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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (15)

Die Historikerin Katharina Kunter, die Fernsehjournalistin Gundula Gause und die Schriftstellerin Julia Franck kommentieren Martin Luthers 15. These.

07.07.2017
    These 15: "Die Furcht und das Erschrecken des Sterbenden sind für sich allein hinreichend, um Fegfeuerpein zu verursachen. Denn sie sind dem Schrecken der Verzweiflung äußerst nahe."
    Katharina Kunter, Historikerin: "Der Hintergrund dieser These ist: Die Todesfurcht gehört zum Fegefeuer. Sie ereilt die Sterbenden, wenn sie unvollkommen sterben. Da finde ich ganz interessant, dass eigentlich im populären Protestantismus sich dieser Gedanke, wenn man so über die längere Perspektive in der Kirchengeschichte schaut, gar nicht gehalten hat und verloren gegangen ist."
    Gundula Gause, Fernsehjournalistin: "Die Freiheit eines Christenmenschen war Martin Luthers großes Thema. Für sie hat er in einer Zeit geworben, die sehr von Zwängen, Macht und Angstmacherei gekennzeichnet war. Dazu gehörte auch die Vorstellung, dass Menschen auf dem Weg in den Himmel erst noch durch das Fegefeuer müssen, um zeitliche Sündenstrafen zu büßen. In seinen Thesen von 1517 hinterfragte er diese Vorstellung noch nicht. Später bezeichnet er sie allerdings als 'bloßes Teufelsgespenst'."
    Julia Franck, Schriftstellerin: "Das erscheint mir als ein tatsächlich exemplarischer Gedanke christlicher Nächstenliebe, den ich in dieser These erkenne. Er nimmt den Schwachen in Schutz vor Gewaltandrohung und damit auch Bildern der Gewalt."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern