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Reihe: Baustellen der Energiereform
Unterfinanzierte Forschung und protestierende Bürger

Die Energiewende ist beschlossene Sache, an der Umsetzung hapert es allerdings. Auch wenn die Mehrheit der Bundesbürger für den Atomausstieg ist, fühlen sich viele unzureichend an den Netzausbauplänen der Bundesregierung beteiligt. Andere wiederum fordern, statt in den Netzausbau mehr in die Energiespeicherung zu investieren.

Von Tobias Klein | 02.08.2014
    Gut 20 Personen stehen mit ihren Rädern auf dem Marktplatz von Altdorf bei Nürnberg. Viele tragen gelbe Warnwesten. Darauf prangt – rot-umkreist und durchgestrichen - ein schwarzer Strommast. Darunter steht "Stromautobahn, Nein Danke". Es regnet leicht - das aber kann die Gruppe nicht davon abhalten, einem Streckenabschnitt der geplanten Stromtrasse entlang zu radeln. Wenige Kilometer östlich der 16.000 Einwohner zählenden Stadt Altdorf soll die Gleichstrompassage Süd-Ost vorbeiführen. Sie wird sich – so die bisherige Planung – ab dem Jahr 2022 über 450 Kilometer von Sachsen-Anhalt über Thüringen nach Bayern ziehen.
    "Da werden ja Hügelkämme zerschnitten, Wälder gerodet. Man geht sehr eng auch, weil es manchmal gar nicht anders möglich ist, an den Siedlungen vorbei. Es sind Häuser ziemlich unmittelbar betroffen. Unter anderem auch unseres. Das ist ein Teil der Motivation, warum ich hier sehr aktiv bin bei den Bürgerinitiativen."
    Alexandra Schwab, eine Frau mittleren Alters aus einer Nachbargemeinde, steht nicht alleine da mit ihrem Protest. An diesem Sonntag Ende Juni haben ungefähr 50 verschiedene Bürgerinitiativen in vielen bayerischen Kommunen einen sogenannten Trassen-Aktionstag organisiert: In Altdorf, Pegnitz, Schwarzenbach oder Freystadt demonstrieren Tausende Menschen zeitgleich gegen die Gleichstrompassage Süd-Ost. Denn entlang der Strecke sollen bis zu 80 Meter hohe Masten gebaut werden.
    "Wir wurden nicht eingebunden und wir werden gezielt desinformiert, vor allem von Amprion, dem Netzbetreiber. Auch von der Bundesnetzagentur. Die entwickeln riesige Netzentwicklungspläne, schicken uns Entwürfe zu. Die können wir uns über das Internet einsehen. Das sind aber alles Texte in Fachsprache. Wir müssen uns da durch 200 Seiten durcharbeiten, um dann Stellungnahmen schreiben zu können. Also wirkliche Bürgerbeteiligung, die ernstgenommen werden will, sieht anders aus."
    Was die Anwohnerin kritisiert, steht im 2013 verabschiedeten Bundesbedarfsplangesetz: 36 Netzausbauvorhaben sind darin aufgelistet, für die – Zitat – "die energiewirtschaftliche
    Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt wird".
    "Niemand will eine Stromleitung hinter dem eigenen Haus haben"
    Um Strom aus erneuerbaren Energiequellen quer durch Deutschland zu transportieren, müssen vor allem neue sogenannte Stromautobahnen gebaut werden; laut Bundesnetzagentur auf einer Gesamtlänge von 2.800 Kilometern. Circa 21 Milliarden Euro wollen die vier großen Netzbetreiber – Stand heute - in den Ausbau und Erhalt ihrer Stromnetze investieren.
    "Wir haben Stromnetzausbau in den letzten Jahrzehnten verlernt. In den 60er-/ 70er-Jahren sind hier Tausende Kilometer gebaut worden. Da war das überhaupt kein Thema. Dann gab es eine Zeit, wo da relativ wenig passiert ist. Und man merkt ganz deutlich, dass die Behörden, aber auch die Unternehmen da ein Stück weit das Know-how verloren haben. Jetzt gar nicht im technischen Sinne, sondern wie administriert man das? Wie geht man auch mit Naturschutzinteressen um? Wie geht man mit einer Bevölkerung um, die das natürlich nicht schön findet.
    Niemand will eine Stromleitung hinter seinem Haus haben. Und da ist einfach in den letzten Jahren viel falsch gemacht worden. Man hat Bürger überhaupt nicht eingebunden, man hat über die Köpfe von Städten und Gemeinden hinweg geplant, und so weiter, dann hat es Widerstand und Auseinandersetzungen gegeben",
    schimpft Oliver Krischer, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. In seiner Fraktion koordiniert er auch den Arbeitskreis Umwelt und Energie. Nach der Atom-Katastrophe im japanischen Fukushima im März 2011 ist die Bevölkerung mehrheitlich für Atomausstieg und Energiewende gewesen. Seitdem aber habe es die Bundesregierung versäumt, die Bürger beim Netzausbau mitzunehmen.
    Dass neue Trassen nötig sind, daran zweifelt der Energieexperte der Grünen nicht. Und auch das zum 1. August reformierte Erneuerbare Energien-Gesetz rüttelt nicht am Ausbau der Stromquellen Wasserkraft, Windenergie, Sonne oder Erdwärme. Im Gegenteil: Der Anteil der Erneuerbaren an der deutschen Stromversorgung soll von derzeit 25 Prozent auf gut 40 Prozent im Jahr 2025 und auf bis zu 60 Prozent im Jahr 2035 steigen.
    Schon heute wird im Norden – in Schleswig-Holstein oder Niedersachsen - viel mehr Ökostrom erzeugt, als man dort verbraucht. Energie, die in industriereichen Bundesländern wie Baden-Württemberg und Bayern benötigt wird, wo bis zum Jahr 2022 noch fünf Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Dass nun aber vor allem im Freistaat die Bürger gegen den Trassenbau auf die Barrikaden gehen, ist Krischers Ansicht nach Ministerpräsidenten Horst Seehofer zu verdanken.
    "Es wird gegen Bayern und die ganzen Kommunen hier keine Stromtrasse gegen unseren Willen geben."
    Ein energiepolitischer Amokläufer
    Horst Seehofer hat sich eindeutig gegen den Trassenbau positioniert. Obwohl es im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung heißt, Netzausbau und Ausbau der Erneuerbaren bedingen einander. Ein Vertrag, den auch der CSU-Vorsitzende unterschrieben hat.
    "Seehofer ist meines Erachtens ein energiepolitischer Amokläufer, anders kann man das nicht bezeichnen. Er schwadroniert auf der einen Seite von bayerischer Energieautarkie, bremst aber dann den Ausbau der Windenergie in Bayern, die da auch den Hauptteil der Energiewende tragen müsste, komplett aus. Sagt dann, auch weil es Bürgerprotest gibt, er lehnt den Ausbau der Süd-Ost-Link-Leitung, die ja die Hauptversorgung in Bayern mittragen sollte, ab. Obwohl er ja ein halbes Jahr vorher im Bundesrat dem Ganzen noch zugestimmt hat. Das ist alles eine Politik, die ich überhaupt nicht mehr nachvollziehen kann."
    Denn zum Ausbau der Stromnetze gibt es kaum Alternativen, da sich Elektrizität nur sehr begrenzt speichern lässt. In Pumpspeicherkraftwerken ist dies beispielsweise möglich, wenn Wasser in dicken Rohren talwärts stürzt, um Strom zu erzeugen. Allerdings können mit dieser Methode nur Schwankungen in der Stromversorgung zwischen Tag und Nacht ausgeglichen werden. Deshalb und weil auch der Bau von Pumpspeicherkraftwerken für Proteste sorgt, heißt es im Berliner Koalitionsvertrag wörtlich: "Bei einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien brauchen wir auch Langzeitspeicher, die saisonale Schwankungen ausgleichen können".
    Tüfteln für die Energiegewinnung der Zukunft
    Frankfurt am Main, Ostend. Am Stadtrand. Auf einem Gelände des regionalen Energieversorgers Mainova steht ein - auf den ersten Blick völlig unscheinbarer - weißer Container. Dieser ist knapp 2,50 Meter hoch, sechs Meter breit und verbirgt im Inneren moderne Technik. Es ist eine sogenannte Power-to-Gas-Anlage; eine Technologie zur Energiespeicherung. Mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien wird hier Wasserstoff hergestellt, erklärt Julia Antoni, die Projektleiterin:
    "Mittels der Elektrolyse-Technologie spalten wir Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Und den Wasserstoff bereiten wir auf und speisen diesen ins Erdgasnetz ein. "
    Dieser Wasserstoff vermischt sich mit Erdgas, ergänzt es und wird später beim Heizen einfach mit verbrannt. Die Einspeisung ins Erdgasnetz ist jedoch begrenzt, denn aus technischen Gründen dürfen dem Erdgas maximal fünf Volumenprozent Wasserstoff beigemischt werden. Power-to-Gas gilt unter Forschern als eine besonders erfolgversprechende Methode, elektrische Energie in chemische umzuwandeln und langfristig zu speichern – und zwar im Erdgasnetz, das als riesiger Speicher ja bereits zur Verfügung steht. Im Mai wurde die Frankfurter Anlage in Betrieb genommen. 1,5 Millionen Euro wurden investiert, rentabel ist sie allerdings noch nicht.
    "Heute sprechen wir von einem Demonstrationsprojekt. Wie bei jedem Demonstrationsprojekt handelt es sich um Forschung und Entwicklung, und es ist noch kein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage möglich. Allerdings sind wir nicht sehr weit von der Wirtschaftlichkeit entfernt. Das ist eine Technologie, die nah an der Markt-Reife dran ist. Wir erwarten uns, wenn diese Technologie weiterentwickelt wird, dass die spezifischen Kosten dann sinken und dass wir in fünf bis zehn Jahren hier eine Marktreife erreicht haben."
    Die Power-to-Gas-Anlage lässt sich sogar noch erweitern, der Energieerzeuger Mainova erwägt genau das: Fügt man nämlich dem Wasserstoff in einem weiteren Produktionsschritt CO2 zu, entsteht Methan. Methan ist nichts anderes als Erdgas, nur synthetisch erzeugt. Und das könnte dann komplett ins Netz eingespeist werden – um später beispielsweise Gasautos anzutreiben oder in Gaskraftwerken Strom zu erzeugen.
    Nur ein Tropfen auf den heißen Stein
    Es gibt in Deutschland einige Forschungsprojekte, die sich mit dieser Power-to-Gas-Technologie befassen. Die Anlage in Frankfurt ist die erste, die bereits an das kommunale Versorgungsnetz angeschlossen ist. Bis die neue Speichertechnologie jedoch marktreif ist und wirtschaftlich betrieben werden kann, werden noch Jahre vergehen. Insgesamt steckt die Speicherung von Energie hierzulande noch in den sprichwörtlichen Kinderschuhen. Der grüne Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer kritisiert dann auch, dass die Speicherforschung zu wenig gefördert wird vom Staat.
    "Die Bundesregierung, die letzte, hat ein Speicherprogramm gemacht, das in die Richtung geht. Aber mit viel zu wenig Mitteln. Es ist eigentlich ein Stück aus Absurdistan, wir investieren noch immer mehr Geld in so Sachen wie Fusionsforschung als in die Entwicklung von Energiespeichern. Da müsste eigentlich viel, viel mehr gemacht werden. Das was da bisher passiert, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein."
    Der Bund stellt im Energieforschungsprogramm bis 2014 insgesamt 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Die umstrittene Fusionsforschung - bei der es darum geht, Energie durch das Verschmelzen von Atomkernen zu gewinnen - wurde dabei mit gut 600 Millionen Euro bedacht. Rund 200 Millionen Euro fließen in die Forschung zur Entwicklung von Speichertechnologie. Wolfgang Tiefensee lässt einen Vergleich der Zahlen jedoch nicht gelten. Der frühere Bundesverkehrsminister ist heute energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Die für die Speicherforschung bereitgestellten Mittel reichen seiner Meinung nach aus.
    "Sie wissen, dass die Bundesregierung eigentlich immer nur anschieben kann. Sie kann Geld in die Entwicklungsforschung geben. Und die Industrie ist jetzt gehalten, diese Gelder aufzuwerten, indem zusätzlich investiert wird. Die Hochschulen, die Institute, die Forschungsinstitute insgesamt, sind dabei die unterschiedlichen Technologien zu untersuchen, und ich denke, dass die Bundesregierung im Rahmen der aufwachsenden Mittel für Forschung da eine Menge tut. Aber was ist genug, man kann sich immer mehr vorstellen; aber die Decke ist zu kurz, als das man hier noch wesentlich aufstockt."
    Wobei auch Tiefensee nicht bezweifelt, dass die Förderung von neuen Speichertechnologien und deren Integration in das Bestehende Energiesystem wichtig ist. Doch welche Rolle spielt diese Speichertechnologien bei der Energiewende tatsächlich? Kurz- und mittelfristig nur eine untergeordnete, sagt Norman Gerhardt. Er ist Leiter der Gruppe Energiewirtschaft und Systemanalyse beim Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik in Kassel.
    "Zu dieser Frage haben wir gerade ein sehr spannendes Forschungsprojekt abgeschlossen, wo sich herausgestellt hat, dass man da noch Zeit hat, wirklich Speicher auszubauen. Wir sind uns schon darüber im Klaren, dass Speicher langfristig einen wichtigen Baustein für die Energiewende darstellen. Und deswegen ist da auch die Forschung und Weiterentwicklung da sehr wichtig. Aber die Hysterie, die da noch manchmal verbreitet wird, dass wir Wind- oder Solarenergie gar nicht ausbauen dürfen, wenn wir ihn nicht jetzt gleich verfügbar kostengünstig Speicher haben - das konnten wir in dem Projekt eindeutig widerlegen. Wir haben noch Luft, bis es notwendig wird auch Speicher auszubauen."
    Das heißt: Die Erforschung und Entwicklung von Speichertechnologien eilt nicht – trotz Energiewende. Erst wenn der Anteil Erneuerbarer bei der Stromproduktion bei 60 Prozent liege, seien Energie-Speicher sinnvoll, weil für die Stromversorgung in Deutschland wichtig – sagen die Experten des Fraunhofer Instituts aus Kassel. Und das wäre – nimmt man die Ausbauziele der Bundesregierung zum Maßstab - erst im Jahr 2035 der Fall.
    "Wir haben in diesem Projekt sehr umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, wie viel Flexibilität ist eigentlich in unserem Energieversorgungssystem. Dass wir also nicht Deutschland allein betrachten können, sondern Deutschland ist eingebunden in einen europäischen Strommarkt, da ist viel Ausgleichspotenzial vorhanden. Wir werden zukünftig neue Stromverbraucher bekommen, die Strom nutzen, um fossile Brennstoffe in den Bereichen Wärme und Verkehr zu ersetzen. Und da kommt eben noch sehr viel Flexibilität in das System herein, was heute oft in der Diskussion vernachlässigt wird."
    Neben der Power-to-Gas-Technologie räumt Gerhardt auch großen Batteriespeichern eine Zukunft ein. Mit zwischengespeichertem Batteriestrom könnten im Verbund mehrere Wohnungen oder Häuser in der Nacht versorgt werden. Kleinere Batteriespeicher werden bereits heute eingesetzt: beispielsweise in privaten Haushalten in Verbindung mit einer Solaranlage auf dem Dach.
    Umstrittene Technologie
    Im Werkzeugkeller von Roman Kamm aus Steinbach am Taunus steht ein grauer Schrank - gut 1,20 Meter hoch und 60 cm tief. In der Tür ist ein Display verbaut. Im unteren Schrankteil verstecken sich zwei Lithium-Ionen-Batterien - sicher verplombt hinter einer Eisenplatte. Die versorgen sein Haus mit Strom, wenn die Sonne nicht scheint und die Solaranlage auf dem Dach keine Energie produziert.
    "Mir war schon wichtig, wenn wir eine Solaranlage auf dem Dach haben, jetzt nur tagsüber mal den Kühlschrank zu betreiben. Weil tagsüber ist niemand hier, da läuft auch nur der Kühlschrank und Kühltruhe. Und wir haben auch noch ein Wasserbett, auch dafür ist die Solaranlage nett. Sondern ich wollte natürlich den Strom, den wir produzieren, auch optimal ausnutzen. Und das geht eben nur, wenn sie einen richtigen Speicher haben. Für uns war dann die Batterie die optimale Lösung. Dadurch haben wir eine 24-Stunden-Stromversorgung mit unserem eigenen Solarstrom."
    Der produzierte Solarstrom wird zuerst für den laufenden Verbrauch genutzt. Ist dieser abgedeckt, wird die Batterie geladen. Und danach Zusatzverbraucher vorsorgt - zum Beispiel die Elektroheizung. Erst dann wird der im Haus überflüssige Strom ins öffentliche Netz eingespeist.
    "Jede Kilowattstunde, die ich von meinem eigenen Solarstrom selber verbrauchen kann, spare ich natürlich das Geld, was ich normalerweise den Energiekonzernen in den Rachen werfen würde. Das muss auch nicht sein. Ich bekomme ja momentan relativ wenig für den Strom, den ich einspeise. Aber jede Kilowattstunde, die ich selber verbrauche, da spare ich richtig Geld. Und so eine Anlage, so eine Solaranlage auf dem Dach macht aus meiner Ansicht nur Sinn, wenn man einen Speicher dazu hat."
    Doch Solarstromspeicher sind umstritten. Vor allem weil sich deren Nutzer nur gering an der Finanzierung der gesamten Strominfrastruktur beteiligen. Denn weil sie weniger Strom von ihrem Anbieter beziehen müssen, zahlen sie natürlich kaum noch Netzentgelte oder EEG-Umlage. Und das wird Folgen haben, fürchtet der Experte vom Fraunhofer Institut in Kassel.
    "Wenn sich jeder autark verhält und den Speicher für eine eigene Optimierung einsetzt, dann hilft er dem Gesamtsystem nicht. Und deswegen steigen auch noch mal die Kosten für das Gesamtsystem. Das Energieversorgungsystem wird dadurch deutlich teurer."
    Solarspeicher sind keine schnelle Lösung
    Der Staat fördert die Anschaffung von Solarstromspeichern seit Mai 2013 trotzdem. Über ein Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau teils mit mehreren Tausend Euro pro Anlage. Die große Herausforderung der kommenden Jahre und Jahrzehnte wird also nicht nur sein, neue Speichertechnologien zu entwickeln, sondern sie auch sinnvoll und effektiv in das gesamte System zu integrieren. Abgesehen davon wird eines aber besonders deutlich: Stromspeicherung wird nicht die schnelle Lösung sein, um den ungeliebten Stromtrassen-Bau zu verhindern.
    "Ich frage mich, warum soll Eigentum von Anwohnern entwertet werden. Warum werden die Kommunen geschwächt und in ihren Bemühungen, sanften Tourismus zu fördern."
    Beim Trassen-Aktionstag in Altdorf bei Nürnberg spricht Uli Strauß von der Bühne zu den Demonstranten. Auch er gehört einer Bürgerinitiative an, die lautstark gegen die Gleichstrompassage Süd-Ost durch Bayern kämpft.
    "Wir halten sie für überflüssig, und sie bringt eine Unmenge an Nachteilen mit sich. Erst einmal für die durchschnittenen Landschaften und die Anwohner. Wir haben eine immense Naturzerstörung, Gefährdung des Trinkwassers und des gesamten Naturraumes. Wir haben Gesundheitsgefahren für die Anwohner, massive Entwertung des Eigentums und auch Beschneidung der Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen."
    Vor allem aber bezweifelt Uli Strauß, dass über die Trasse wirklich nur Windstrom nach Bayern fließen wird. Denn: Bislang ist Bad Lauchstädt – eine Stadt im Süden von Sachsen-Anhalt – als Ausgangspunkt der Trasse geplant – und das liegt mitten im mitteldeutschen Braunkohlerevier. Weshalb die Bürgerinitiativen mutmaßen, dass auch Braunkohlestrom gen Süden fließen könnte.
    Alternativ wird darüber nachgedacht, die Südost-Passage nicht in Sachsen-Anhalt, sondern bereits in Norddeutschland beginnen zu lassen. Dann könnte nämlich auch Wasserkraft-Strom aus Schweden und Norwegen in die Leitung eingespeist werden. Beschlossen ist allerdings noch nichts. Wolfgang Tiefensee, den energiepolitische Sprecher der SPD im Bundestag, hat derweil an der Notwendigkeit von Stromtrasse keinen Zweifel.
    "Wenn jetzt in Bayern sich große Widerstände zum Beispiel gegen Onshore-Winderzeugung, also Erzeugung von Wind an Land, bildet, oder wenn der Ministerpräsident sagt, wir brauchen eine Länderoption, welche Abstandsflächen eingehalten werden müssen, dann sorgt man natürlich dafür, dass im eigenen Land kein regenerativer Strom erzeugt wird. Dann muss er von woanders her kommen. Und dann wird man mit den Konsequenzen leben müssen."
    Doch der Widerstand der protestierenden Bürger in Bayern scheint langsam Früchte zu tragen. Anfang der Woche stellte selbst der Bundeswirtschaftsminister die Südost-Gleichstromtrasse in der bislang geplanten Ausführung in Frage. „Sie ist so nicht durchsetzbar", sagte Sigmar Gabriel wortwörtlich auf einer Veranstaltung in Nürnberg. Stromtrassen aber hält der SPD-Politiker für unverzichtbar. Er kündigte aber an, die Bundesregierung wolle künftig auch Erdverkabelungen zulassen. Diese Methode ist aufwendiger und macht den Netzausbau vor allem noch teurer.