarbeitet. So sollen die Länder tabellarisch offenlegen, wie sie die Mittel verwenden. Zudem soll es individuelle Zielvereinbarungen geben, die allerdings erneut unverbindlich sind. Fraglich also, ob diese Instrumente ausreichen. Der aktuelle Hochschulpakt läuft 2020 aus, in Zukunft sollen die Mittel verstetigt werden. Von 2021 bis 2023 stellt der Bund dafür jährlich 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung, ab 2024 dann dauerhaft zwei Milliarden Euro. Die Länder beteiligen sich in der gleichen Höhe.
Die Rechnungshüter schreiben in ihrem Bericht: Das Bundesbildungsministerium habe in der Vergangenheit teilweise haushaltsrechtliche Vorgaben missachtet. So habe das Haus von Karliczek zugelassen, "dass Länder zum Teil beachtliche Ausgabereste in ihren Haushalten bilden konnten" und auch die Hochschulen teilweise "Rücklagen oder Verbindlichkeiten aufgebaut hätten, die dem Vielfachen ihrer jährlichen Zuweisungen aus dem Hochschulpakt entsprachen".
Jubiläumsfeste, Bälle und kostengünstiges Lehrpersonal
Mehr Kontrolle erscheint bei Lektüre des Berichts, zu dem sich der Bundesrechnungshof auf Anfrage wegen der laufenden Beratungen im Haushaltsausschuss nicht äußern wollte, dringend erforderlich: In Rheinland-Pfalz finanzierte eine Universität zum Beispiel ihren jährlichen Sommerball mit dem Geld, das für neue Studierende gedacht war. Auch in Sachsen-Anhalt wurde so ein Universitäts-Jubiläum finanziert. Zudem seien die Ausgaben pro Studierenden in fünf Ländern sogar zurückgegangen, manche Hochschulen sollen die Mittel gar in "kostengünstiges Lehrpersonal" investiert haben. Dazu Anja Karliczek:
"Die Länder haben Rücklagen gebildet, weil sie nicht kontrollieren konnten, ob alle Studienplätze, die sie anbieten, auch so genutzt werden könnten. Wenn das Geld nicht genutzt wurde für Studienplätze, müssen sie es an den Bund zurückzahlen."
Forderung nach einem Kündigungsrecht für den Bund
Die Empfehlung des Rechnungshofs: Vor einer Verlängerung des Hochschulpaktes müsse die Regierung eine Evaluierung durchführen. Von einer Verlängerung des Paktes für Innovationen in der Lehre, der zwei Milliarden Euro und künftig 1,5 Milliarden umfasst, rät er ganz ab. Er fordert, dass der Bund ein Kündigungsrecht für die Pakte erhält und dem Haushaltsausschuss des Bundestags in einem jährlichen Bericht Auskunft erteilt. Kritik kommt nun von der Opposition. Gegenüber dem Deutschlandfunk machte Ekin Deligöz, Haushaltspolitikerin der Grünen, klar:
"…dass dieser ganze Bereich der Fördermittel für die Hochschulen letztendlich ein System ohne Kontrolle ist. Der Bund vergibt das Geld und kontrolliert nicht, ob das Geld auch für das ausgegeben wird, wofür es gedacht wird."
Forderungen nach mehr Kontrolle
Auch sie kritisiert, dass die Haushaltspolitiker nicht an dem Verhandlungsprozess zwischen Bund und Ländern beteiligt werden. Im Juni sollen die Vertreter der Länder die Nachfolgevereinbarungen mit Kanzlerin Angela Merkel besiegeln – dann ohne Einbindung des Bundestags. Das könne nicht sein, sagt Deligöz. Sie fordert jedenfalls mehr Verbindlichkeit – ein klares Signal in Richtung Bildungsministerin Anja Karliczek:
"Das Ministerium an sich hat die Pflicht der Sache nachzugehen und zu schauen, wofür das Geld am Ende veranschlagt wird. Landet es dort, wo es landen soll, nämlich in Wissenschaft, Forschung und Lehre oder versickert es in anderen Kanälen."