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Regierungskompromisse
Koalition einigt sich bei Grundsteuerreform

Es gibt es eine Einigung bei der Grundsteuer: Das Gesetzespaket dazu soll noch im Juni in den Bundestag gehen. Und auch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für rund 90 Prozent der Soli-Zahler soll bald in Gesetzesform gegossen werden.

Von Mathias von Lieben | 17.06.2019
Prachtvolle Hausfassaden an der Rheinuferpromenade in Düsseldorf.
Die Steuer auf Immobilien und Grundstücke erfolgt nun auf neuer Berechnungsgrundlage (imago / Winfried Rothermel)
Monatelang haben sie gestritten, jetzt endlich: ein Kompromiss bei der Reform der Grundsteuer. Es wird zwar einen bundeseinheitlichen Bewertungsmaßstab geben – aber die Bundesländer können durch eine Öffnungsklausel zu 100 Prozent davon abweichen und so jeweils eigene Berechnungsweisen einführen. Während Finanzminister Olaf Scholz von der SPD eine Berechnung der Steuer über Miete, Alter des Gebäudes und Wert des Grundstückes lange favorisiert hatte, drängte vor allem die CSU auf eine pauschal über die Fläche, also die Grundstücksgröße, ermittelte Abgabe. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt:
"Da haben wir uns zu 100 Prozent durchgesetzt. Die Länder können zukünftig vollumfänglich abweichen mit einer eigenen Gesetzgebung bei der Grundsteuer. Das ist für Bayern ganz besonders wichtig, weil wir das Modell vom Bundesfinanzminister für bürokratisch erachten und glauben, dass es zu Steuererhöhungen führt. Wir werden ein unbürokratisches Modell, ein Einfach-Steuermodell machen, das nicht zu Steuererhöhungen führt und die Bürger nicht zusätzlich belasten wird."
Die Kuh ist vom Eis
In der kommenden Woche soll der Bundestag bereits über die Pläne debattieren. Zufrieden sein dürften die Sozialdemokraten aber nicht. Thorsten Schäfer-Gümbel, kommissarischer SPD-Vorsitzender, war lediglich froh darüber, dass das Thema nun endlich abgeräumt wurde:
"Die Kuh ist vom Eis. Das sind fast 15 Milliarden Euro, die weggefallen wären für die kommunale Daseinsvorsorge, wenn es bis zum Ende des Jahres keine Vereinbarung gegeben hat."
Er warnte: Bayern dürfe bei möglichen niedrigeren Grundsteuer-Einnahmen aber nicht weniger in den Topf des Länderfinanzausgleichs zahlen. Die Steuer habe darauf keine Wirkung, entgegnete ihm prompt CSU-Mann Alexander Dobrindt. Für welches Modell sich die anderen Bundesländer nun entscheiden, ist noch offen. Nur Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg ließen bereits Sympathien für das bayerische Modell erkennen. Kritik kommt hingegen von der Opposition. Von Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock zunächst aber nicht inhaltlicher Natur:
Vorwürfe von den Linken und Freude bei der Wohnungswirtschaft
"Gerade mit Blick auf die Grundsteuer verwundert es uns doch sehr, dass hier über eine Grundgesetzeinigung gerade die Fraktion des deutschen Bundestags nach wie vor in Unkenntnis gelassen werden, was eigentlich bei der Grundsteuer drin steht. Deswegen kann man das auch nicht weiter bewerten, wenn man nicht weiß, wie die Details aussehen."
Die Einigung vertiefe die Steuerungerechtigkeit und führe zu einem Flickenteppich, heißt es hingegen bei der Linken. Große Freude hingegen bei Immobilien- und Wohnungswirtschaft. Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, begrüßte die Einigung:
"Es wäre aus unserer Sicht allerdings sinnvoll, wenn sich dann die Länder, die von dieser Länder-Öffnungsklausel Gebrauch machen wollen, auf ein gemeinsames Modell verständigen, um auch die Handhabbarkeit in Deutschland zu erleichtern und sich auf ein Flächenmodell dann am Ende des Tages zu einigen."
Auch Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes, machte klar, dass er den Kompromiss generell begrüßt, forderte aber: die Grundsteuer darf jetzt nicht länger auf die Mieter über die Betriebskostenabrechnung abgewälzt werden.
Bei der Soli-Abschaffung setzte sich die SPD durch
Der Koalitionsausschuss verabredete zudem, bis Ende August einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Solidaritätszuschlages für rund 90 Prozent der Soli-Zahler vorzulegen. Hier hat sich offensichtlich die SPD durchgesetzt, wie Kanzleramtschef Helge Braun von der CDU zwischen den Zeilen einräumen muss.
"Das Versprechen, dass wir für 90 Prozent der Zahler den Soli abschaffen, ist natürlich auch ein großes Unions-Anliegen. Das wird jetzt auch in der Sommerpause fertig gemacht."
Das große Unions-Anliegen, von dem Braun hier spricht, war allerdings die komplette Abschaffung des Solis. Die SPD plädierte für eine Beibehaltung der oberen 10 Prozent in der Gehaltsskala. Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD bezeichnete die Einigung daher als fair und gerecht:
"Die Löhne und Einkommen sind extrem auseinander gegangen. Die oberen Zehntausend profitieren von der Globalisierung, die Vermögenszuwächse sind exorbitant. Die unteren 50 Prozent kriegen so gut wie gar nichts. Und das muss sich ändern. Und deswegen gehört eine Besteuerung, eine gleichbleibende Besteuerung der oberen zehn Prozent, dazu."
Es sei gut, dass die Koalition beim Abbau des Solidaritätszuschlages das im Koalitionsvertrag Vereinbarte umsetze, sagt der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier. Wenn es gelinge, 90 Prozent der Bürger von dem Soli zu befreien, ist das ein Schritt nach vorne.