Dirk Müller: Ein Eiertanz ersten Ranges, dieses Gewürge ist ein Offenbarungseid, und das ist ein casus belli, ein Kriegsgrund. Das alles ist so deutlich gesagt und geschrieben worden. Die Urheber sind Peter Struck und Kurt Beck. Adressat ist die Union und damit eben auch die Große Koalition. Sehr große Unzufriedenheit, die sich da breit macht unter den führenden Sozialdemokraten, weil viele Politikfelder und Reformvorhaben angeblich nicht von der Stelle kommen und gegen die Absprachen verstoßen: Unternehmenssteuer, Erbschaftssteuer, Kinderbetreuung, Mindestlohn und jetzt auch wieder einmal die innere Sicherheit. In der Koalition hängt der Haussegen mächtig schief.
Am Telefon ist jetzt Norbert Röttgen, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion. Guten Morgen!
Norbert Röttgen: Guten Morgen!
Müller: Herr Röttgen, könnte die SPD nicht auch einmal Recht haben?
Röttgen: Ja, die Union hat die Weisheit nicht gepachtet. Den Anspruch haben wir nicht. Aber wir haben den Anspruch, dass es die Aufgabe der Koalition ist, Probleme zu lösen. Wenn man eine Große Koalition hat, ist man dazu in besonderer Weise verpflichtet, und darauf konzentriert sich auch die CDU in der Großen Koalition. Diese äußerlichen Lärmereien, die dort veranstaltet worden sind, sind ja jetzt auch schon wieder vorbei, wie man hört. Ich glaube, dass das Ausdruck einer gewissen Schwächephase der SPD ist, auch von innerparteilichem Druck, der mal abgelassen worden ist. Insofern ist das genau betrachtet ein Problem der SPD, das die Handlungsfähigkeit der Regierung in keiner Weise beeinträchtigt.
Müller: Wenn die SPD lediglich dann, wie Sie sagen, eine Schwächephase hat, das hat ja gerade mal so 30, 36 Stunden gedauert, dann ist sie ja doch ganz schön stark?
Röttgen: Das würde ich mir wünschen. Wir wünschen uns keinen schwachen Koalitionspartner, der sich permanent mit eigenen Problemen, mit der Wiederwahl von Vorsitzenden und Vorständen beschäftigen muss, sondern wir wollen ja eine gute, erfolgreiche Regierung. Das ist unsere Aufgabe, und der wollen wir uns widmen. Alle anderen Ablenkungen helfen auch den betroffenen Parteien nicht. Ich glaube auch, dass die SPD nicht gut beraten ist, jetzt schon in der Mitte der Legislaturperiode immer wieder mal sozusagen oppositionelle Gestik zu zeigen, sondern die Bürger erwarten doch, dass eine Regierungspartei regiert und nicht sich benimmt wie eine Oppositionspartei. Ich glaube das hat die SPD, wie Sie zutreffend sagen, dann auch nach eineinhalb Tagen bemerkt.
Müller: Herr Röttgen, wenn Sie schon so relativ moderat reagieren auf meine Frage, muss ich es noch mal versuchen. Wenn Sie denn jetzt Sozialdemokrat wären, wären Sie dann auch irritiert?
Röttgen: Ich muss die Fantasie jetzt am Morgen aufbringen, das zu tun. Wenn ich Sozialdemokrat wäre, würde ich wahrscheinlich das Gleiche sagen wie ich als Christdemokrat sage. Ich würde meiner Partei sagen, ihr seid doch in der Regierung, ihr seid doch da, um Aufgaben zu erledigen, ihr wollt auch dadurch stark werden, dass ihr sagt, wir leisten einen guten Politikbeitrag. Alles andere schwächt, steigert sozusagen die Schwächephase, beendet sie aber nicht.
Müller: Herr Röttgen, aber es ist ja nun auch, ich bin hier jetzt mal Anwalt der SPD, nicht ganz so einfach für den kleineren Koalitionspartner, wenn Sie mir das auf der Ebene gestatten. Da kommen Vorschläge aus den Unionsreihen, seien es jetzt einerseits Steuersenkungen, zum Zweiten aber auch eine großzügigere Familienpolitik, und dann muss der Finanzminister, und der ist nun einmal Sozialdemokrat, irgendwie klären, wie das gemacht werden könnte.
Röttgen: Vielleicht darf ich einen Punkt aufnehmen. Sie sagten, die SPD ist der kleinere Koalitionspartner. Sie ist ja fast gleich stark, aber Sie haben völlig Recht: Durch ihr Verhalten erweckt sie zunehmend den Eindruck, wir sind der große Partner und sie ist der kleine Partner. Es entsteht zunehmend der Eindruck einer kleinen Koalition im Verhalten der SPD. Das können wir auch noch so weit hinnehmen. Aber im Ernst: Frau von der Leyen hat in ihrem Ressort ein wichtiges Thema benannt, und ich sage Ihnen, es wird eine Lösung geben. Wir haben eine Unternehmenssteuerreform im Ressort Steinbrück verabschiedet. Die Probleme hat Herr Steinbrück in der eigenen Fraktion, der eigenen Partei. Aber ich sage Ihnen: Wir werden diese Unternehmenssteuerreform verabschieden.
Müller: Die Union steht nach wie vor dazu, ohne Wenn und Aber?
Röttgen: Wir wollen die Unternehmenssteuerreform. Sie ist jetzt im parlamentarischen Verfahren. Da kann auch noch über das eine oder andere gesprochen werden. Das ist der Sinn von parlamentarischen Verfahren. Aber diese Unternehmenssteuerreform wollen wir. Es wird auch neue Sicherheitsgesetze zur Terrorabwehr geben. Das wird es alles geben, und darum ist alles relativ viel Lärm um nichts.
Müller: Jetzt die Erbschaftssteuer. Da hat es jetzt Signale gegeben aus Reihen der Union, wer immer sich da auch nun zu Wort gemeldet ha im Konkreten t, der gesagt hat oder die gesagt haben, wir könnten uns auch vorstellen, dass das alles wegfällt. Unter anderem hat der Wirtschaftsminister so etwas in die Debatte gebracht. Das ist aber doch schon durchaus problematisch für einen Koalitionspartner, dies zu akzeptieren?
Röttgen: Da in der Großen Koalition immer gesagt worden ist, immer zu jedem Zeitpunkt, als Koalition steht fest, dass wir auch die Erbschaftssteuer reformieren, dass wir sie an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anpassen, sie dann aber reformieren und nicht abschaffen, war das Verhalten der Regierung dadurch nie in Frage gestellt. Es darf aber doch auch ein Wirtschaftsminister, auch Abgeordnete, die Frage aufwerfen, ob das eigentlich, wenn es nur nach ihm gehe, die richtige Option sei, oder ob es nicht besser sei, dieses Geld den Bürgern zurückzugeben. Die Frage darf man doch mal stellen. Innerhalb der SPD wird ja zehnfach gesagt, dass es auch zu einer Erhöhung dieser Steuer kommen wird. Auch dazu wird es nicht kommen, sondern es wird zu einer aufkommensneutralen verfassungskonformen Neugestaltung kommen.
Müller: Ist Michael Glos für die Geschenke da?
Röttgen: Es ist kein Geschenk. Die Bürger geben dem Staat, und nicht der Staat hat erst mal das Geld, und dann schenkt er es vielleicht großzügigerweise den Bürgern zurück, sondern wir haben eine ausgesprochen erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung, ausgesprochen erfolgreich. Und irgendwann muss es auch mal eine Rendite für die Bürger geben. Ich glaube, das Ende der Schuldenpolitik, keine neue Verschuldung, ausgeglichener Haushalt ist auch eine Form, die Rendite den Bürgern zurückzugeben, denn die Schulden von heute sind ja die Steuererhöhungen von morgen. Aber der Wirtschaftsminister darf auch seine Auffassung ausdrücken, wie er glaubt, dass Wirtschaftswachstum zu verstetigen ist, denn das ist doch die entscheidende Aufgabe. Wir haben jetzt eine sehr gute Phase. Sie ist auch kein Strohfeuer, sondern anhaltend. Aber wir müssen es verstetigen, und dazu macht sich der Wirtschaftsminister Gedanken, und das muss man auch ertragen können.
Müller: Jetzt könnte man aber sagen, Herr Röttgen, die Rendite von heute waren die Steuererhöhungen von gestern. So lange ist das ja noch nicht her.
Röttgen: Sie haben völlig recht. Darum haben wir als CDU und CSU auch im Bundestagswahlkampf gesagt, wer wirklich Ende von Verschuldungspolitik ernsthaft will, der muss die Ausgaben reduzieren, aber er muss auch die Einnahmen verbessern und das heißt auf Deutsch auch Steuern erhöhen. Dazu haben wir uns bekannt in der Bundestagswahl. Das ist vehement bekämpft worden von anderen Parteien. Ich habe jetzt im Moment vergessen, welche Parteien das alles waren. Darum ist das genau unsere Politik. Wir haben nie ganz dezidiert im letzten Bundestagswahlkampf das Unpopuläre ausgespart, und wir haben es auch zu spüren bekommen, aber jetzt erfahren wir eben auch die Rendite von Ehrlichkeit im Bundestagswahlkampf.
Müller: Also Konsolidierung des Haushalts, das war vorrangig, haben Sie gesagt, gilt aber jetzt nicht unbedingt für die Einkommensbeschaffenheit der Unternehmen. Die sollen weniger bezahlen?
Röttgen: Ja. Wir haben eine Unternehmenssteuerreform verabschiedet, da haben Sie völlig Recht, die zwei Adressaten hat: einmal die großen Unternehmen im internationalen Wettbewerb, die in Deutschland keine wettbewerbsfähigen Steuersätze haben. Das ist von allen akzeptiert, und wenn wir auch für die ganz Großen ein wettbewerbsfähiger Standort sein wollen, wir haben einen Steuerwettbewerb, dann müssen wir uns danach orientieren. Aber diese Reform zielt auch auf die kleinen und mittleren Unternehmen, die eine durchgehend relativ schwache Eigenkapitalbasis in Deutschland haben, und wir wollen deren Eigenkapitalausstattung verbessern, damit sie investieren können in unserem Land, damit sie Arbeitsplätze schaffen können.
Darum haben Sie recht, erstmal über eine gewisse Strecke sind das Steuerausfälle. Wir glauben aber, dass wir damit Bedingungen schaffen, die unsere Unternehmen wettbewerbsfähiger, investitionsfähiger machen, und damit wird es den Arbeitnehmern und Arbeitslosen gut bekommen, weil die Unternehmen dann auch einstellen können. Aber sie werden erfolgreich sein können, und dann wird es auch irgendwann Steuermehreinnahmen wieder geben, also ausgeglichen sein. Man braucht für solche Reformen jedoch immer eine Strecke von Steuerausfällen, die der öffentliche Haushalt ausgleichen muss. Das ist völlig richtig.
Müller: Herr Röttgen, wir haben nur noch eine halbe Minute. Ich muss Sie das trotzdem noch mal fragen. Sie haben ja gesagt, da müssen wir beide auch auf ihre Rechnung, ihre Kosten kommen in der Großen Koalition. Was gestatten Sie denn politisch der SPD?
Röttgen: Wir gestatten uns beide das gleiche, erfolgreich zu sein in der Sache, Probleme zu lösen. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Nur wenn wir die als gemeinsame Aufgabe definieren, sogar so, dass wir die Probleme lösen, zu deren Lösung die Kraft kleiner Koalitionen der Vergangenheit nicht gereicht hat, wenn wir uns die in besonderer Weise vornehmen, dazu zählt Haushalt insbesondere, dann werden wir beide erfolgreich sein für das Land und für unsere Volksparteien.
Müller: Norbert Röttgen war das, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Röttgen: Ich bedanke mich.
Am Telefon ist jetzt Norbert Röttgen, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion. Guten Morgen!
Norbert Röttgen: Guten Morgen!
Müller: Herr Röttgen, könnte die SPD nicht auch einmal Recht haben?
Röttgen: Ja, die Union hat die Weisheit nicht gepachtet. Den Anspruch haben wir nicht. Aber wir haben den Anspruch, dass es die Aufgabe der Koalition ist, Probleme zu lösen. Wenn man eine Große Koalition hat, ist man dazu in besonderer Weise verpflichtet, und darauf konzentriert sich auch die CDU in der Großen Koalition. Diese äußerlichen Lärmereien, die dort veranstaltet worden sind, sind ja jetzt auch schon wieder vorbei, wie man hört. Ich glaube, dass das Ausdruck einer gewissen Schwächephase der SPD ist, auch von innerparteilichem Druck, der mal abgelassen worden ist. Insofern ist das genau betrachtet ein Problem der SPD, das die Handlungsfähigkeit der Regierung in keiner Weise beeinträchtigt.
Müller: Wenn die SPD lediglich dann, wie Sie sagen, eine Schwächephase hat, das hat ja gerade mal so 30, 36 Stunden gedauert, dann ist sie ja doch ganz schön stark?
Röttgen: Das würde ich mir wünschen. Wir wünschen uns keinen schwachen Koalitionspartner, der sich permanent mit eigenen Problemen, mit der Wiederwahl von Vorsitzenden und Vorständen beschäftigen muss, sondern wir wollen ja eine gute, erfolgreiche Regierung. Das ist unsere Aufgabe, und der wollen wir uns widmen. Alle anderen Ablenkungen helfen auch den betroffenen Parteien nicht. Ich glaube auch, dass die SPD nicht gut beraten ist, jetzt schon in der Mitte der Legislaturperiode immer wieder mal sozusagen oppositionelle Gestik zu zeigen, sondern die Bürger erwarten doch, dass eine Regierungspartei regiert und nicht sich benimmt wie eine Oppositionspartei. Ich glaube das hat die SPD, wie Sie zutreffend sagen, dann auch nach eineinhalb Tagen bemerkt.
Müller: Herr Röttgen, wenn Sie schon so relativ moderat reagieren auf meine Frage, muss ich es noch mal versuchen. Wenn Sie denn jetzt Sozialdemokrat wären, wären Sie dann auch irritiert?
Röttgen: Ich muss die Fantasie jetzt am Morgen aufbringen, das zu tun. Wenn ich Sozialdemokrat wäre, würde ich wahrscheinlich das Gleiche sagen wie ich als Christdemokrat sage. Ich würde meiner Partei sagen, ihr seid doch in der Regierung, ihr seid doch da, um Aufgaben zu erledigen, ihr wollt auch dadurch stark werden, dass ihr sagt, wir leisten einen guten Politikbeitrag. Alles andere schwächt, steigert sozusagen die Schwächephase, beendet sie aber nicht.
Müller: Herr Röttgen, aber es ist ja nun auch, ich bin hier jetzt mal Anwalt der SPD, nicht ganz so einfach für den kleineren Koalitionspartner, wenn Sie mir das auf der Ebene gestatten. Da kommen Vorschläge aus den Unionsreihen, seien es jetzt einerseits Steuersenkungen, zum Zweiten aber auch eine großzügigere Familienpolitik, und dann muss der Finanzminister, und der ist nun einmal Sozialdemokrat, irgendwie klären, wie das gemacht werden könnte.
Röttgen: Vielleicht darf ich einen Punkt aufnehmen. Sie sagten, die SPD ist der kleinere Koalitionspartner. Sie ist ja fast gleich stark, aber Sie haben völlig Recht: Durch ihr Verhalten erweckt sie zunehmend den Eindruck, wir sind der große Partner und sie ist der kleine Partner. Es entsteht zunehmend der Eindruck einer kleinen Koalition im Verhalten der SPD. Das können wir auch noch so weit hinnehmen. Aber im Ernst: Frau von der Leyen hat in ihrem Ressort ein wichtiges Thema benannt, und ich sage Ihnen, es wird eine Lösung geben. Wir haben eine Unternehmenssteuerreform im Ressort Steinbrück verabschiedet. Die Probleme hat Herr Steinbrück in der eigenen Fraktion, der eigenen Partei. Aber ich sage Ihnen: Wir werden diese Unternehmenssteuerreform verabschieden.
Müller: Die Union steht nach wie vor dazu, ohne Wenn und Aber?
Röttgen: Wir wollen die Unternehmenssteuerreform. Sie ist jetzt im parlamentarischen Verfahren. Da kann auch noch über das eine oder andere gesprochen werden. Das ist der Sinn von parlamentarischen Verfahren. Aber diese Unternehmenssteuerreform wollen wir. Es wird auch neue Sicherheitsgesetze zur Terrorabwehr geben. Das wird es alles geben, und darum ist alles relativ viel Lärm um nichts.
Müller: Jetzt die Erbschaftssteuer. Da hat es jetzt Signale gegeben aus Reihen der Union, wer immer sich da auch nun zu Wort gemeldet ha im Konkreten t, der gesagt hat oder die gesagt haben, wir könnten uns auch vorstellen, dass das alles wegfällt. Unter anderem hat der Wirtschaftsminister so etwas in die Debatte gebracht. Das ist aber doch schon durchaus problematisch für einen Koalitionspartner, dies zu akzeptieren?
Röttgen: Da in der Großen Koalition immer gesagt worden ist, immer zu jedem Zeitpunkt, als Koalition steht fest, dass wir auch die Erbschaftssteuer reformieren, dass wir sie an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anpassen, sie dann aber reformieren und nicht abschaffen, war das Verhalten der Regierung dadurch nie in Frage gestellt. Es darf aber doch auch ein Wirtschaftsminister, auch Abgeordnete, die Frage aufwerfen, ob das eigentlich, wenn es nur nach ihm gehe, die richtige Option sei, oder ob es nicht besser sei, dieses Geld den Bürgern zurückzugeben. Die Frage darf man doch mal stellen. Innerhalb der SPD wird ja zehnfach gesagt, dass es auch zu einer Erhöhung dieser Steuer kommen wird. Auch dazu wird es nicht kommen, sondern es wird zu einer aufkommensneutralen verfassungskonformen Neugestaltung kommen.
Müller: Ist Michael Glos für die Geschenke da?
Röttgen: Es ist kein Geschenk. Die Bürger geben dem Staat, und nicht der Staat hat erst mal das Geld, und dann schenkt er es vielleicht großzügigerweise den Bürgern zurück, sondern wir haben eine ausgesprochen erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung, ausgesprochen erfolgreich. Und irgendwann muss es auch mal eine Rendite für die Bürger geben. Ich glaube, das Ende der Schuldenpolitik, keine neue Verschuldung, ausgeglichener Haushalt ist auch eine Form, die Rendite den Bürgern zurückzugeben, denn die Schulden von heute sind ja die Steuererhöhungen von morgen. Aber der Wirtschaftsminister darf auch seine Auffassung ausdrücken, wie er glaubt, dass Wirtschaftswachstum zu verstetigen ist, denn das ist doch die entscheidende Aufgabe. Wir haben jetzt eine sehr gute Phase. Sie ist auch kein Strohfeuer, sondern anhaltend. Aber wir müssen es verstetigen, und dazu macht sich der Wirtschaftsminister Gedanken, und das muss man auch ertragen können.
Müller: Jetzt könnte man aber sagen, Herr Röttgen, die Rendite von heute waren die Steuererhöhungen von gestern. So lange ist das ja noch nicht her.
Röttgen: Sie haben völlig recht. Darum haben wir als CDU und CSU auch im Bundestagswahlkampf gesagt, wer wirklich Ende von Verschuldungspolitik ernsthaft will, der muss die Ausgaben reduzieren, aber er muss auch die Einnahmen verbessern und das heißt auf Deutsch auch Steuern erhöhen. Dazu haben wir uns bekannt in der Bundestagswahl. Das ist vehement bekämpft worden von anderen Parteien. Ich habe jetzt im Moment vergessen, welche Parteien das alles waren. Darum ist das genau unsere Politik. Wir haben nie ganz dezidiert im letzten Bundestagswahlkampf das Unpopuläre ausgespart, und wir haben es auch zu spüren bekommen, aber jetzt erfahren wir eben auch die Rendite von Ehrlichkeit im Bundestagswahlkampf.
Müller: Also Konsolidierung des Haushalts, das war vorrangig, haben Sie gesagt, gilt aber jetzt nicht unbedingt für die Einkommensbeschaffenheit der Unternehmen. Die sollen weniger bezahlen?
Röttgen: Ja. Wir haben eine Unternehmenssteuerreform verabschiedet, da haben Sie völlig Recht, die zwei Adressaten hat: einmal die großen Unternehmen im internationalen Wettbewerb, die in Deutschland keine wettbewerbsfähigen Steuersätze haben. Das ist von allen akzeptiert, und wenn wir auch für die ganz Großen ein wettbewerbsfähiger Standort sein wollen, wir haben einen Steuerwettbewerb, dann müssen wir uns danach orientieren. Aber diese Reform zielt auch auf die kleinen und mittleren Unternehmen, die eine durchgehend relativ schwache Eigenkapitalbasis in Deutschland haben, und wir wollen deren Eigenkapitalausstattung verbessern, damit sie investieren können in unserem Land, damit sie Arbeitsplätze schaffen können.
Darum haben Sie recht, erstmal über eine gewisse Strecke sind das Steuerausfälle. Wir glauben aber, dass wir damit Bedingungen schaffen, die unsere Unternehmen wettbewerbsfähiger, investitionsfähiger machen, und damit wird es den Arbeitnehmern und Arbeitslosen gut bekommen, weil die Unternehmen dann auch einstellen können. Aber sie werden erfolgreich sein können, und dann wird es auch irgendwann Steuermehreinnahmen wieder geben, also ausgeglichen sein. Man braucht für solche Reformen jedoch immer eine Strecke von Steuerausfällen, die der öffentliche Haushalt ausgleichen muss. Das ist völlig richtig.
Müller: Herr Röttgen, wir haben nur noch eine halbe Minute. Ich muss Sie das trotzdem noch mal fragen. Sie haben ja gesagt, da müssen wir beide auch auf ihre Rechnung, ihre Kosten kommen in der Großen Koalition. Was gestatten Sie denn politisch der SPD?
Röttgen: Wir gestatten uns beide das gleiche, erfolgreich zu sein in der Sache, Probleme zu lösen. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Nur wenn wir die als gemeinsame Aufgabe definieren, sogar so, dass wir die Probleme lösen, zu deren Lösung die Kraft kleiner Koalitionen der Vergangenheit nicht gereicht hat, wenn wir uns die in besonderer Weise vornehmen, dazu zählt Haushalt insbesondere, dann werden wir beide erfolgreich sein für das Land und für unsere Volksparteien.
Müller: Norbert Röttgen war das, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Röttgen: Ich bedanke mich.