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Rechtsextreme Publikation
Neue Hinweise auf AfD-Politiker Joachim Paul als Autor

Der rheinland-pfälzischen AfD-Politiker Joachim Paul strebt den Vorsitz des Landesverbandes an. Doch es gibt deutliche Hinweise darauf, dass er 2011 für ein rechtsextremes Magazin geschrieben hat. Neue Recherchen legen das nahe. Paul weist die Vorwürfe zurück.

Von Anke Petermann | 07.11.2019
The vice parliamentary leader of the AfD party in the Landtag (parliament) of Rhineland-Palatinate Joachim Paul addresses the rally. The Rhineland-Palatinate parliamentary party of the right-wing AfD (Alternative for Germany) protested in Hassloch against immigrants, especially a Somalian refugee who was court ordered to remain in Hassloch, despite his asylum application having been rejected. A counter-protest was organised by several groups. (Photo by Michael Debets / Pacific Press) | Verwendung weltweit, Keine Weitergabe an Wiederverkäufer.
Der AfD Partei- und Fraktionsvize Paul wollte nach SWR-Recherchen 2013 über eine SS-Forschungseinrichtung promovieren - ein Mainzer Professor brach seine Betreuung ab (DPA / Michael Debets / Pacific Press)
In dem rechten Blatt mit dem Kürzel "H&J" soll Joachim Paul einen norwegischen Rechtsextremisten und Black-Metal-Musiker gelobt und dabei das Pseudonym Karl Ludwig Sand gebraucht haben, eines radikalen Burschenschafters und Attentäters aus dem 19.Jahrhundert. Paul, auch er Burschenschafter, hatte die Vorwürfe im vergangenen Mai energisch dementiert. Im Medienausschuss des Mainzer Landtags, dem er vorsitzt, und im SWR-Fernsehen:
"Ich weise diese Behauptungen zurück. Die 'taz' ist eine linksextreme Zeitung."
Moderator: "Also klares Dementi: Sie haben nicht für diese Zeitung geschrieben?"
Paul: "Klares Dementi: Ich habe nicht für diese Zeitung geschrieben."
Absender "Schwarzhemden"
Doch nun hat Pauls ehemaliger Doktorvater Ludolf Pelizaeus dem SWR gegenüber bekräftigt, dass die Mail-Adresse mit dem Pseudonym "blackshirt", die der H&J-Autor nutzte, Joachim Paul zuzuordnen ist.
"Weil während des gesamten Studiums immer die Adresse 'blackshirt' war und es ganz normal war, dass ich an 'blackshirt' geschrieben habe."
"Schwarzhemden", also 'blackshirts', nannten sich die faschistischen Milizionäre in Italien. Joachim Paul will diese Mail-Adresse nicht kennen und nicht verwendet haben. Laut SWR, NDR und "taz" liegen aber namentlich an ihn gerichtete Mails mit dieser Adresse vor. Ein erdrückendes Zeugnis, findet Martin Haller, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion.
"Die neuesten Rechercheergebnisse erhärten die Vorwürfe gegen Joachim Paul in einer bisher ungekannten Dimension und machen ein Handeln der AfD-Fraktion unumgänglich, aber auch des Landtags in seiner Gesamtheit. Und das bedeutet für uns, die Abwahl als Medienausschuss-Vorsitzender. Jemand, der Vorwürfe mit Journalistenschelte kontert und dermaßen in einer Ecke steht, wo ganz klar ist, dass er offensichtlich in rechtsextremen Kreisen verkehrt, der kann nicht Vorsitzender eines Landtagsausschusses mit dem Schwerpunkt Medien sein."
"Bislang haben wir zu den Vorwürfen von der Fraktionsspitze der AfD noch keine Stellungnahme", bedauert Pia Schellhammer, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Landtag. Es wird auch keine geben, sagt ein AfD-Sprecher, Fraktionschef Uwe Junge werde sich zu den Vorwürfen gegen seinen Stellvertreter nicht äußern. Die Grünen-Politikerin pocht darauf:
"Es geht um ein rechtsextremes Ideologieblatt und einen einschlägigen Artikel aus 2011, das ist jetzt sozusagen keine Jugendsünde. Und hier erwarten wir, dass dazu Stellung genommen wird."
Paul weist Vorwürfe zurücl
Schriftlich Stellung nimmt Joachim Paul: "Es ist absurd, wie der SWR hier – zufällig kurz vor dem Landesparteitag in der nächsten Woche – alte Vorwürfe aufwärmen will, obwohl diese bereits seit einem halben Jahr widerlegt sind. Dass nun sogar mein ehemaliger Doktorvater vom SWR ins Feld geführt wird, um einen angeblich neuen Zusammenhang zu kreieren, überrascht und lässt diesen Versuch verzweifelt wirken."
Zunächst aber musste Paul die für den Vormittag anberaumte Sitzung des Medienausschusses absagen. Denn die Vertreter der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP hatten angekündigt, unter seinem Vorsitz an keiner Sitzung mehr teilnehmen zu wollen. Stattdessen beantragen sie eine Sondersitzung zur Abwahl von Joachim Paul. Das dürfte erst nach dem AfD-Parteitag vom 16.11. stattfinden.