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Rettungspaket mit Risiken

Griechenland bekommt weitere Rettungsgelder. Doch auch nach den Brüsseler Beschlüssen von der Nacht von Montag auf Dienstag herrscht wenig Euphorie. Auch die Niederlande sind skeptisch - und stellen klar: Ein drittes Rettungspaket für Athen wird es mit ihnen nicht geben.

Von Ludger Kazmierczak | 22.02.2012
    Dass sich die Finanzminister der 17 Euroländer auf ein zweites Rettungspaket für Griechenland verständigt haben, ist für Hollands Schatzmeister Jan Kees de Jager kein Grund zum Jubeln. Das Hilfspaket bleibe ein Programm mit Risiken, meint der Christdemokrat. Ob das Land die Staatspleite tatsächlich abwenden könne, hänge ganz allein von den Griechen selbst ab, sagte de Jager nach dem Brüsseler Sitzungsmarathon in der Nacht von Montag auf Dienstag.

    "Wenn Griechenland, und das ist wirklich ganz allein eine Sache der Griechen, wenn Griechenland alles tut, um die Vorgaben umzusetzen und die Parlamente dem zustimmen, dann wird damit zweifelsohne ein Bankrott abgewendet – zumindest für die Dauer des Hilfsprogrammes."

    Die niederländische Regierung bleibt skeptisch. Sie ist nicht bereit, Griechenland um jeden Preis in der Eurozone zu halten. De Jager war daher mit einer Reihe von Bedingungen in die Verhandlungen der Finanzminister gegangen. Und in wichtigen Punkten konnte er sich durchsetzen: Es wird ein Treuhandkonto eingerichtet, das sicherstellt, dass Athen die Schulden abbezahlt und das Geld aus dem Rettungsfonds nicht für andere Dinge ausgibt. Außerdem wird eine Task-Force aus Mitgliedern der EU-Kommission, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank permanent überwachen, ob die Griechen alle Zusagen tatsächlich einhalten. Das Land, so Jan Kees de Jager, stehe unter permanenter Beobachtung.

    "Griechenland bleibt natürlich ein unabhängiger Staat. Man kann das Land also nicht behandeln wie ein Unternehmen, aber es wird sich einer sehr strengen Kontrolle unterziehen müssen – viel strenger, als sie beim IWF üblich ist."

    Die Griechen müssten nun schnell ihre Hausaufgaben machen und die angemahnten Reformen auf den Weg bringen, fordert de Jager. Die Entscheidung der EU-Finanzminister bedeute noch nicht zwangsläufig das Ende der griechischen Tragödie.

    Bei allem Verständnis für den harten Kurs einiger Länder, warnt der Nimweger Professor für Entwicklungszusammenarbeit, Paul Hoebink, vor allzu drastischen Maßnahmen. Europa laufe sonst Gefahr, die Griechen zu provozieren und Vertrauen zu verspielen, sagt er.

    "Man sollte aufpassen, das Land nicht völlig auszuziehen. Die Griechen müssen auch irgendwo Licht am Ende des Tunnels sehen können, sodass die Konsumenten wieder Vertrauen kriegen und investieren, Geld ausgeben. Der Internationale Währungsfonds muss also auch dafür sorgen, dass nach einer kurzen Phase der Rezession wieder Wachstum entsteht."

    Die Hoffnungen auf eine baldige Rückkehr zum Wirtschaftswachstum bezeichnet Carsten Brzeski, ein Ökonom der niederländischen ING-Bank als "wishful thinking" – als Wunschdenken. Die angekündigten Sparmaßnahmen, die sozialen Unruhen im Land und die Ungeduld im Rest Europas können seiner Ansicht nach jederzeit dafür sorgen, dass die Lage sich verschlechtert. Der griechische Marathon, so Brzeski, sei de facto ein Hindernislauf mit offenem Ausgang.

    Dass insbesondere die Deutschen und die Niederländer sehr hohe Ansprüche an die Regierung in Athen stellen, haben die Griechen längst mitbekommen. Viele Politiker und Bürger fühlen sich durch Den Haag und Berlin erpresst oder gegängelt. Eine Kritik, die Finanzminister Jan Kees de Jager, nicht gelten lässt.

    "Das ist mir zu einfach und zu billig. Außerdem stimmt das nicht. Griechenland muss eine Reihe von Bedingungen erfüllen – das ist richtig - und ich weiß, dass das eine große Herausforderung ist. Und ich verstehe auch, dass die Regierung im eigenen Land etwas lauter herumbrüllt als in Brüssel. Aber die Griechen stehen in der Pflicht. Nicht Deutschland hat die Probleme in Griechenland verursacht und auch nicht Holland. Das waren in erster Linie die Griechen selbst und von dort müssen nun die Lösungen kommen."

    Das niederländische Parlament wird in der kommenden Woche über die Beschlüsse der EU-Finanzminister beraten. Jan Kees de Jager darf in der Zweiten Kammer wohl mit Rückendeckung rechnen. Aber so viel ist deutlich. Ein drittes Rettungspaket für Griechenland wird es sicher nicht geben – nicht mit Zustimmung der Niederländer.