Mittwoch, 17. April 2024

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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (72)

Die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann, der Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann und die buddhistische Nonne Carola Roloff kommentieren Martin Luthers 72. These.

26.09.2017
    These 72: "Wer seine Aufmerksamkeit auf die Willkür und Frechheit in den Worten eines Ablasspredigers richtet, der soll gesegnet sein."
    Margot Käßmann, Reformationsbotschafterin: "Luther will, dass die Menschen aufmerksam hinhören: 'Willkür und Frechheit, das predigen die Ablassprediger.'"
    Thomas Kaufmann, Kirchenhistoriker: "Also etwa die wahnwitzigen Versprechungen, die ein Tetzel unterbreitet: Er könne mehr Menschen erlösen, als es dem Apostel Petrus möglich war. Selbst die Schändung der Jungfrau Maria sei durch den Ablass vergeben. Also all diese exorbitanten Versprechungen, die mit der Ablasspropaganda verbunden wurden, geißelt Luther als Willkür und Zügellosigkeit und diejenigen, die sie attackieren, natürlich auch er selbst, sind damit salviert."
    Carola Roloff, buddhistische Nonne: "Vermutlich waren die Menschen großen Repressalien ausgesetzt, wenn sie etwas gegen die Ablässe gesagt haben. Deswegen empfiehlt Luther, nicht die Ablassbriefe zu kritisieren, sondern die unrichtigen Worte der Ablassprediger. Das geht aber nur, wenn alle eine solide religiöse Bildung haben. Dialog mit anderen Religionen über deren religiöse Texte ist ein gutes Mittel, die eigenen Texte besser zu verstehen. Und für ein besseres Verstehen ist es gut, eine Vielfalt von Perspektiven kennenzulernen. So würde ich das zumindest heute angehen."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern