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Ressourcennutzung von Unternehmen
Energie und Rohstoffe sparen

Kosten senken, umweltfreundlicher und unabhängiger von Rohstoffimporten werden - das sind die Ziele der Industrie in puncto Umgang mit Ressourcen. Und je größer der Druck, effizient mit ihnen umzugehen, desto erfinderischer werden Unternehmen. Experten sehen dennoch viel Luft nach oben.

Von Thomas Wagner | 19.10.2017
    Abbau seltener Erden in der ostchinesischen Provinz Jiangsu.
    Abbau in der ostchinesischen Provinz Jiangsu: Manche Rohstoffe werden nur in wenigen Ländern gefördert, etwa die sogenannten "seltenen Erden" (pa/dpa/Imaginechina)
    Reinigungsmittel! Ausgerechnet Reinigungsmittel - mit, wie der Laie glaubt, ganz viel ätzender Chemie drin. Und trotzdem:
    "Die Chemie, die wir verwenden, ist biologisch abbaubar. Wir vermeiden Mineralöl, wir vermeiden alles, was ökologisch problematisch sein kann, sofern es geht. Und da sind wir zum Teil erst auf dem Weg."
    So Timothy Glaz vom Hersteller Werner & Mertz. Dass das, was drin ist in den Putz- und Scheuermitteln, umweltverträglich sein soll, ist das eine. Dasselbe gilt für das, wo wiederum die Putz- und Scheuermittel drin sind.
    "Also Ressourcenschonung ist bei uns natürlich im Bereich Verpackung: Da verwenden wir Verpackungen aus Recyclat. Das heißt: Das ist hergestellt aus Altkunststoff. Wir schauen da insbesondere auf Quellen, die anderweitig nicht genutzt werden, beispielsweise auf haushaltsnahe Sacksammlungen."
    Ressourcenschonung wird für Unternehmen wichtiger
    Ressourcenschonend arbeiten - das ist für Unternehmen alles andere als ein Selbstzweck: Zum einen achten immer mehr Kunden auf rohstoffarme Herstellungsprozesse, so Timothy Glaz:
    "Das versteht der Verbraucher mittlerweile sehr wohl."
    Zum anderen gelten ressourcenschonende Produktionsverfahren immer mehr als Wechsel auf eine Zukunft ohne Engpässe. Davon jedenfalls ist Franz Untersteller, grüner Umweltminister in Baden-Württemberg, felsenfest überzeugt:
    "Es wird an Bedeutung gewinnen, aus mehreren Gründen: Die Materialkosten liegen häufig bei 40, 45 Prozent - und das in einer Welt, in der manche Ressourcen knapper werden, in der wir volatile Preise bei vielen Rohstoffen erleben, bei denen manche Rohstoffe eine strategische Bedeutung haben, siehe nur manche der sogenannten "seltenen Erden", die nur in China oder in Asien, also nur in ein, zwei Ländern gefördert werden. Und dann kommt noch hinzu. Unsere Welt wird, wie wir in den letzten Monaten gesehen haben, nicht sichererer, sondern in weiten Teilen unsicherer. Das heißt: Es geht auch um die Frage von "unabhängiger werden" von Rohstoffimporten. Es geht auch darum, einen Beitrag mit zu leisten, dass nicht noch im letzten Winkel unserer Erde nach Rohstoffen gebuddelt werden muss."
    Not macht erfinderisch
    Hinzu komme, so Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller, ein weiteres: Je größer der Druck, sparsam mit Ressourcen umzugehen, desto höher die Innovationskraft eines Unternehmens. Beispiel: Energiewirtschaft.
    "Fakt ist: Wir haben mit die höchsten Strompreise neben Dänemark und den skandinavischen Ländern. Und das andere Beispiel ist Frankreich. Die Gründe lassen wir mal beiseite, weshalb die Strompreise in Frankreich so niedrig sind."
    Was zunächst nach einem handfesten Nachteil für die deutsche Wirtschaft aussieht. Doch die Not höherer Strompreise macht erfinderisch.
    "In der Vergangenheit haben wir erlebt, dass die höheren Strompreise zur Folge hatten, dass in vielen Unternehmen das Thema "Energieeffizienz" eine viel größere Rolle gespielt hat. Das heißt: Die Unternehmen gehen hin und nutzen die höheren Strompreise dann auch, um effizienter zu werden in diesem Sektor."
    Indem sie neue Technologien zur Energieeinsparung entwickeln. Will heißen: Der Druck zum sparsamen Umgang mit Ressourcen beflügelt demnach die Innovationsfreudigkeit ganzer Branchen und führt, so Innovationsforscherin Professor Katharina Hölzle von der Universität Potsdam, dazu,
    "dass sich ganz neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle entwickeln. Weil wir weiterdenken. Weil wir neue Materialien nutzen. Weil wir Prozesse so umgestalten, dass wir sie auch anders nutzen, weil wir auch Ressourcen anders einsetzen."
    Beispiel: Kapseln für Kaffee-Pads kommen mittlerweile ohne Aluminium aus. Stattdessen werden kompostierbare Materialien verwendet.
    "Dann können wir natürlich weiterdenken und uns fragen: Wo können wir das noch einsetzen, wo wir heute Aluminium einsetzen? Wir können da vielleicht kompostierbare Materialien entwickeln? Wo können wir das noch anwenden?"
    Noch Luft nach oben bei Recycling-Quoten
    Solche Fragen - und die Antworten darauf - werden in den kommenden Jahren europaweit enorm an Bedeutung gewinnen:
    "Es ist so, dass wir auf der EU-Ebene deutliche Veränderungen erwarten können insofern, als dass es das Abfallwirtschaftspaket gibt und sich die Länder danach einrichten müssen."
    Was, so Martin Kranert, Professor für Abfallwirtschaft an der Universität Stuttgart, den Druck hin zu mehr Ressourceneffizienz nochmals steigern wird. Macht aber nichts. Denn: Luft nach oben sei noch reichlich vorhanden.
    "Es ist so, dass wir einfach versuchen müssen, höhere Recycling-Quoten zu erreichen. Ich würde sagen, 30 bis 40 Prozent mehr kann man schon erwarten, dass hier noch möglich ist. Es bedeutet natürlich entsprechende Anstrengungen."