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Referendum in Ecuador
Der Ex-Präsident und die Korruptionsfrage

Ecuadors Regierung unter Lenin Moreno lässt die Bürger am Sonntag darüber abstimmen, ob die mehrfache Wiederwahl von Politikern abgeschafft werden soll. Eingeführt hatte sie Ex-Präsident Rafael Correa - der noch immer politische Ambitionen hegt. Heikler könnte für ihn aber die erste Frage der Volksabstimmung werden.

Von Victoria Eglau | 03.02.2018
    Der ehemalige Präsident Ecuadors, Rafael Correa
    Der ehemalige Präsident Ecuadors, Rafael Correa, interpretiert die Volksabstimmung in Ecuador als Angriff auf seine eigenen Ambitionen (AFP/ Camila Buendia)
    Ein Fernsehspot der Regierung Ecuadors: Präsident Lenin Moreno wirbt für ein "Ja" zu den insgesamt sieben Vorschlägen seines Referendums:
    "Mit einem Ja zur Frage zwei können wir verhindern, dass Regierende sich im Amt verewigen. Denn Politiker, die ewig an der Macht sind, werden autoritär, werden zu Despoten. "
    Die Regierung will die Amtszeit von Politikern auf höchstens zwei Mandate beschränken. Wenn die Ecuadorianer zustimmen, würde damit die unbegrenzte Wiederwahl abgeschafft, die 2015 unter Präsident Morenos Vorgänger Rafael Correa eingeführt worden war. Correa und Moreno – einst politische Gefährten. Heute bezeichnet Rafael Correa Lenin Moreno als Verräter und versteht das Referendum als einen persönlichen Angriff:
    "Ganz klar: Es geht der Regierung darum zu verhindern, dass ich künftig an die Macht zurückkehren kann und alles, was sie geklaut und geplündert hat, zurückhole", wetterte Correa vor seinen Anhängern. Nach dem Ende seiner Amtszeit hatte sich der streitbare Linkspolitiker populistischer Prägung vorübergehend ins Privatleben nach Belgien zurückgezogen, die Heimat seiner Ehefrau.
    Ecuadors Ex-Präsident Rafael Correa (links) und sein Nachfolger Lenin Moreno bei der Amtseinführung in der Nationalversammlungin Quito
    Ecuadors Ex-Präsident Rafael Correa (links) und sein Nachfolger Lenin Moreno waren einst politische Gefährten, haben sich aber entzweit (AFP/ Rodrigo Buendia)
    Die Korruptionsfrage könnte Correa gefährlich werden
    Doch wegen der Volksabstimmung buchte Correa einen Rückflug nach Ecuador. Er sieht sein politisches Erbe auf dem Spiel und führt seit Anfang Januar die Kampagne für ein "Nein" an – "Nein" auch zu Frage eins:
    "Wir wollen die Bürger fragen, ob Politiker für den Rest ihres Lebens von allen Ämtern ausgeschlossen werden sollen, wenn sie wegen Korruption verurteilt worden sind", hatte Lenin Moreno angekündigt. Ecuador wird wie viele andere Länder Lateinamerikas von dem Skandal um die Schmiergelder des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht erschüttert. Im Dezember wurde der inzwischen abgesetzte ecuadorianische Vizepräsident Jorge Glas zu sechs Jahren Haft verurteilt. Die Justiz befand ihn schuldig, mit Odebrecht öffentliche Verträge gegen die Zahlung von Bestechungsgeld ausgehandelt zu haben. Glas war jahrelang rechte Hand Correas.
    Wenn die Bürger Frage eins zustimmen, und falls Correa ebenfalls wegen Korruption verurteilt würde, dann könnte er seine politischen Zukunftspläne begraben. Simon Pachano, Politologe und Zeitungskolumnist, hält das durchaus für möglich:
    "Ich glaube, die für Correa heikelste Frage ist nicht die Begrenzung der Wiederwahl, denn er hätte immerhin noch die Möglichkeit, für andere politische Ämter zu kandidieren. Am gefährlichsten ist für ihn die Frage zur Korruption. Denn wenn das Ja gewinnt und Correa verurteilt würde, und sei es nur wegen eines geringfügigen Deliktes, dann könnte er in Ecuadors Politik nie wieder mitmischen.
    Moreno will sich von Correa emanzipieren
    Rafael Correa und Lenin Moreno gehörten beide lange Zeit der Partei "Alianza País" an, die von Correa gegründet wurde und aus der er im Januar mit fast 30 Parlamentariern ausgetreten ist. Politologe Pachano erklärt das Zerwürfnis der beiden Politiker so:
    "Die Kluft ist entstanden, als Moreno die Wirtschaft nicht in so gutem Zustand vorgefunden hat, wie Correa angab, sie hinterlassen zu haben. Außerdem hatte Correa immer die Absicht, Moreno zu steuern und zu kontrollieren. Das hat der Präsident nicht zugelassen und ist auf Distanz gegangen."
    Mit dem Referendum will sich Moreno nun endgültig von Correa emanzipieren. Umfragen zufolge hat er gute Chancen, von den 13 Millionen Wahlberechtigten grünes Licht für seine Vorhaben zu bekommen. Ecuadors als schwach geltender Präsident strebe mit der Volksabstimmung eine Verbreiterung seiner politischen und sozialen Machtbasis an, sagt Santiago Basabe, Politikwissenschaftler von der Universität FLACSO in Quito. Aber seiner Meinung nach wird Moreno von dem zu erwartenden Sieg nicht auf Dauer profitieren:
    "Danach wird Moreno erneut ein schwacher Präsident sein. Obendrein hat er nun weniger Rückhalt in der Bewegung 'Alianza País' – wegen des Austritts der Gruppe um Rafael Correa."