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Rosetta-Mission
Irdische Ozeane enthalten kaum Wasser von Kometen

Das Wasser der irdischen Ozeane stammt wohl nicht von Kometen. Das fanden Wissenschaftler anhand erster Messdaten von der Kometensonde Rosetta heraus. Danach unterscheiden sich das Kometenwasser und das der Weltmeere deutlich in ihrem chemischen Fingerabdruck.

Von Karl Urban | 11.12.2014
    Eine Animation der European Space Agency (ESA) zeigt die Raumsonde "Rosetta" in der Nähe des Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko.
    Eine Animation der European Space Agency (ESA) zeigt die Raumsonde "Rosetta" in der Nähe des Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko. (afp photo / ESA Medialab - C. Carreau)
    "Was wir herausgefunden haben, ist, dass das Deuterium im Kometen Tschurjumow-Gerasimenko mehr als dreimal so hoch ist wie auf der Erde. Und das schließt jetzt eigentlich aus, dass solche Kometen das Wasser auf die Erde gebracht haben."
    Mit diesen Worten präsentiert Kathrin Altwegg von der Universität Bern eines der ersten wissenschaftlichen Ergebnisse von Rosetta. Seit dem August umkreist diese Raumsonde den Kometen Tschurjumow-Gerasimenko. An Bord nimmt das Instrument ROSINA Daten auf - ein Massenspektrometer, das die flüchtigen Bestandteile des Kometen untersucht. Dazu gehört Deuterium, ein schweres Isotop des Wasserstoffs. Das Verhältnis des schweren Deuteriums zum leichten Wasserstoff ist eine Art Fingerabdruck: Der Wert erklärt, wie ein Wasservorkommen im All einmal aus Wasserstoff und Sauerstoff entstanden ist.
    "Das ist eine chemische Reaktion. Und diese Reaktionsrate, also wie schnell und wie gut das geht, die hängt von der Temperatur ab. Aber die hängt auch davon ab, ob Sie ein Deuterium haben oder ein Wasserstoff, das Sie einbauen wollen."
    Asteroiden haben wohl Wasser gebracht
    Als die Erde vor gut 4,5 Milliarden Jahren entstand, war sie bedeckt von glühend heißer Lava - das damals vorhandene Wasser muss sofort verdampft sein. Das heutige Wasser muss später auf den Blauen Planeten gelangt sein - vielleicht von den Kometen. Das Ergebnis des internationalen Forscherteams um Kathrin Altwegg zeigt jetzt: Die Fingerabdrücke des Kometenwassers und der Ozeane unterscheiden sich sehr deutlich. Es dürften also kaum Kometen gewesen sein, die das Wasser zur Erde brachten - sondern eher die Asteroiden.
    "Es ist eigentlich logisch. Asteroiden sind viel näher bei der Erde. Schon von daher würde ich annehmen, dass Asteroiden mehr auf die Erde stürzten als Kometen, die doch sehr weit weg sind."
    Dennoch ist es ein überraschender Befund, war der Ursprung der irdischen Ozeane doch ein gewichtiger Grund, überhaupt diesen Kometen anzusteuern. Für Kathrin Altwegg ist Tschurjumow-Gerasimenko trotzdem nicht uninteressant geworden. Denn aus ihrer Sicht ähnelten die frühen Asteroiden den Kometen von heute, veränderten sich dann aber durch die Hitze nahe der Sonne. Kometen blieben dagegen am Rand des Planetensystems besser konserviert, wo es dauerhaft kalt war.
    "Wenn wir wissen wollen, welches Material uns Asteroiden gebracht haben, dann müssen wir Kometen untersuchen. Wenn Sie Asteroiden untersuchen, können Sie das nicht mehr. Zu spät. Das hätten wir vor vier Milliarden Jahren tun müssen."
    Der Komet stinkt
    Der ungewöhnlich hohe Deuterium-Messwert ist für die Planetologin sogar ein Zeichen, dass Tschurjumow-Gerasimenko besonders gut konserviert wurde. Das gilt auch für das organische Material, das Kometen und vor allem mit ihnen verwandte Asteroiden vielleicht vor vier Milliarden Jahren zur Erde brachten. Altwegg:
    "Wir haben herausgefunden, dass der Komet stinkt. Er hat sehr viel Schwefel, Ammoniak, Formaldehyd, Cyan. Es ist keine sehr ungesunde Atmosphäre. Wir werden jetzt vor allem auf die organischen Moleküle schauen. Und je wärmer der Komet wird und umso näher er der Sonne kommt, umso mehr erwarten wir von diesem Material."
    Denn bisher konnte das Massenspektrometer auf Rosetta nur leichte Moleküle finden. Das könnte sich um Weihnachten ändern: Dann schrumpft der Abstand von Tschurjumow-Gerasimenko zur Sonne auf einen Wert, bei dem Kometen für gewöhnlich einen aktiven Schweif ausbilden - und dabei zunehmend organisches Material ins All schleudern.