Eine Geschichte über das Öl hatte Ring-Regisseur Frank Castorf angekündigt. Öl – der Stoff, der nach wie vor, trotz grüner Energie, trotz Atomkraft und Fracking, weltweit alles am Laufen hält, Produktion, Transport und Börsenspekulation, verbunden mit allen Leidenschaften des Menschen, guten und unguten. Ein idealer Stoff also auch für das Getriebe von Wagners Welttheater. Wie geschmiert könnte mit ihm das Räderwerk der Geschichten um Reichtum, Machtwillen, Egoismus und Erlösung schnurren, sollte man meinen. Zum Auftakt der Tetralogie hatte Castorf im "Rheingold" die Öl-Metapher nur angedeutet. Sein Dreigroschen-Romänchen über einen Banden-Krieg in der US-amerikanischen Provinz der 80er-Jahre spielt an einer Tankstelle mit angeschlossenem Billighotel.
Den zweiten Teil, die "Walküre", hat er nun in eine ganz andere Weltgegend und Zeit verlegt, nach Aserbaidschan, Anfang 1900. Eindrucksvoll und bis ins kleinste Detail realistisch ausgetüftelt wie schon bei seiner Tankstellen-Anlage hat Bühnenbilder Aleksandar Denic für die "Walküre" eine frühe Ölförderanlage aufgebaut mit Förderturm aus schweren Balken, mit aus rohen Brettern zusammengeschusterter Werkscheune, Schuppen und Treppenanlage. Ölfässer liegen herum, Strohballen, Gerätschaften. Unfrieden liegt in der Luft, Gefahr.
Scharf konturiert und markant geformt, treibt Kirill Petrenko die Orchesterläufe vor sich her. Panisch die Crescendi und das Herzklopfen von Siegmunds Flucht. Petrenko scheut sich nicht, das dramatische Effektpotential der Partitur zuzuspitzen. Er schwingt sich allerdings nicht auf eine einzige Lesart ein, sondern spielt frei mit den Möglichkeiten des Werks. Sehr kammermusikalisch kann er dann werden, sehr sehr langsam auch, dass die Bögen bis zum Zerreißen gespannt sind, um später das Blech wieder wie im Orkan auftosen zu lassen. Aber das alles ist weniger kulinarisch ausgekostet, sondern eher analytisch vorbereitet und kühl kalkuliert auf den Punkt gebracht. Ein Abenteuer für sich.
"Heilig ist mein Herd: - heilig sei dir mein Haus."
Hunding in schwarzem Anzug und mit Zylinder auf dem Kopf ist der Herr des Ölförderschuppens. Wie ein großer, böser Kapitalist wirkt er nicht gerade, obwohl er seine Frau Sieglinde wie Eigentum behandelt. Klar, dass die mit ihrem Geliebten, Siegmund, abhaut.
"Winterstürme wichen dem Wonnemond, in mildem Licht leuchtet der Lenz."
Johan Botha als Siegmund und Anja Kampe als Sieglinde sind klanglich ein schönes Paar. Wie auch Catherine Foster ihrer Brünhilde lyrische Töne verleiht und erst später im Streit mit ihrem Vater Wotan die hochdramatischen Register zieht. Aber Wotan: Wer ist Wotan in dieser Inszenierung eigentlich? Hat er den Laden von Hunding übernommen und sich selbst zum Ölbaron gemacht? Hunding hatte ein wenig wie Stalin ausgesehen, warum? Wotan trägt einen langen Bart, am Schluss aber ist er rasiert, wieso? Wer sind die Walküren? Sie tragen, wie zuvor schon Fricka und Sieglinde, trachtenartige Kleidung, dann schicke Ballkleider, dann prächtige Kostüme, bereit für den Laufsteg. Mit Johoto und roter Fahne hatten sie die Bohranlage gestürmt. Ein roter Stern leuchtet auf der Turmspitze. Die Sowjets haben jetzt das Sagen. Ist Wotan ein kommunistischer Kommissar?
Wie schon im "Rheingold" filmt eine Kamera das Bühnengeschehen und verdoppelt es auf Leinwände, meist ohne Mehrwert, also überflüssig. Aber auch historische Aufnahmen vom sowjetischen Öl-Aufbruch in die Industrialisierung werden gezeigt, während Wotan und Fricka ihren Ehekrieg ausfechten. Ist ihre Geschichte nur eine unbedeutende private Randerscheinung der großen gesellschaftlichen Veränderungen? Fragen über Fragen? Ratlos läßt Castorf uns zurück, so ratlos wie die Sänger, die nicht wissen, wie und wohin sie sich bewegen sollen, weswegen sie sich meistens gar nicht bewegen, sondern einfach nach vorn singen. Hat Castorf mit ihnen geprobt? Hat er sich überhaupt einmal für fünf Minuten überlegt, wer seine Figuren sind und was sie wollen?
Den zweiten Teil, die "Walküre", hat er nun in eine ganz andere Weltgegend und Zeit verlegt, nach Aserbaidschan, Anfang 1900. Eindrucksvoll und bis ins kleinste Detail realistisch ausgetüftelt wie schon bei seiner Tankstellen-Anlage hat Bühnenbilder Aleksandar Denic für die "Walküre" eine frühe Ölförderanlage aufgebaut mit Förderturm aus schweren Balken, mit aus rohen Brettern zusammengeschusterter Werkscheune, Schuppen und Treppenanlage. Ölfässer liegen herum, Strohballen, Gerätschaften. Unfrieden liegt in der Luft, Gefahr.
Scharf konturiert und markant geformt, treibt Kirill Petrenko die Orchesterläufe vor sich her. Panisch die Crescendi und das Herzklopfen von Siegmunds Flucht. Petrenko scheut sich nicht, das dramatische Effektpotential der Partitur zuzuspitzen. Er schwingt sich allerdings nicht auf eine einzige Lesart ein, sondern spielt frei mit den Möglichkeiten des Werks. Sehr kammermusikalisch kann er dann werden, sehr sehr langsam auch, dass die Bögen bis zum Zerreißen gespannt sind, um später das Blech wieder wie im Orkan auftosen zu lassen. Aber das alles ist weniger kulinarisch ausgekostet, sondern eher analytisch vorbereitet und kühl kalkuliert auf den Punkt gebracht. Ein Abenteuer für sich.
"Heilig ist mein Herd: - heilig sei dir mein Haus."
Hunding in schwarzem Anzug und mit Zylinder auf dem Kopf ist der Herr des Ölförderschuppens. Wie ein großer, böser Kapitalist wirkt er nicht gerade, obwohl er seine Frau Sieglinde wie Eigentum behandelt. Klar, dass die mit ihrem Geliebten, Siegmund, abhaut.
"Winterstürme wichen dem Wonnemond, in mildem Licht leuchtet der Lenz."
Johan Botha als Siegmund und Anja Kampe als Sieglinde sind klanglich ein schönes Paar. Wie auch Catherine Foster ihrer Brünhilde lyrische Töne verleiht und erst später im Streit mit ihrem Vater Wotan die hochdramatischen Register zieht. Aber Wotan: Wer ist Wotan in dieser Inszenierung eigentlich? Hat er den Laden von Hunding übernommen und sich selbst zum Ölbaron gemacht? Hunding hatte ein wenig wie Stalin ausgesehen, warum? Wotan trägt einen langen Bart, am Schluss aber ist er rasiert, wieso? Wer sind die Walküren? Sie tragen, wie zuvor schon Fricka und Sieglinde, trachtenartige Kleidung, dann schicke Ballkleider, dann prächtige Kostüme, bereit für den Laufsteg. Mit Johoto und roter Fahne hatten sie die Bohranlage gestürmt. Ein roter Stern leuchtet auf der Turmspitze. Die Sowjets haben jetzt das Sagen. Ist Wotan ein kommunistischer Kommissar?
Wie schon im "Rheingold" filmt eine Kamera das Bühnengeschehen und verdoppelt es auf Leinwände, meist ohne Mehrwert, also überflüssig. Aber auch historische Aufnahmen vom sowjetischen Öl-Aufbruch in die Industrialisierung werden gezeigt, während Wotan und Fricka ihren Ehekrieg ausfechten. Ist ihre Geschichte nur eine unbedeutende private Randerscheinung der großen gesellschaftlichen Veränderungen? Fragen über Fragen? Ratlos läßt Castorf uns zurück, so ratlos wie die Sänger, die nicht wissen, wie und wohin sie sich bewegen sollen, weswegen sie sich meistens gar nicht bewegen, sondern einfach nach vorn singen. Hat Castorf mit ihnen geprobt? Hat er sich überhaupt einmal für fünf Minuten überlegt, wer seine Figuren sind und was sie wollen?