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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (14)

Die Rabbinerin Elisa Klapheck, die katholische Theologin Johanna Rahner und der Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen kommentieren Martin Luthers 14. These.

06.07.2017
    These 14: "Die unvollkommene geistliche Gesundheit oder Liebe des Sterbenden bringt notwendig große Furcht mit sich; die Furcht ist umso größer, je geringer die Liebe ist."
    Elisa Klapheck, Rabbinerin: "Das kann durchaus sein, aber es ist unerheblich. Der Sterbende ist in jeglicher Hinsicht gleichberechtigt, egal, welche Päckchen er mitbringt in den Sterbeprozess."
    Johanna Rahner, katholische Theologin: "Gott als furchteinflößendes Über-Ich und der Glaube als Zwangsveranstaltung? Die Theologenzunft geht vielleicht heute allzu schnell über die schleichende Gottesvergiftung früherer Zeiten hinweg und übersieht dabei, wie subtil diese noch zu wirken vermag. Indes macht es sich auch so manch kritischer Zeitgenosse zu einfach, indem er Religion und Glaube genau darauf reduziert. Luthers Thesen setzen hier schon einen Kontrapunkt. Ich würde sie aber um eine Bitte ergänzen: Halte Theologie und Glaube nicht für dümmer, als sie sind!"
    Eckart von Hirschhausen, Arzt und Kabarettist: "Natürlich war aber auch das Jenseits oder auch der Tod viel allgegenwärtiger im Mittelalter. Es gab keine Impfungen, es gab keine Antibiotika. Die Menschen – inklusive Luther – litten an Dingen, die wir heute wirklich als Standardtherapie in der Medizin beseitigen können. Und gleichzeitig dieser Wunsch nach Erlösung, der sich ja auch in den Wundergeschichten äußert. Jesus konnte Wasser zu Wein verwandeln – aber ich finde, der Mensch ist eh ein Wunder."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern