Freitag, 29. März 2024

Archiv

Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (40)

Der Psychologe Borwin Bandelow, die buddhistische Nonne Carola Roloff und Heike Sieberns von der Evangelischen Jugend kommentieren Luthers 40. These.

11.08.2017
    These 40: "Wahre Reue sucht und liebt die Strafen; der Reichtum der Ablässe aber befreit von ihnen und führt dazu, die Strafen – zumindest bei Gelegenheit – zu hassen."
    Borwin Bandelow, Psychologe: "Luther meint damit, dass jemand, der eine Missetat begangen hat, dafür eine Strafe bekommen muss – in Form von, sagen wir mal, einer Gefängnisstrafe oder einer Geldstrafe. Wenn jemand aber durch Kaufen eines Ablasses um die Strafe herumgekommen ist, dann heißt es ja, dass er den Sinn dieser Strafe gar nicht einsieht und dann auch weiterhin Missetaten begeht. Der Zweck der Übung ist damit nicht erfüllt."
    Carola Roloff, buddhistische Nonne: "Ablassbriefe bewirken das Gegenteil von dem, worum es geht. Aufrichtige Reue und Reinigung des Geistes sollten ja eigentlich – aus buddhistischer Sicht zumindest – im Mittelpunkt stehen. Und ich denke, dass es hier eben in eine ähnliche Richtung gehen sollte."
    Heike Sieberns, Evangelische Jugend: "'Wahre Reue sucht und liebt die Strafen.' So würde ich das ja mal nicht sagen. Ich würde sagen, dass wahre Reue sich der Konsequenzen bewusst ist, die bestimmte Sachen nach sich ziehen. Diese Konsequenzen können sich dann wie eine Strafe anfühlen. Wenn ich entgegen der Fahrtrichtung durch eine Einbahnstraße fahre, muss ich damit rechnen, dass ich ein Strafgeld zahlen muss, wenn ich angehalten werde. Wenn ich eine Freundin belüge, muss ich mir bewusst sein, dass sie, wenn sie doch davon erfährt, enttäuscht von mir ist, weil ich eben nicht ehrlich zu ihr war. Aber das ist nun mal die Konsequenz."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern