Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Rechtsextreme im Kampfsport
"Die extreme Rechte professionalisiert ihre Gewalt"

Die Professionalisierung der Gewalt sei eine breite Bewegung der extremen Rechten, sagt Extremismusforscher Robert Claus im Dlf. In Mixed-Martial-Arts-Verbänden wird laut Claus gerade intensiv diskutiert, ob und wie sich der Sport von rechten Tendenzen abgrenzen soll.

Robert Claus im Gespräch mit Maximilian Rieger | 11.07.2020
Der MMA-Kämpfer Fedor Emelianenko aus Russland während eines Kampfes.
Mixed Martial Arts-Kämpfer in einem Käfig. (dpa / picture-alliance / Mikhail Kireev/Sputnik)
"Die extreme Rechte hat mit all ihren Parteien und Organisationen gezielt darin investiert, eigene Strukturen im Kampfsport aufzubauen", sagt der Extremismusforscher Robert Claus. Einige Gyms, also Trainingsstudios tauchten in den Verfassungsschutzberichten der Landesbehörden nicht auf, obwohl sie deutlich rechtsextrem seien. Claus bemängelt auch, dass internationale Verbindungen und Geldflüsse nicht ausreichend untersucht würden.
Grundsätzlich mahnt er vor allem die vorsorgliche Verhinderung rechter Gewalt an: "Wenn wir uns die breite Landschaft des Kampfsportes angucken, dort fehlt es sowohl an zivilgesellschaftlichen Initiativen als auch an staatlich geförderten und unterstützten Präventionsprogramm."
Die rechtsextreme Kampfveranstaltung "Kampf der Nibelungen wurde zwar im vergangenen Jahr verboten, das sei aber nicht das einzige Event der Szene, sagt Claus.
Verschärft würden die Probleme dadurch, dass Mixed Martial Arts (MMA) in Deutschland nicht als Sport anerkannt sei, das erschwere die Prävention. Daher hofft Claus perspektivisch auf eine Anerkennung von MMA durch den Deutschen Olympischen Sportbund.
Ein Kämpfer liegt auf dem Boden, der andere liegt auf ihm und schlägt zu.
Mixed Martial Arts: Ein Kampf des führenden Verbandes UFC (Marcus Stevens/imago)
Bei der Distanzierung des Sports von der extremen Rechten sieht er zwei Probleme: Den teilweise vorgespiegelten Versuch, den Sport als unpolitisch zu betrachten und eine Verstrickung der Kampsportszene mit kriminellen Kreisen:
"Generell mangelt es auf der Ebene der Profi-Veranstalter in Deutschland aber auch weltweit an einer klaren Haltung zum Thema Rechtsextremismus. Übrigens auch zu den Themen Islamismus, türkische Graue Wölfe oder auch dem Rockerwesen." Ein Teil der MMA-Veranstalter komme zudem selber aus der rechtsextremen Szene.
"Training wird in politische Straßengewalt umgesetzt"
Letzendlich fänden die Kampfsportkenntnisse Anwendung in Gewalttaten: "Es gibt eine lange Reihe an Beispielen dafür, wie zum Beispiel Neonazis die Fähigkeiten, die sie beim Training erlernen - wie man jemanden angreift, wie man jemanden schlägt, wie man jemanden tritt, wie man sich selbst verteidigt - wie sie das alles in politische Straßengewalt und Gewalt gegen politische Gegner ummünzen."
Aktuell berichtet Claus aus seinen Gesprächen mit MMA-Verbänden davon, dass es starke Diskussionen um die Abgrenzung von Rechtsextremen gebe. Konkret geht es um eine Verpflichtung des weltweit führenden Verbandes UFC: Der hatte den deutschen MMA-Kämpfer Timo Feucht unter Vertrag genommen, obwohl der bekanntermaßen zur rechten Szene gehört hat. Ein einzelner Instagram-Post von Feucht reiche nicht als Abgrenzung, sagt Claus.
"Deshalb halte ich es für einen guten Schritt, dass einer der deutschen MMA-Verbände, die German-Amateur-MMA-Federation GAMMAF, ein Statement veröffentlicht hat, wo sie klar gesagt haben, dass die Verpflichtungen der USA von Herrn Feucht ihren Werten widerstrebt. Dass es ein Bärendienst ist bezüglich des Ansehens von MMA in Deutschland. Man darf ja nicht vergessen: der Sport MMA ringt ja immer noch darum, auch als Sport anerkannt zu werden."