Mittwoch, 17. April 2024

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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (87)

Der Humanist Frieder Otto Wolf, die buddhistische Nonne Carola Roloff und der Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen kommentieren Martin Luthers 87. These.

18.10.2017
    These 87: "Was gibt der Papst denen als Erlass oder Anteil, die durch vollkommene Reue ein Recht auf vollen Erlass und vollen Anteil haben?"
    Frieder Otto Wolf, Humanist: "In der Tat spielt Luther da an auf die entwickelte Lehre: Was bedeutet Sünde, was bedeutet Buße, was bedeutet Reue? Und wann kann vergeben werden? Die durchaus auch moralphilosophisch interessant ist bis heute."
    Carola Roloff, buddhistische Nonne: "Die These 87 ist denke ich auch wieder polemisch. Dahinter steckt vielleicht die Frage, ob die Ablassbriefe so eine Art – modern ausgedrückt – Aktienanteile sind an der Kirche. Und dann sollte man bei gutem Verhalten doch auch am Profit beteiligt werden."
    Wolf: "Der Kauf eines Ablassbriefes spielt in dieser etwas komplizierten Dynamik – wie komme ich aus einer Situation der Schuld in eine Situation der Verzeihung – keine Rolle. Da hat Luther auch wieder einfach recht."
    Eckart von Hirschhausen, Arzt und Kabarettist: "Ich möchte allen Deutschlandfunkhörern ein großes psychotherapeutisches Geheimnis verraten: Warum glauben so viele Menschen, dass sie schlechter sind als andere? Dahinter steckt, dass wir unsere eigenen Gedanken ja viel besser kennen als die Gedanken von den anderen. Mal will ich das eine, mal will ich das andere. Mal bin ich in Versuchung, mal bin ich ganz klar. Und diese ganzen Kämpfe kriegen die anderen ja von außen gar nicht mit. Und deswegen sind Sie auch nicht schlechter als andere – obwohl ich Sie gar nicht kenne. Aber ich glaube, wir sind gar nicht so anders."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern