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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (24)

Der Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen, der Humanist Frieder Otto Wolf und die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann kommentieren Luthers 24. These: "Unausweichlich wird der größte Teil des Volkes betrogen durch Ablässe, jene unterschiedslose und großspurige Zusage erlassener Strafe."

20.07.2017
    These 24: "Unausweichlich wird der größte Teil des Volkes betrogen durch Ablässe, jene unterschiedslose und großspurige Zusage erlassener Strafe."
    Eckart von Hirschhausen, Arzt und Kabarettist: "Ja, wer betrügt hier wen? Marx hat ja auch gesagt: 'Religion ist Opium für's Volk.' Aber ich halte mich da auch an den schönen Satz von Nietzsche, der sagte: 'Mehr Menschen würden sich für die Botschaft des Erlösers interessieren, wenn die, die ihn bekennen, auch ein bisschen erlöster gucken würden.'"
    Frieder Otto Wolf, Humanist: "Das ist eigentlich das, was an Luther besonders fremd und ich finde auch besonders kritikwürdig ist, dass er diesen Gedanken, dass die Menschen erst mal schuldig sind, ins Zentrum rückt und dann auch noch sagt, die Möglichkeit eines Schuldenerlasses zu Lebzeiten, die gibt es gar nicht wirklich."
    Margot Käßmann, Reformationsbotschafterin: "Ja das ist Betrug, die Art und Weise des Ablasshandels - und darum geht es ja in den Thesen ganz und gar: als sei es möglich, dass die Kirche überhaupt Strafe erlässt. Das kann im Grunde allein Gott sagt Luther."
    Wolf: "Das finde ich schon ist eigentlich skandalös."
    Von Hirschhausen: "Dieses Bewusstsein, dass es etwas gibt, was eventuell über mich hinausweist, was größer ist als ich, führt dazu, dass Menschen sich oft kooperativer verhalten; und deswegen, glaube ich, kann tatsächlich Religion auch Täuschung und Opium sein, es gibt aber sehr, sehr viele Aspekte, die, wenn die Religion sozusagen wegfällt, keine andere Institution ersetzen kann; und deswegen bin ich gerne noch Mitglied der Evangelischen Kirche."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern