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Republik Moldau hat erneut die Wahl

Nach den ersten moldauischen Parlamentswahlen im April gab es schwere Proteste wegen möglicher Wahlfälschung. Nun geben die Moldauer erneut die Stimmzettel ab.

Von Robert Baag | 29.07.2009
    In Bild und Ton geht es schon mal zur Sache in diesem Wahlkampf, wird der verbale Säbel geschwungen, das elegantere Florett hat keine Chance.

    "Verrat, Provokation und Verantwortungslosigkeit","

    ... das sei das Wesen des Kommunismus, heißt es in diesem Fernsehspot der moldauischen Opposition, unterlegt mit Wochenschaubildern vom August 1939, die Sowjetdiktator Stalin und Hitlers Außenminister von Ribbentrop zeigen, wie sie gerade beschlossen haben, Ostmitteleuropa bald unter sich aufzuteilen. Ihnen, den Kommunisten, dürfe man die Republik Moldau, die Heimat nicht mehr ausliefern, appelliert der Clip an die Wähler dieser südwestlichsten ehemaligen Sowjetrepublik.

    Die Moldauer sollen heute schon zum zweiten Mal in diesem Jahr über die Zusammensetzung ihres Parlaments entscheiden. Nach der ersten Wahl, Anfang April, stellten die seit acht Jahren regierenden Kommunisten zwar erneut die stärkste Fraktion, doch es fehlt ihnen die entscheidende einzige Stimme mehr, um auch wieder das Amt des Staatspräsidenten besetzen zu können.

    Vlad Filat, Liberal-Demokrat und Sprecher einer von drei Oppositionsparteien, denen ungeachtet einer eher verschwommenen Programmatik durchaus echte Chancen auf einen Wiedereinzug eingeräumt werden, gibt sich zuversichtlich. Interne Umfragen hätten gezeigt, sagt er, dass die Stimmen für die dezidiert pro-europäisch und eher antirussisch ausgerichtete Opposition diesmal insgesamt zur Mehrheit ausreichten. Beobachter halten dies allerdings für Zweckoptimismus. Denn die Basis der Kommunisten sei die Provinz, sei die Landbevölkerung, seien die Rentner, von denen nicht wenige den sowjetischen Zeiten hinterhertrauerten. Die Jugend dagegen, die Intelligenz, konzentriere sich vor allem in der Hauptstadt Chisinau. Viele von ihnen leben und arbeiten inzwischen allerdings im Ausland, nicht zuletzt, um so ihre Familien in der Armutsrepublik Moldau zu unterstützen - offizieller Monatsdurchschnittslohn dort: 170 Euro.

    Dass sich im Verlauf der mehrjährigen Herrschaft der moldauischen Kommunisten, die mit Marx, Engels und Lenin schon lange nichts mehr am Hut haben, sondern lieber einen recht robusten Kapitalismus praktizieren, einiges Unmutspotenzial angehäuft hat, das haben sie spätestens nach der Aprilwahl überrascht zur Kenntnis nehmen müssen. Unvermittelt stürmten Schüler und Studenten mit rumänischen und EU-Flaggen das Parlamentsgebäude sowie die Residenz von Präsident Voronin, um gegen vermeintliche Wahlfälschungen zu protestieren. Bei den schweren Unruhen soll es mindestens drei Tote gegeben haben. Zahlreiche Verletzte sind zu beklagen. Der russische Politologe Stanislav Belkovskij:

    ""Was in der Republik Moldau vor sich geht, illustriert die Müdigkeit der Menschen mit dem klassisch postsowjetischen Modell, wenn die Korruption nicht nur mit der Bürokratie verbunden ist, sondern auch mit dem politischen Milieu, und wenn die führende Kraft im Land - hier die Kommunisten - glauben, sie könnten ewig regieren."

    Die moldauische KP habe bei den Wahlen heute ganz gute Chancen, meint hingegen der russische Duma-Abgeordnete Konstantin Zatulin im Sender "Echo Moskvy". Aber festzuhalten bleibe doch, dass die prowestliche Opposition auf ausländische Unterstützung, auf Hilfe aus Rumänien zählen könne. Sonst - so ist er überzeugt - würde sie sich nicht so selbstsicher benehmen. Der kommunistische Staatspräsident Voronin, der zwar sein Land vor kurzem in die von der EU initiierte so genannte "Östliche Partnerschaft" aufnehmen ließ, setzt seinerseits demonstrativ auf die Zusammenarbeit mit Moskau. Nach den Aprilunruhen dankt er aus ausdrücklich dem russischen Präsidenten Medvedev für dessen Unterstützung und Zuspruch. Voronin weiß, dass viele Menschen in der Republik Moldau eines ganz sicher nicht wollen - eine Neuauflage der bürgerkriegsähnlichen Szenen aus dem Frühjahr. Also gibt er sich betont landesväterlich und erinnert seine Moldauer an offenbar abschreckende Verhältnisse in einem Nachbarland:

    "Wir sehen doch alle zusammen und über all die Jahre, wohin diese ewigen, permanenten Wahlen in der Ukraine führen. Und das wollen wir doch nicht, dass diese Krankheit auf uns übergreift und wir dauernd Wahlkampf haben."