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Regionale Produkte
Siegel für Obst und Gemüse aus der Nähe

Von Aprikosen bis Zucchini – jetzt im Sommer ist das Angebot an Obst, Gemüse und Salat aus Deutschland am allergrößten. Immer öfter wird damit geworben, dass Produkte "von hier" oder "aus der Region" stammen. Aber, was heißt das genau? Die Regelungen haben sicher ihre Schwachpunkte, aber ein paar verlässliche Anhaltspunkte gibt es schon.

Von Susanne Kuhlmann | 27.07.2015
    Verkäuferin Margit Pabst füllt am Mittwoch (08.08.2012) im Dorfmarkt in Simonshofen bei Lauf an der Pegnitz (Mittelfranken) den Obst- und Gemüsestand auf.
    Viele Kunden kaufen auf Märkten ein, weil dort oft ein großer Teil des Angebots aus der Gegend stammt. (picture alliance / dpa / David Ebener)
    Ein ständiges Kommen und Gehen herrscht am Gemüsestand auf dem Bauernmarkt in Leverkusen-Schlehbusch: Im Angebot sind rote, grüne und blaue Beeren und jede Menge anderes Sommerobst; Blattsalate, Kräuter, Kartoffeln und viele Gemüse der Saison.

    "Ich bin immer sehr zufrieden damit. Und wenn ich was kaufe, weiß ich, dass das in Ordnung ist. So wie hier, gucken Sie mal: Kohlräbchen. Ich kaufe gerne hier."
    Wie viele andere kommt diese Kundin, weil ein großer Teil des Angebots aus der Gegend stammt, sagt Landwirt Markus Vogel vom Hof Jüch:

    "Wir sagen den Kunden auch immer, was jetzt gerade angesagt ist, und die Kunden verfolgen mit Interesse, wie sich das Angebot wandelt. Sie können dann probieren, um zu testen, ob es so lecker ist, wie es aussieht."

    Das ist es wohl, denn regionales Obst und Gemüse kann ausgereift geerntet werden. Es hat keine langen Transporte und Lagerzeiten zu verkraften, und das ist nicht der einzige Pluspunkt für Produkte vom Acker nebenan, erläutert Frank Waskow von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen:

    "Die Wege sind kürzer. Ob es um Genuss oder Gesundheit geht: Das ist ein ganz klarer Vorteil. Und weil die Wege kürzer sind, sind sie häufig auch frischer. Sie haben damit auch entsprechend weniger Emissionen im Transport, sprich, tun was für den Klimaschutz. Sie kommen aus der Region, erhalten dort die Arbeitsplätze."

    Und das Sortiment wechselt im Rhythmus der Jahreszeiten. Manche regionalen Produkte werden in ganz Deutschland oder Europa verkauft. Auf EU-Ebene gelten verschiedene Bezeichnungen. Die mit den umfassendsten Anforderungen ist die "geschützte Ursprungsbezeichnung".

    "Da geht es zum Beispiel um den Parmaschinken. Das heißt, das Schwein muss dort aufgezogen worden sein, das Schwein muss dort geschlachtet werden, der Schinken muss dort verarbeitet, geräuchert, gesalzen werden. Der Schinken muss dort geschnitten und verpackt werden."
    Allgäuer Bergkäse, Portwein und zwei Dutzend weitere Lebensmittel gehören ebenfalls in diese Kategorie. Davon unterscheidet die EU "traditionelle Spezialitäten", wie Kölsch als Biersorte aus Köln und Lebensmittel mit "geschützter geografischer Angabe", wie Serranoschinken.
    Über die Anbauweise ist damit nichts gesagt
    Auf Bundesebene werden zusätzlich drei Arten von Siegeln parallel verwendet. Am unverbindlichsten sind die von Herstellern selbst entwickelten Zuschreibungen wie "Heimat", "von hier" oder "aus dem Norden". Eine eng umgrenzte Region wird nicht konkret genannt.
    In vielen Bundesländern haben sich regionale Vermarktungsinitiativen gebildet, die nur Waren von Produzenten aufnehmen, die sich zu festgelegten Anforderungen bekennen. Das ist die zweite Gruppe von Regionalsiegeln in Deutschland.
    Als dritte Kennzeichnung kam vor anderthalb Jahren das Regionalfenster hinzu: ein leuchtend blau eingefasstes einheitliches Informationsfeld mit Angaben zur Region und zur Herkunft der Rohstoffe. Ein guter Ansatz, urteilt Frank Waskow von der Verbraucherzentrale in Düsseldorf:

    "Am besten finden wir die neue eingeführte Prozentangabe, die da sagt wie hoch der Anteil der Zutaten ist, der aus der Region stammt. Das ist die wichtigste Angabe für den Kunden. Da kann er sehr schnell sehen: 80 Prozent in diesem Produkt sind regionale Zutaten. Das ist ein echtes regionales Produkt."
    Ein paar Schwachstellen macht er aber auch aus:

    "Zum einen, dass die Mindestanforderung heißt: 51 Prozent eines zusammengesetzten Produkts braucht nur aus der Region zu sein, dann darf es schon das Regionalfenster tragen. Das ist nicht unbedingt die Verbrauchererwartung. Die liegt eher höher, bei 70, 80 Prozent. Wir sagen auch in unseren Forderungen: Ein regionales Produkt, da müssten 75 bis 90 Prozent der Zutaten aus der Region stammen, je nach Produktgruppe. Das ist ja unterschiedlich schwierig, das auch zu realisieren."
    Einfach ist es bei Möhren oder Birnen im Beutel, die zu 100 Prozent vom Hof in der Nähe kommen. Beim regionalen Kirschjoghurt stammen vielleicht nur die Früchte aus der Region, nicht aber der Joghurt.
    Bio oder konventionell, mit viel oder wenig Dünger und Pestiziden produziert – über die Anbauweise sagt keins der Regionalsiegel etwas aus. Es sei denn, es handelt sich um eine Kennzeichnung regionaler Bioprodukte.