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Recht auf das Eigentum an Daten
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Auf Websites werden überall Daten über ihre Nutzer gesammelt. Wem allerdings diese Daten konkret gehören sollen, daran reiben sich Datenschützer, Industrie und Politik. Einige meinen: dem Nutzer selbst - und plädieren für eine Art Urheberrechtsschutz an persönlichen Daten.

Von Peter Welchering | 28.11.2015
    Google-Schriftzug auf Computermonitor und Löschungsantrag, Datenlöschung von Google-Suchergebnissen.
    Wem gehören die eigenen Daten? Darüber wird debattiert. (imago/Christian Ohde)
    "Unser Pulsschlag, unser Essverhalten und viele andere Dinge werden ja heute schon genutzt und ausgewertet. Und da ist es eben nur redlich, wenn man die Frage stellt: Wer darf daran verdienen? Die Verwertungskette kann aus meiner Sicht nicht beim Veredler der Daten, nämlich den IT-Unternehmen und den Googles dieser Welt, enden, sondern sie muss eben auch den Produzenten dieses Rohstoffes, der verwertet wird, in den Blick nehmen."
    Jeder produziert unablässig enorm viele Daten. Und deshalb muss er – so Professor Rolf Schwartmann - auch das Recht haben, der Auswertung seiner Daten zustimmen oder sie ablehnen zu können. Außerdem muss er festlegen dürfen, ob die Nutzung seiner Daten etwas kosten soll - und wenn ja wie viel. Dieser Verwertungsgedanke hat Schwartmann und seine Mitarbeiter von der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht auf eine Idee gebracht. Daten gehören mir zwar nicht so, wie mir mein PC gehört, aber:
    "Sie sind möglicherweise eigentumsfähig in ihrer Eigenschaft als Persönlichkeitsrechte, die man eben auch verwerten kann. Wir kennen das aus dem Urheberrecht. Da hat man Persönlichkeit in Schöpfungen. Und diese Schöpfung ist verwertbar. Und wir wissen aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass man auch das Recht am eigenen Bild, also Persönlichkeitsrecht pur, verwerten darf. Und das geht für Daten möglicherweise auch. Wir werden die Frage beantworte müssen vor dem Hintergrund, dass gerade von höchster Stelle in Deutschland die Frage nach Daten als Rohstoff der Zukunft aufgeworfen wird."
    Frage nach der Nutzung des Rohstoffs Daten
    Aufgeworfen hat sie Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Frage nach der Nutzung von Daten als Rohstoff. Sie leitet daraus allerdings eine Einschränkung des Datenschutzes ab. Doch die muss keineswegs sein, damit Daten industriell verwertet werden können. Lösungen dafür und Optionen für die Nutzung von Daten lassen sich aus dem Urheberrecht ableiten. Denn dort ist der Umgang mit Persönlichkeitsrechten schon sehr ausführlich geregelt.
    "Im Urheberrecht gibt es ein ausdifferenziertes Verwertungssystem. Wir kennen, dass man Persönlichkeit hat, wenn man so will, Seele. Diese Seele kann man nicht verkaufen, aber man kann andere an der Seele teilhaben lassen. Man kann sich entscheiden, ob man das gegen Geld tun kann oder ob man das unentgeltlich zulässt. Und im Datenschutzrecht kann man sicherlich genau dieselbe Frage aufwerfen. Gibt es die Möglichkeit, Verwertungsrechte, ein Verwertungsregime an persönlichen Informationen zu erzeugen."
    Ausgerechnet das Urheberrecht, mögen Skeptiker einwenden. Denn gerade das ist ziemlich in die Kritik geraten. Es gilt vielen als hoffnungslos verstaubt und den Anforderungen des digitalen Zeitalters nun gar nicht gewachsen. Und außerdem finden nicht wenige Zeitgenossen das Urheberrecht, so wie es ist, einfach total unübersichtlich. Kann man also gerade vom Urheberrecht für die Frage nach dem Eigentum an Daten etwas lernen?
    Urheberrecht würde ausdifferenzierten Schutz ermöglichen
    "Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass das ein schwieriges Unterfangen ist. Auf der anderen Seite ist das Verwertungsregime, wie das Urheberrecht es kennt, eben ausdifferenziert und auch flexibel genug, dass es übertragen werden kann auf Datenübertragungsvorgänge."
    Gerade weil das Urheberrecht ein so ausdifferenziertes Recht ist, kann es für ein neues Datenverwertungsrecht viele Vorlagen liefern. Denn es regelt auch die Frage nach dem Eigentum:
    "Das Urheberrecht macht stark, dass man es einklagen kann, dass man vor Gericht dafür streiten kann, dass geistiges Eigentum einem zur Verfügung steht. Und man kann Dritte abmahnen, wenn sie das Ausschließlichkeitsrecht geistigen Eigentum einschränken. Das Datenschutzrecht ist nur Persönlichkeitsrecht und insofern weich, also urheberrechtlich und eigentumsrechtlich nicht geschützt. Der Betroffene würde sich insofern besser stellen, als er eben einen Eigentumsschutz, einen harten Schutz für sein Persönlichkeitsrecht bekäme. Und man würde auf diese Weise eben ein neues Eigentumsrecht schaffen und nicht wie ansonsten Werte zerstören."