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Rentenpläne
Zwei Milliarden mehr und viel Kritik

Für das von Bundesarbeitsministerin Nahles vorgelegte Rentenpaket wird der Bund mehrere Milliarden Euro in die Hand nehmen. Dafür gibt's verbesserte Mütterrenten, abschlagsfreie Renten ab 63, mehr Geld für Reha-Leistungen - und eine Menge Kritik von der Opposition.

Von Theo Geers | 16.01.2014
    Es kommt ganz schnell und es wird teuer – das Rentenpaket der Großen Koalition. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles drückt aufs Tempo, will sicherstellen, dass alles ab 1. Juli in Kraft tritt. Teuerste Einzelmaßnahme – die höheren Mütterrenten. Pro Kind, das vor 1992 geboren wurde, gibt es künftig einen Rentenpunkt mehr. Heißt in Euro gut 28 Euro mehr Rente im Westen und knapp 26 Euro in Ostdeutschland. Freuen können sich darüber rund 9,5 Mio. Frauen, die allerdings etwas Geduld aufbringen müssen: Viele werden die höhere Rente erst ab Herbst oder noch später auf dem Konto sehen, gezahlt natürlich rückwirkend ab 1. Juli. Die Mütterrente ist ein Vorhaben von CDU und CSU, fast euphorisch daher die Reaktion von Peter Weiß, dem Vorsitzenden der Arbeitnehmergruppe in der Union, heute im Bundestag:
    "Ich finde dass die Väter und Mütter, die Kinder groß gezogen haben, die in Zukunft die Rente mit ihren Beiträgen sichern, zu Recht eine bessere Anerkennung von Kindererziehungszeiten in den Renten erwarten können und bin froh, dass wir das jetzt machen."
    Abschlagsfreie Rente 45 eingezahlte Jahre
    Teil Zwei des Rentenpakets ist die abschlagsfreie Rente für Arbeitnehmer, die 45 Jahre in die Rente eingezahlt haben. Wer so viele Jahre sich anrechnen lassen kann, für den gilt die Rente mit 67 nicht. Er kann heute mit 65 in Rente gehen, ab ersten Juli geht dies mit 63. Bis 2029 steigt dieses Einstiegsalter allerdings um 2 Monate pro Rentnerjahrgang wieder an auf dann wieder 65 Jahre. Gefunden wurde auch eine Lösung für das Problem, wie Zeiten von Arbeitslosigkeit angerechnet werden. Die ursprünglich angedachte Höchstdauer von 5 Jahren bei solchen Zeiten ist vom Tisch. Stattdessen werden jetzt alle Zeiten berücksichtigt, in denen entweder Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, Insolvenzgeld und Schlechtwettergeld bezogen wurden. Zeiten, in denen die frühere Arbeitslosenhilfe oder heute Hartz IV bezogen werden, zählen dagegen nicht zu den 45 Beitragsjahren. Die Rente mit 63 bei 45 Beitragsjahren hat die SPD in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, die Gründe liegen für die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carola Reimann auf der Hand:
    "Es geht darum, Menschen die lange und hart gearbeitet haben, einen stabilen Übergang in die Rente zu ermöglichen, Menschen, die nach 45 Jahren ehrlicher und harter Arbeit nicht mehr können."
    Dieses "Nicht-mehr Können" gilt als Kriterium erst recht für die Erwerbsminderungsrenten. Wer aufgrund von Krankheit oder eines Unfalls vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden muss, wird künftig bessergestellt: Die Rente wird künftig so berechnet, als ob derjenige bis zum 62. Lebensjahr Beiträge gezahlt hat. Bisher lag diese Grenze bei 60. Das bringt im Schnitt 40 € mehr Rente im Monat. Trotz dieser Verbesserungen für Mütter, Arbeitnehmer und erwerbsgeminderte Arbeitnehmer reißt die Kritik an dem Rentenpaket nicht ab.
    Kritik trotz Verbesserungen
    "Dieses Paket kostet 60 Mrd. Euro bis zum Jahr 2020",
    … kritisiert nicht nur Karin Göring, die Fraktionsvorsitzende der Grünen. Tatsächlich wird das Rentenpaket zunächst aus den Reserven finanziert, auf denen die Rentenversicherung jetzt noch sitzt. Doch diese 31 Mrd. werden bis 2018 aufgebraucht sein. Weil das nicht reicht, haben Union und SPD bereits im Dezember durchgesetzt, dass der Rentenversicherungsbeitrag bei 18,9 Prozent bleibt. Eigentlich hätte er wegen der hohen Reserven sinken müssen. Union und SPD hoffen, diese 18,9 Prozent bis 2018 halten zu können. Ab 2019 soll dann der Rentenversicherungsbeitrag schrittweise steigen bis auf 22 Prozent im Jahr 2030. Zudem steigt auch der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt: Schon heute zahlt der Bund jährlich um die 81 Mrd. Euro in die Rentenkasse, ab 2019 steigt dies auf 83 Mrd.. Die ganze Finanzierung ist jedoch auf Kante genäht. Sollte es zu einem Konjunkturabschwung kommen, würden sich wegen der kommenden Mehrausausgaben sehr schnell große Löcher in der Rentenkasse auftun.