Freitag, 29. März 2024

Archiv


Rohstoffschatz am Meeresgrund

Mitte der 60er-Jahre wurden Bergbaufirmen auf Manganknollen in der Tiefsee aufmerksam: Diese Rohstoffquellen enthalten neben Mangan auch Kupfer, Kobalt, Nickel und Seltene Erden. Von der Idee der Förderung nahm man aber schnell Abstand - zu unausgereift war die Technik. Das ist heute anders.

Von Dagmar Röhrlich | 27.05.2013
    Er gilt als Eldorado für den Rohstoffabbau: der Clarion-Clipperton-Gürtel zwischen Hawaii und Mexiko. Denn in den Manganknollen, die dort wie Kartoffeln im Tiefseeschlamm liegen, sollen sieben Milliarden Tonnen Mangan stecken, 340 Millionen Tonnen Nickel, 290 Millionen Tonnen Kupfer und 78 Millionen Tonnen Kobalt. Dazu kommen die für die moderne Energie- und Computertechnik unverzichtbaren Metalle der Seltenen Erden. Der Clarion-Clipperton-Gürtel liegt in internationalen Gewässern. Die Erkundungsrechte vergibt deshalb die Internationale Meeresbodenbehörde in Kingston, Jamaika:

    "Die Internationale Meeresbodenbehörde ist durch die UN-Seerechtskonvention ins Leben gerufen worden. Wir sollen dafür sorgen, dass die Entwicklungsländer ihren Anteil am Mineralreichtum der Meere erhalten, und wir sind für die Regulierung des Tiefseebergbaus jenseits aller Hoheitsgebiete zuständig."

    Michael Lodge ist bei der UN-Behörde Stellvertreter des Generaldirektors. Nach Jahrzehnten der Stagnation ist in den Manganknollenabbau nun Bewegung gekommen:

    "China, Japan und Russland sind im Clarion-Clipperton-Gürtel sehr aktiv, ebenso Korea. Auch Deutschland etwa hält eine Erkundungslizenz. In den vergangenen beiden Jahren ist die Zahl dieser Lizenzen stark gestiegen. So hat Großbritannien 2012 eine Manganknollenlizenz erhalten und bewirbt sich nun um eine zweite."

    Bei dieser zweiten Lizenz tritt Großbritannien als Sponsorstaat für eine britische Tochterfirma des US-amerikanischen Rüstungskonzerns Lockheed Martin auf. Denn Privatunternehmen erhalten nur dann Zugang zu einem Claim, wenn eine Nation die Patenschaft übernimmt:

    "Der Grund dafür ist, dass letztendlich ein Staat die Verantwortung dafür übernehmen muss, dass die Firma alle Verpflichtungen erfüllt und den Auflagen der Internationalen Meeresbodenbehörde nachkommt."

    So sponsort Belgien eine Firma aus dem eigenen Land, und das kanadische Unternehmen Nautilus Minerals hat sich mit dem Entwicklungsland Nauru zusammengetan:

    "Die UN-Seerechtskonvention sieht vor, dass die Entwicklungsländer einen bevorzugten Zugang zu den Bodenschätzen der Meere erhalten. Wenn eine Industrienation einen Claim untersucht, muss sie am Ende eine Hälfte dieses Gebiets mit sämtlichen gesammelten Daten an uns zurückgeben. Dieses Areal ist dann für Entwicklungsländer reserviert. Tonga, Kiribati und Nauru nutzen die Möglichkeit und treten als Sponsorstaaten auf."

    Die Interessenten machen Druck: sowohl von Seiten verschiedener Regierungen wie der japanischen, der russischen oder auch der chinesischen, als auch von Seiten der Industrie. In einer jetzt vorgestellten Studie erklärt die UN-Behörde nun, dass wohl ab 2016 Abbaulizenzen beantragt werden können:

    "Noch gibt es kein Regelwerk für den Abbau, aber wir haben aufgrund der Anfragen von Mitgliedsstaaten mit der Erarbeitung begonnen. In zwei, drei Jahren könnte es fertig sein. Darin wird es darum gehen, wie viel die Vertragspartner für die Lizenz und an Gebühren zahlen müssen. Und der andere wichtige Faktor ist, wie beim kommerziellen Abbau die Umwelt geschützt wird."

    Derzeit entwickeln mehrere Firmen Abbausysteme. Ein deutsches System soll über den Meeresboden fahren, die Knollen wie ein Kartoffelroder aus dem Tiefseeschlick heben und dann über einen Zwischenspeicher gleichmäßig durch eine Pipeline nach oben zum Bergbauschiff schicken. Gleichgültig jedoch, wie vorsichtig die Maschinen arbeiten: Der Abbau wird Umweltschäden hinterlassen. Das erklärt auch die Internationale Meeresbodenbehörde in ihrer Studie. Französische Meeresforscher waren vor fünf Jahren auf Spuren gestoßen, die ein experimenteller Manganknollenabbau 1978 hinterlassen hatte: Die Narben im Tiefseeschlamm wirkten immer noch frisch. Nach den Plänen der UN-Behörde sollen deshalb Schutzzonen helfen, die Ökosysteme der Tiefsee zu bewahren. Und man möchte Abbaugeschehen in der Tiefsee genau überwachen. Kritiker bezweifeln jedoch, dass das möglich ist.