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Regeln gesucht

Kommunikation. - Sich im Internet zu informieren und Informationen über das Internet zu übermitteln, zu mailen und zu posten, das ist mittlerweile fast alltäglich. Aber auch Maschinen können das, wodurch – von vielen unbemerkt - derzeit das Internet der Dinge entsteht. Wie dieses Internet der Dinge das Kommunikationsnetz verändern wird, diskutierte in dieser Woche ein Kongress des Münchner Kreises. Die zentrale These der Veranstaltung: Das Internet der Dinge ist kein Hype mehr. Jetzt geht es darum, es einzurichten und zu nutzen.

Von Achim Killer | 11.05.2013
    "Ja, ich glaube schon, dass es längst mehr als ein Hype ist. In Autos haben wir massiv Kommunikation zwischen diesen kleinsten Computern, und nur dann fährt unser Autos zuverlässig","

    so Professor Jörg Eberspächer von der TU München. Man kann die vielen vernetzten Prozessoren und Controller in einem Auto durchaus mit einem LAN vergleichen, mit einem Local Area Network. Jetzt geht es um den Datenaustausch über die Grenzen des Nahbereichs hinweg, quasi um das Netz der Netze oder eben das Internet der Dinge. Und da wird es schwierig, sagt Professor Friedemann Mattern von der ETH Zürich.

    ""Wenn man zwei getrennte Bereiche zusammenbringt, dann merkt man, dass das alles nicht so richtig passt und schwierig ist zu vermitteln. Das haben wir auch beim Internet der Dinge. Es gibt unterschiedliche Protokolle, unterschiedliche Ansätze, unterschiedliche Datenformate, unterschiedliche Zwecke. Und das jetzt im übergeordneten Sinne zusammenzubringen, das ist schwierig."

    Daten-Silos nennt man solche getrennten Bereiche im IT-Slang. In ihrem Inneren ist alles in Ordnung. Und nichts dringt durch die hohen Betonwände nach außen. Gateways können da für etwas Durchlässigkeit sorgen, erläutert Dr. Stefan Ferber von Bosch. Gateways übersetzen die Kommunikationsprotokolle eines Daten-Silos, in die, die ein anderes versteht, und zwar möglichst ohne die innere Ordnung der jeweiligen Silos zu beeinträchtigen

    "Wir haben im Fahrzeug schon seit 20 Jahren eine Vernetzung über den CAN-Bus. Der ist auch von Bosch erfunden worden und hat erst einmal die Vernetzung im Fahrzeug die letzten Jahre ermöglicht. Was jetzt als nächstes kommt, ist, dass ein Fahrzeug ein Knoten im Internet wird. Bei manchen Fahrzeugherstellern ist das schon der Fall. Das geht dann über ein Gateway, weil ich ja auch nicht das ganze Internet auf meinem Sicherheitsbus haben möchte. Ich möchte nicht, dass jemand aus dem Internet eine Bremse betätigt oder einfach eine Tür aufmacht, wenn er es nicht darf."

    Das Fokus, das Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme, hat ein derartiges System entwickelt. "Open MTC" nennt es sich, Open Machine Type Communication. Damit können Daten aus so unterschiedlichen Bereichen wie Straßenverkehr, Gesundheit und Krankenhaus-Organisation zusammengeführt werden, erklärt Dr. Sebastian Wahle vom Fokus:

    "Beispielsweise ein Unfall. Und der Rettungswagen wird zum Unfallort gerufen, braucht schon da Verkehrsinformationen, wie kommt er am schnellsten zur Unfallstelle. Dann vor Ort werden schon medizinische Daten erfasst. Solche Daten könnten dann gleich an ein Krankenhaus kommuniziert werden. Es könnte überhaupt erst einmal das entsprechende Krankenhaus, der entsprechende Experte, ein Arzt gefunden werden, der zu dem Zeitpunkt verfügbar ist sich dieses Patienten anzunehmen. Und wir sehen also, dass in so einem relativ simplen Szenario - es gab einen Unfall – wir einiges an Innovation und Verbesserung schaffen können durch die Zusammenführung und Vernetzung von Daten-Silos."

    Aber auch viele einzelne Gegenstände wollen ans Internet der Dinge angeschlossen werden, Sensoren für die Klimaforschung etwa, die irgendwo in unzugänglichen Gegenden platziert werden und regelmäßig Messdaten übertragen. Das Internet-Protokoll in seiner neuen Version, IPv6, ist darauf vorbereitet. Es stellt so viele Adressen zu Verfügung, dass jedes Ding auf der Erde eine bekommen kann. Ungelöst wiederum ist die leidige Energie-Frage. Friedemann Mattern:

    "Ich möchte nicht bei meinen vielen Gegenständen jede Woche die Batterie wechseln. Das muss mehrere Jahre halten. Die Dinge so energiesparsam zu machen, dass sie dennoch funktionieren, kommunizieren, Werte sammeln können, etwas anzeigen, das ist die große Herausforderung."

    Das andere sehr bekannte Internet-Protokoll, TCP, das Transmission Control Protocol, verbietet sich daher, so Mattern:

    "Beim Internet der Dinge kommuniziert man aber typischer Weise zunächst einmal über kurze Distanzen, wenige Meter, und hat nur ganz wenige Daten zu kommunizieren. Und da ist TCP ein Overkill, was man fast wörtlich nehmen kann, weil dadurch viel zu viele Ressourcen, nämlich kostbare Energie verwendet werden, um zu kommunizieren. Deswegen sucht man an dieser Stelle nach Alternativen."

    Und nicht nur deshalb wird sich das Internet in den nächsten Jahren massiv verändern.