Donnerstag, 28. März 2024

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Religion im Dreißigjährigen Krieg
"Die wohlverdiente Strafe Gottes"

Der Dreißigjährige Krieg war ein Konfessionskrieg. Und er war mehr als das. Schon die Zeitgenossen haben das so empfunden. Ihre Religiosität hat sich durch jenes Gemetzel verändert, das vor 400 Jahren begann. Wie haben einfache Christen jene Zeit erlebt? Als Pfarrer, als Mutter, als Söldner?

Von Christian Röther | 23.05.2018
    Eine historische Illustration aus dem 19. Jahrhundert zeigt den Prager Fenstersturz
    Prager Fenstersturz - Historische Illustration aus dem 19. Jahrhundert (imago stock&people)
    Maikäfer, flieg.
    Der Vater ist im Krieg.
    Die Mutter ist in Pommerland,
    Pommerland ist abgebrannt.
    Maikäfer, flieg.
    Am 23. Mai 1618 fliegen drei kaisertreue Katholiken – aus dem Fenster einer Burg in Böhmen. Hinausgeworfen von aufgebrachten Protestanten.
    "Meint ihr, dass ich hergekommen bin, Friede zu bringen auf Erden? Ich sage nein: sondern Zwietracht."
    Der Zweite Prager Fenstersturz. Die drei Katholiken überleben, doch ihr Sturz ist der Auslöser für eine europäische Kettenreaktion: für den Dreißigjährigen Krieg. Dreißig Jahre Protestanten gegen Katholiken. Ein Krieg um die wahre Konfession.
    "Ich bin nicht gekommen, Friede zu senden. Sondern das Schwert."
    Fünf Millionen Menschen sterben
    Aber es kämpfen auch Deutsche gegen Schweden und Franzosen, Protestanten gegen Protestanten, Katholiken gegen Katholiken. Ein Krieg um die politische Macht in Mitteleuropa. Mindestens fünf Millionen Menschen sterben durch Waffen, Hunger und Seuchen.
    "Gott verleihe ihnen eine fröhliche Auferstehung, amen."
    Die Bevölkerung deutet Leben und Sterben im Dreißigjährigen Krieg oft religiös. Das zeigen die Berichte von Zeitzeugen – wie Hans Heberle aus Neenstetten bei Ulm. Heberle ist Schuhmacher, evangelisch und knapp 21 Jahre, als der Krieg beginnt:
    "Anno Domini 1618 ist ein großer Komet erschienen in Gestalt einer großen und schrecklichen Rute, welche uns von und durch Gott heftig trifft, wegen unserem sündlichen Leben. Wir verdienen sie vielfältig und täglich."
    Drei Monate lang ist der Komet zu sehen im Herbst 1618. Für Hans Heberle und viele Zeitgenossen kündigt er den Krieg an. So haben sie es in der Bibel gelesen:
    "Ein Volk wird sich erheben über das andere und ein Reich über das andere. Auch werden Schrecknis und große Zeichen vom Himmel geschehen."
    30 Mal werden Hans Heberle und seine Familie in den folgenden 30 Jahren fliehen – hinter die Stadtmauern von Ulm.
    "Diesen ganzen Winter haben wir keine Ruhe und Frieden auf dem Land, denn es liegen kaiserliche Reiter bei Lauingen. Die plagen und plündern uns fast alle Tage. Ach, Gott wollte eine traurige Karwoche, Gott möge uns ein fröhlichen Ostertag geben und nach diesem Ungewitter die Sonne wieder scheinen lassen."
    Hans Heberles "Zeytregister" – so nennt er seine Aufzeichnungen – es zeigt einen gottesfürchtigen Protestanten. Mit dem Krieg kommt die Pest – Heberles halbe Familie stirbt. Doch der Schumacher beklagt sich nicht: "Denn wo Krieg ist, da ist Gottes Strafe und Zorn."
    Hass und Gewalt zwischen den Konfessionen
    Der Dreißigjährige Krieg ist geprägt von Hass und Gewalt zwischen den Konfessionen. Das beschreibt etwa der evangelische Pfarrer Bartholomäus Dietwar aus Kitzingen in Franken:
    "Die Leute wurden zur Verleugnung des Evangeliums durch die Kapuziner und Pfaffen mit großer Tyrannei getrieben. Man nahm ihnen alle evangelischen Bücher aus den Häusern weg und verbrannte einen großen Haufen davon."
    1629, die Zeit nach dem kaiserlichen Restitutionsedikt. Die katholische Kriegspartei ist dem Sieg nah und fordert von den Protestanten vielerorts Kirchen und Seelen zurück. Doch wer sich dem Druck beugt und katholisch wird, den trifft die Verachtung des evangelischen Pfarrers Dietwar:
    "Einige sind dem Herrn Christo und Seinem Testamente treulos geworden. Am 30. Mai erschlug das Wetter ein Weib, welches die erste gewesen war, welche von ihrem evangelischen Glauben abgefallen war. Und solche Gottesgerichte konnte man mehr sehen."
    Doch mit Gottes Hilfe allein können die Protestanten den Krieg nicht gewinnen. Erst kommen ihnen die Dänen zur Hilfe, und als auch das nicht hilft: die Schweden.
    Bet, Kinder, bet.
    Morgen kommt der Schwed.
    Morgen kommt der Oxenstern,
    der wird die Kinder beten lehr'n.
    Bet, Kinder, bet.
    1630: Dass die Schweden in den Krieg eingreifen würden, hatte sich für Schumacher Heberle schon angekündigt:
    "In folgender Nacht hat Gott ein großes Wunder an den Himmel gestellt, und es ist geschehen den evangelischen Bürgern zum besonderen Trost. Denn in selbiger Nacht sieht man am Himmel ein großes Kriegsheer ziehen, und vorher ein gewaltiger Reiter mit einem bloßen glänzenden Schwert, welcher sein Kriegsvolk führt."
    Schwedenkönig Gustav Adolf als Heilsbringer der Protestanten.
    "In diesem Jahr stand es übel um die evangelische Religion an allen Orten, und wenn der König aus Schweden dem Kaiser mit Krieg nicht widerstanden hätte, so wäre es um die deutschen Fürsten geschehen gewesen. Aber Gott, der alles enden und wenden kann, der selbige hat den in Gruben gefällt, der sie gegraben hat."
    Der Tod des schwedischen Königs Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen (1632)
    Der Tod des schwedischen Königs Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen (1632) (imago)
    Zunächst sieht es tatsächlich so aus, als würde der Krieg sich mit den Schweden zugunsten der Protestanten wenden. Doch Gustav Adolfs Armee kann nicht überall sein, nicht allen Protestanten helfen – etwa denen in Magdeburg, das von den Truppen des katholischen Kaisers Ferdinand belagert wird. Es ist Mai im Jahr 1631.
    Schumacher Heberle: "Der Kaiser hat Magdeburg eingenommen und zugrunde gerichtet, vertilgt, verheert. Die Stadt ist in wenigen Stunden in Asche gelegt worden, in welcher viele Tausend Menschen durch Feuer und Schwert zugrunde gegangen."
    "Es wird die Zeit kommen, in welcher von allem, was ihr seht, nicht ein Stein auf dem anderen gelassen wird, der nicht zerbrochen werde."
    Die "Magdeburger Hochzeit". Ein Euphemismus, der wohl schon erfunden wird, als das Grauen geschieht. Die kaiserlichen Söldner töten in wenigen Tagen 25 000 Menschen.
    "Gott verleihe ihnen eine fröhliche Auferstehung, amen."
    Töten, Plündern, Vergewaltigen - das gehört zum Beruf
    Sie vergewaltigen, brennen Häuser nieder, plündern. Die Kriegsbeute ist Teil ihres Söldnerlohns. Über die Truppen des kaiserlichen Generals Pappenheim heißt es in einer zeitgenössischen Chronik:
    "Das Pappenheimische Volk hat niedergehauen Weiber und kleine Kinder, auch schwangere Weiber in Häusern und Kirchen."
    "Weh aber den Schwangeren und Säugerinnen in den selbigen Tagen. Sie werden fallen durch des Schwertes Schärfe."
    Papst Urban VIII. bezeichnet die Eroberung Magdeburgs als "Vernichtung des Ketzernestes". General Pappenheim fasst das Geschehen so zusammen:
    "Es ist gewiss seit der Zerstörung Jerusalems kein gräulicheres Werk und Strafe Gottes gesehen worden. All unsere Soldaten sind reich geworden. Gott mit uns."
    An der Eroberung Magdeburgs ist auch der katholische Söldner Peter Hagendorf beteiligt. Er schreibt in seinem Tagebuch:
    "Ist mir doch von Herzen leid gewesen, dass die Stadt so schrecklich gebrannt hat, wegen der schönen Stadt und weil es meines Vaterlandes ist."
    Um die Stadt trauert der Söldner, mit den Menschen hat er offenbar kein Mitleid. Töten, plündern, vergewaltigen, das gehört zu seinem Beruf.
    "Landshut haben wir beschossen und mit stürmender Hand eingenommen. Hier sind wir 8 Tage stillgelegen, haben die Stadt ausgeplündert. Hier habe ich als meine Beute ein hübsches Mädchen bekommen und 12 Taler an Geld."
    Sobald die Bürger schlafen und ruhen in der Nacht,
    brechen wir in die Häuser und stehlen große Tracht;
    frisch auf, Soldat, frisch auf, Soldat,
    Gott geb' zu stehlen früh und spat.
    Peter Hagendorf stammt vermutlich aus dem Rheinland*, ist vielleicht der Sohn eines Müllers, kann lesen und schreiben. Er lässt sich als junger Mann in Italien für den Krieg anwerben; kämpft erst gegen den Kaiser, dann zwei Jahrzehnte für ihn – mit kurzer Unterbrechung, als die Schweden ihn zwangsrekrutieren. Als Söldner zieht Hagendorf durch halb Mitteleuropa: insgesamt 25 000 Kilometer. Nur selten sind Schlachten zu schlagen. Der Dreißigjährige Krieg bedeutet vor allem: verwüsten und aushungern. Das gilt für alle Kriegsparteien:
    "In Colmar sind wir im Feld gelegen zur besten Erntezeit. Haben den Bewohnern das ganze Getreide um die Stadt herum verdorben durch Schneiden, Mähen, Reiten und Brennen."
    "Wir sind doch nunmehr ganz / ja mehr denn ganz verheeret!
    Der frechen Völker Schar / die rasende Posaun
    Das vom Blut fette Schwert / die donnernde Carthaun /
    Hat aller Schweiß / und Fleiß / und Vorrat aufgezehret.
    Die Türme stehn in Glut / die Kirch ist umgekehret."
    "Lüttich hat 300 Kirchen und Klöster, 18 Städte und 1 800 Dörfer. Die haben wir meistenteils alle geplündert oder ausgeraubt."
    "Das Rathaus liegt im Graus / die Starken sind zerhaun /
    Die Jungfern sind geschänd’t / und wo wir hin nur schaun
    Ist Feuer / Pest / und Tod / der Herz und Geist durchfähret."
    "Den 4. Juli sind wir an die französische Grenze gekommen und an einem Schloss vorübergezogen. Darin sind 7 Bauern gewesen, die haben sich gegen die ganze Armee gewehrt. Also haben wir das Schloss angezündet und samt den Bauern verbrannt."
    "Hier durch die Schantz und Stadt / rinnt allzeit frisches Blut.
    Dreimal sind schon sechs Jahr / als unser Ströme Flut /
    Von Leichen fast verstopft / sich langsam fort gedrungen.
    Doch schweig ich noch von dem / was ärger als der Tod /
    Was grimmer denn die Pest / und Glut und Hungersnot
    Dass auch der Seelen Schatz / so vielen abgezwungen."
    Andreas Gryphius, "Thränen des Vaterlandes / Anno 1636".
    Die Familie zieht mit in den Krieg
    Trotz seiner Taten: Auch der katholische** Söldner Peter Hagendorf weiß Gott auf seiner Seite:
    "Diesmal hat mich der Allmächtige sonderlich behütet, so dass ich dem lieben Gott höchlich dafür Zeit meines Lebens zu danken habe, denn mir ist kein Finger verletzt worden, da ansonsten kein einziger von allen, die wieder zum Regiment gekommen sind, ohne Schaden gewesen ist."
    Hagendorf ist im Krieg nicht allein unterwegs, sondern seine Familie zieht mit ihm – typisch für Söldner im Dreißigjährigen Krieg.
    "Das Weib samt dem Kind und Pferd sind zurück verblieben. Nach 14 Tagen bin ich wieder hin, habe sie geholt. Da hat sie ebenso wenig gehen können als zuvor, doch habe ich sie auf dem Pferd geführt. Bin hergezogen wie Joseph in Ägypten reist."
    "Und er stand auf und nahm das Kindlein und seine Mutter zu sich bei der Nacht und entwich nach Ägyptenland."
    Peter Hagendorf zeigt sich bibelfest – und schicksalsergeben: Seine erste Ehefrau und acht seiner Kinder sterben.
    "Das Kind ist ihr aber unterwegs gestorben, und mein Weib ist nach etlichen Tagen auch gestorben zu München im Spital. Gott verleihe ihr samt dem Kind und allen ihren Kindern eine fröhliche Auferstehung, amen."
    Die Schwachen und Schutzlosen haben unter dem Krieg besonders zu leiden. Etwa die jüdische Bevölkerung, die oft besonders drangsaliert wird. Auch die Hexenverfolgung, die zumeist gesellschaftliche Außenseiter trifft, erreicht im Dreißigjährigen Krieg einen Höhepunkt.
    "In Lippstadt gibt es gutes altes Bier und auch böse Leute. Ich habe ihrer 7 verbrennen gesehen. Darunter ist sogar ein schönes Mädelein gewesen von 18 Jahren, aber sie ist doch verbrannt worden." Schreibt der Söldner Hagendorf.
    Doch nicht nur die Schwachen sterben. Der Krieg fordert auch die Leben der Mächtigen: etwa der katholischen Feldherren Pappenheim, Wallenstein und Tilly – und des Schwedenkönigs Gustav Adolf.
    "Gud förläna honom en glad uppståndelse, amen."
    Der Krieg kennt keine Konfession
    Als auch die Schweden sich Kaiser und Katholiken geschlagen geben müssen, greift Frankreich offen in den Krieg ein. Jetzt ist es endgültig kein Konfessionskrieg mehr: das katholische Frankreich und das evangelische Schweden gegen die deutschen Katholiken – und teils auch Protestanten. Die Bevölkerungen und Armeen sind ohnehin zumeist konfessionell gemischt.
    Beide Konfessionen schaffen sich ihre Märtyrer. Wie Liborius Wagner. Als Student konvertiert er zum Katholizismus und wird - unter dem Einfluss von Jesuiten - zum Priester. Dann nehmen ihn in Mainfranken schwedische Truppen gefangen. Sie werfen ihm vor, vom wahren evangelischen Glauben abgefallen zu sein. Wagner soll dem Papst abschwören und wird fünf Tage lang gefoltert, von deutschen Söldnern der schwedischen Armee.
    "Ich lebe, leide und sterbe päpstlich-katholisch."
    Wagners Leiche wird nackt in den Main geworfen. Schon bald wird er von Katholiken als Märtyrer verehrt.
    "Gott verleihe ihm eine fröhliche Auferstehung, amen."
    Der wohl bekannteste evangelische Märtyrer des Dreißigjährigen Krieges ist der Pfarrer Georg Wölflin aus Nürtingen in Württemberg. Er sucht in einer Kirche Schutz vor spanischen Söldnern. Wölflin versucht, mit einer Bibel in der Hand die Gegner abzuwehren. Ohne Erfolg. Die Bibel wird schnell bekannt als Nürtinger Blutbibel, denn eine Bibelseite wird vom Blut des sterbenden Pfarrers befleckt. Was dort geschrieben steht, unter dem Blut in einem Paulusbrief, das deuten Protestanten als göttliches Zeichen:
    "Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten."
    Die Gewaltwirtschaft des Krieges macht zumeist keinen Unterschied zwischen den Konfessionen. Die Söldner wollen satt werden und es warm haben. Sie erpressen Nahrung und Unterkunft von der Bevölkerung – egal ob evangelisch oder katholisch.
    "In manchem Dorfe haben fünf, sechs Regimenter gelegen, in manchem kleinen Bauernhaus eine ganze Kompanie. Die haben wie die Raupen alles beschmutzt, aufgefressen, verfüttert, verwüstet und vernichtet."
    Das notiert Volkmar Happe, ein Hofrat aus Nordthüringen. Der evangelische Schuster Hans Heberle ist von seinen schwedischen Glaubensbrüdern bald herbe enttäuscht:
    "Weil wir die Schweden aber für keinen Feind hielten und wir auch von der Obrigkeit nicht gewarnt wurden, hatten wir alles beieinander, Ross und Vieh und alle Hausgeräte, all unsere Armut."
    Die Schweden sind gekommen
    haben alles mitgenommen
    "Da fallen sie uns in das Land, plündern uns alle aus, Ross und Vieh, Brot, Mehl, Salz, Schmalz, Tuch, Leinen, Kleider und all unsere Armut."
    Haben´s Fenster eingeschlagen
    Haben´s Blei davon getragen
    "Sie haben die Leute übel geschlagen, etliche erschossen, erstochen und zu Tode geschlagen."
    Haben Kugeln daraus gegossen
    Und die Bauern erschossen
    "Herzliebster Jesu Christ, was hast du verbrochen?"
    Der Krieg kennt keine Konfession. Auch ein katholisches Kloster ist vor katholischen Truppen nicht sicher. Das berichtet Klara Staiger in ihrem Tagebuch. Sie ist Priorin des Klosters Marienstein bei Eichstätt in Oberbayern.
    "Anno 1632 kommt die wohlverdiente Strafe Gottes noch stärker wird von den kaiserischen Soldaten unser Tempelhof geplündert und fünf Pferde hingeritten."
    Mehrfach wird das Kloster in den Kriegsjahren heimgesucht, von "Freund und Feind", wie Klara Staiger schreibt. Die Nonnen flüchten immer wieder, etwa nach Ingolstadt.
    "Täglich konventlich beten wir für unser liebes Stift Eichstätt und Kriegsvolk, dass ihnen Gott wolle glücklichen Sieg geben."
    Trotz des Leides, das auch die katholischen Truppen über das Kloster bringen: Klara Staiger hält Gott und Kaiser die Treue.
    Niemand hat gewonnen
    1648. Der Westfälische Frieden von Osnabrück und Münster. Niemand hat gewonnen nach dreißig Jahren Krieg. Rund 20 Prozent der Bevölkerung haben ihr Leben verloren.
    "Es sei ein Christlicher / allgemeiner / immerwährender Friede / und wahre / aufrichtige Freundschaft"
    So steht es im Friedensvertrag. Trotz der Nachricht vom Frieden steckt den Menschen das Grauen in den Knochen.
    "Sie haben den Leuten die Zungen, Nasen und Ohren abgeschnitten, die Augen ausgestochen, ihnen Nägel in die Köpfe und Füße geschlagen, heißes Pech, Zinn, Blei und allerhand Unflat durch die Ohren, Nasen und den Mund in den Leib gegossen, die Kinder gesäbelt, gespießt und in den Backöfen gebraten. Gnadenreicher Himmel, sind das Menschen gewesen, die sich in dieser Art betragen konnten? Oder waren es Teufel aus dem innersten Schlund der Hölle? Als ob wir von Gott vollkommen vergessen und verlassen wären."
    Das notiert Martin Bötzinger, ein evangelischer Pfarrer aus Thüringen. Er hält auch fest, was die Landbevölkerung ihm zu sagen hat:
    "Sprecht nicht von Gott, Herr Pfarrer, denn ihr versteht nichts von solchen Sachen! Euer Gott, von dem ihr immer geredet habt, der ist tot für uns, wir müssen sehen, wo wir einen neuen herkriegen, einen, der solchen Dingen wehrt und mit Pech und Schwefel dazwischenfährt!"
    Maikäfer flieg.
    Der Vater ist im Krieg.
    Die Mutter ist im Pulverland,
    Pulverland ist abgebrannt.
    Maikäfer flieg.
    *Neuste Forschungsergebnisse haben diese lange bestehende wissenschaftliche Annahme korrigiert und gehen nun davon aus, dass Peter Hagendorf aus dem Fürstentum Anhalt-Zerbst stammte.
    **Hagendorf kämpfte zwar fast ausschließlich für die kaiserlich-katholische Kriegspartei, aufgrund seiner Herkunft aus Anhalt-Zerbst und diverser Aussagen gilt nun jedoch als sehr wahrscheinlich, dass er zeitlebens evangelisch war und blieb.