Freitag, 22. September 2023

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Revisited Forum neuer Musik 2013
Bilder einer Ausstellung einer Ausstellung

In schnellem Takt wechseln Bilder der Völkerschauen um 1900 und der Unterdrückung der Afrikaner 100 Jahre danach. Saxofone und Schlagwerk improvisieren dazu, lenken den Blick. Komponist Alan Hilario verdeutlicht den kolonialen Blick auf die Welt und hält Distanz zur europäischen Musiktradition.

Am Mikrofon: Frank Kämpfer | 22.05.2021

    Zwischen Instrumenten stehen drei Musiker auf einer Bühne, hinter ihnen werden Fotos an die Wand projeziert.
    Das Set der Kölner Aufführung 2013 im Deutschlandfunk Kammermusiksaal (Deutschlandradio/ Thomas Kujawinski)
    Der philippinische Komponist Alan Hilario, Jahrgang 1967, zielt mit diesem, in Ohren und Augen gleichermaßen schmerzenden Event auf nichts Geringeres als den "kolonialen Blick", den er mit seiner Kunst bewusst machen will. Musikalische Basis ist der Schiller-Vers aus Beethovens "Neunter" – hier allerdings zum Morse-Rhythmus verfremdet.
    Hilarios Video-Text-Stück diskutiert zugleich Wirkmechanismen heutiger elektronischer Medien: Bilder des Schreckens werden ihrer Zusammenhänge entrissen und als ästhtisches Artefakt konsumiert. Ein weiteres Feld der Irritation ist für den Komponisten die vielgestaltige Welt der Perkussionsinstrumente: versammelt im Set der heutigen Neuen Musik, dokumentieren sie ihrerseits koloniale Geschichte.
    Hilarios Saxofon-Duo "White Rice" gründet auf Bachs Choral "Aus tiefer Noth schrei ich zu Dir", der hier mit Absicht verfälscht und laienhaft klingt und heutige Gier und Ungleichheit in der Welt thematisiert.
    Alan Hilario
    "Schöner Götterfunken! Bilder einer Ausstellung einer Ausstellung" (Ausschnitte)
    "White Rice - Gebrauchsmusik mit Haltbarkeitsdatum" (Ausschnitt)
    Mark Kysela, Saxofon
    Nikola Lutz, Saxofon
    Pascal Pons, Schlagwerk
    Alan Hilario, Live-Elektronik
    Aufnahmen vom 19. und 21. April 2013 im Deutschlandfunk Kammermusiksaal