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Robocup Junior 2018
Investition in die Zukunft

Roboter, die Fußball spielen, tanzen, durch Labyrinthe navigieren - die Roboterweltmeisterschaften „Robocup“ sollen Schülerinnen für Technik begeistern. Die Industrie braucht Nachwuchs. Wenn es um die Finanzierung engagierter Nachwuchstüftler geht, herrscht allerdings Zurückhaltung.

Von Christoph Richter | 03.05.2019
Der Roboter "Loch Ness" besteht aus einem Metallrahmen mit zahlreichen Kabeln und Computer-Chips.
Der Roboter Loch Ness tritt bei dem Roboterturnier „Robocup“ in der Kategorie „On Stage“ als Tänzer an. Gebaut haben ihn die Mitglieder der Computer AG der Anna-Seghers Gesamtschule in Berlin-Adlershof. (Deutschlandradio / Christoph Richter)
In einer großen Messehalle hocken Schülerinnen und Schüler konzentriert an Notebooks, löten Kabelverbindungen, nehmen letzte Programmierungen ihrer Roboter-Ungetüme vor.
Die 14-Jährige Marie Fischer von der Berliner Anna-Seghers Gesamtschule fachsimpelt mit ihren Freundinnen von der Roboter-AG. Funktionieren die Sensoren? Was macht die Bluetooth-Verbindung, fährt der Roboter in die richtige Richtung? Es geht um einen selbstgebauten Tanz-Roboter, mit dem sie an diesem Wochenende in Magdeburg beim Robocup um die Deutsche Meisterschaft kämpfen. Der Sieger darf zu WM nach Sydney fahren, die Chancen stehen nicht schlecht, erzählt Marie Fischer.
"Richtig gern würde ich noch Gesichtserkennung in den Roboter mit reinbauen, das wäre ein hohes Ziel. Und was echt cool wäre, wäre Emotionserkennung. Das hatte der Weltmeister vom letzten Jahr, das Team aus Japan."
Selbstgebaute Roboter von IT-Experten der Zukunft
Der Robocup ist sowas wie die U 18 Schüler-Meisterschaft in Robotik und Künstlicher Intelligenz. Die Jüngsten sind 12 Jahre alt, die Ältesten machen Abitur. Es sind die IT-Experten der Zukunft. Sie lassen lustige selbstkonstruierte Roboter Fußball spielen, in einem Labyrinth nach Opfern suchen oder tanzen. Marie erklärt, dass es um die künstlerische Interaktion zwischen Mensch und Maschine geht.
"Er ist Teil eines Theaterstücks. Er fährt und reagiert auf Menschen. Zum Beispiel habe ich einen Sensor an mir dran und wenn ich mich bewege, reagiert er darauf."
Seit der zweiten Klasse ist Marie Fischer von dem Roboter-Virus befallen erzählt sie lachend. Aber sie habe auch ihre Familie infiziert. Erst letztes Jahr waren sie alle zusammen bei den Roboter-Weltmeisterschaften in Kanada. Das sei alles ganz schön teuer erzählt Zolloberinspektor Fabian Fischer, der Vater von Marie.
"Weil, zum einen die Technik Geld kostet, die Reisen und die Anmeldegebühren zu den Wettkämpfen. Das ist man schnell bei mehreren tausend Euro. Das sind beträchtliche Summen."
Gefordert aber nicht unbedingt gefördert
10 bis 15.000 Euro brauche die Roboter AG im Jahr. Geld, dass man über Crowdfunding-Kampagnen und Spenden zusammensammle. Den MINT-Fächern wird heute geradezu eine Schlüsselfunktion zugesprochen. Denn es heißt, wenn man in die Bildung dieser Schulfächer großflächig investiere, würde es zukünftig um Deutschland gut stehen. Nachzulesen unter anderem im Positionspapier der Initiative "MINT Zukunft schaffen" aus der Feder der IT-Mittelstandsvereinigung, Schirmherrin ist die Bundeskanzlerin. Dennoch: Trotz der Schlagwörter wie 5G oder Smart-Technology finden junge Roboter-Cracks in Deutschlands Schulen kaum Unterstützung moniert. So habe man an der Berliner Anna-Seghers Gesamtschule an den Bundespräsidenten, den Regierenden Bürgermeister geschrieben und Bitt-Briefe an große Unternehmen verschickt: Die Resonanz war ernüchternd, sagt Fabian Fischer leicht resigniert.
"Wir haben uns an Microsoft gewendet, an Daimler-Benz gewendet, wir haben uns an Siemens gewendet. Firmen, wo man glaubte, die haben ein Interesse. Es gab leider keine Zusagen, es gab teilweise keine Antworten. Da kann man diese Sätze nicht mehr hören, das finden wir toll, das finden wir super. Es passiert einfach nichts. Wir wollen nur, dass sich die Mädchen weiterentwickeln."
Letztlich funktioniere das Ganze nur über privates Engagement. Das sich so wenige Unternehmen engagieren, stößt auch bei AG-Leiter Frank Splitt, dem Informatik-Lehrer auf Unverständnis. Er unterstützt die Roboter-Mädchen mit Geld aus seiner Privat-Schatulle, die Reisen zu den Wettkämpfen macht er unbezahlt. Der 36-Jährige Studienrat von der Anna-Seghers Gesamtschule in Berlin-Adlershof sieht den pädagogischen Nutzen.
Robotik als Schulfach
"Sie lernen sich zu organisieren, im Team zu arbeiten, sie lernen ein technisches Grundverständnis. Und dieses thinking out of the box: Also ich hab ein Problem, ich hab das Mittel nicht, wie können wir das Problem lösen, wie können wir improvisieren? Und auch zu lernen, die Kompetenzen und Stärken im Team zu verteilen."
Es sei beeindruckend, wie sie als Team funktionieren, ergänzt noch Lehrer Frank Splitt. Und würde sich in künftigen Lehrplänen ein Schulfach Robotik wünschen. Die 14-Jährige Marie Fischer ist derart begeistert, das sie auch später was mit Robotern machen will.
"Ja, eigentlich schon möchte ich in die Richtung gehen. Ich denke da an so einen Studiengang humanoide Robotik, sowas in etwa. Mit Programmieren. Genau so."