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Religion und Musik im Irak
"Eine Rakete darfst du tragen, aber keine Oud"

Ali al-Abdali gilt als einer der besten Oud-Bauer Arabiens. Die Lauten, die er in seiner kleinen Werkstatt in Bagdad fertigt, sind legendär – und vor allem in der Golf-Region gefragt. In al-Abdalis Heimat Irak dagegen kauft kaum noch jemand seine Instrumente – aus religiösen Gründen.

Von Carsten Kühntopp | 26.12.2018
    (180915) -- BAGHDAD, Sept. 15, 2018 -- Ali al-Abdali, an owner of a lute manufacturing workshop, makes lute in Rasheed Street in downtown Baghdad, Iraq on Aug. 26, 2018. TO GO WITH Feature: Lute manufacturing in Baghdad resists extinction )(axy) IRAQ-BAGHDAD-LUTE MAKING KhalilxDawood PUBLICATIONxNOTxINxCHN
    Gilt als einer der besten Oud-Bauer der Arabischen Welt: Ali al-Abdali in seiner Werkstadt in Bagdad (imago stock&people/Khalil Dawood )
    Die Oud - für Ali al-Abdali das arabischste aller Instrumente. Er nennt sie die tragende Säule der arabischen Kunst, die Seele des Saiteninstruments sei "rein orientalisch". "Was meine Arbeit von der Arbeit anderer unterscheidet, ist der Klang. Ich will euch diesen Klang hören lassen."
    Auf seinem Handy spielt Abdali eine Aufnahme vor, zu hören ist eine Oud, die er gebaut hat. Wie eigentlich alle Lauten-Bauer kann auch er das Instrument nicht spielen. "Manche Leute entfernen mein Markenzeichen von einer Oud. Trotzdem erkenne ich meine Instrumente wieder. Ich sage dann, sie sollen den Körper öffnen, denn sie werden drinnen meinen Namen finden. Ich erkenne meine Lauten an ihrem Klang und an ihrem Aussehen."
    Nur die besten Hölzer
    Als Abdali zehn war, zeigte ihm sein Vater, wie man eine Oud baut. Nach dessen Tod übernahm er den Betrieb. Mittlerweile gilt Abdali, 48, als einer der ganz Großen seiner Zunft, als einer der besten Oud-Bauer der Arabischen Welt.
    Mit Sandpapier schmirgelt Abdali den Körper einer Oud. Seine Werkstatt liegt in der Altstadt von Bagdad. Winzig wirkt sie auch deshalb, weil Abdali groß und kräftig ist, wie ein Bär. In der einen Ecke hängen Instrumente, an denen er derzeit arbeitet, in der anderen stapeln sich Hölzer.
    "Ich benutze in erster Linie indischen Palisander, Kokosnuss, Sandelholz, Zitrusholz, Zedernholz – etwa sechs verschiedene Sorten, die teuer sind. Andere nehmen billigere Sorten, ich nicht. Palisander und Nuss geben einen zehn Mal besseren Ton, als andere Hölzer. Bei schlechteren Hölzern verliert der Klang um fünf oder zehn Prozent. Und die erste Wahl eines Holzes klingt immer besser, als die dritte oder vierte Wahl."
    "Die Oud ist jetzt tabu"
    Abdalis prächtigste Instrumente, mit wunderschönen Intarsien, kosten bis zu 3.000, einfachere bis zu 500 Dollar. Soeben hat er eine Oud fertiggestellt, die der Verteidigungsminister von Bahrain bei ihm in Auftrag gab. - Was Abdali betrübt: Heutzutage kommen fast alle Bestellungen aus der Golf-Region und kaum noch aus dem Irak. Seine Landsleute wollten mit Musik nichts mehr zu tun haben.
    "Eine Rakete darfst du tragen, aber keine Oud. Die Oud ist jetzt tabu. Die Religion hat die irakische Straße fest im Griff. Alle sprechen im Namen der Religion und haben dieses Instrument verboten. Für sie ist die Oud tabu – eine Sünde, die dich vom Beten ablenkt."