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Rechtsstreit um G36-Sturmgewehr
Dämpfer für von der Leyen

Sieg für den Waffenhersteller Heckler & Koch im Streit um das Sturmgewehr G36: Das Landgericht Koblenz hat Forderungen der Bundesregierung nach Schadenersatz wegen vermeintlicher Präzisionsmängel abgelehnt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, das Verteidigungsministerium wird wohl in Berufung gehen.

02.09.2016
    Soldaten bei einer Übung mit dem Gewehr G36.
    Soldaten bei einer Übung mit dem Gewehr G36. (Imago / Stefan M. Prager)
    Laut Gericht weist die Waffe gemessen an den vertraglichen Anforderungen keine Mängel auf. Es gebe für die Bundeswehr "keine Ansprüche auf Rückzahlung". Das G36 sei bei ihr bereits seit 18 Jahren im Einsatz. Auch die seit 2013 gelieferten Sturmgewehre hätten die vertraglich vereinbarte Güteprüfung bestanden. Die späteren und bis heute nicht abgeschlossenen Untersuchungen der Bundeswehr mit "Vergleichsgewehren" seien für die Kaufverträge der Jahre 1995 bis 2013 unerheblich. Das Landgericht gab der Klage des Unternehmens nach eigenen Worten "in vollem Umfang statt".
    Berufung wahrscheinlich
    In dem Koblenzer Prozess ging es um 3.845 Gewehre mit kurzem Lauf, bei denen die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind. Der Neupreis eines - auch bei ausländischen Armeen beliebten - G36 beträgt etwa 1.000 Euro. Es ging also um höchstens rund vier Millionen Euro.
    Binnen eines Monats nach Zustellung des nun ergangenen Urteils könnte die Bundeswehr beim Oberlandesgericht Koblenz Berufung einlegen. Ein solcher Schritt ist sehr wahrscheinlich. "Sollte das Gericht seine heutige Entscheidung auf dieselben wackeligen rechtlichen Argumente stützen, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor der Sommerpause angeführt wurden, dann wird das zuständige Bundesamt für Ausrüstung, Information und Nutzung in die Berufung gehen", sagte ein Ministeriumssprecher.
    Soldaten sind zufrieden mit der Waffe
    Der Streit um das Gewehr begann vor fünf Jahren mit ersten Hinweisen auf Präszisionsprobleme. Untersuchungen kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Verteidigungsministerin von der Leyen gab daraufhin bei ihrem Amtsantritt 2013 ein Master-Gutachten in Auftrag, dessen Ergebnis eindeutig war: In Labortests sank die Trefferquote bei einer Temperaturveränderung um 30 Grad auf nur sieben Prozent. Gefordert werden von der Bundeswehr 90 Prozent. Daraufhin hatte von der Leyen beschlossen, das Gewehr ab 2019 auszumustern. Daran wird wohl auch das Urteil nichts ändern.
    Die Soldaten zeigten sich allerdings zufrieden mit der Waffe. Der frühere Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus und der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei hatten 200 Soldaten befragen lassen - und die waren sich einig: Präzisionsmängel seien beim G36 im Einsatz nie wahrgenommen worden. Im Gegenteil: Die Waffe sei leicht, bedienungsfreundlich - und sehr zuverlässig.
    (cvo/tzi/adi)