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Rückenwind für die Abrüstung?

New York, Anfang Mai 2010: Auf der sogenannten Überprüfungskonferenz für den Atomwaffensperrvertrag soll über die Eindämmung von Atomwaffen auf der ganzen Welt beraten werden. Sowohl Staaten, die diese Waffen besitzen, sind davon betroffen als auch jene, die noch nicht über diese Technologien verfügen. Die Hoffnung auf einen Durchbruch ist groß.

Von Gerti Schoen | 28.05.2010
    "I want to thank the Secretary General, Director General Amano, Ambassador Cabactulan, for their outstanding leadership in pulling together this Review Conference and addressing the challenges of nuclear proliferation”."

    New York, Anfang Mai 2010. Die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton begrüßt die Delegierten der Vereinten Nationen. Auf der sogenannten Überprüfungskonferenz für den Atomwaffensperrvertrag, kurz NPT, soll über die Eindämmung von Atomwaffen auf der ganzen Welt beraten werden. Sowohl Staaten, die diese Waffen besitzen, sind davon betroffen als auch jene, die noch nicht über diese Technologien verfügen.

    Zu Beginn der diesjährigen UN-Konferenz ist die Hoffnung auf einen Durchbruch groß. Denn US-Präsident Barack Obama und seine Regierung demonstrieren seit der Prager Abrüstungsrede des Präsidenten im April 2009 eine neue Verhandlungsbereitschaft. Dieses Mal, so die Hoffnung, sollte in New York alles anders werden - anders als noch vor fünf Jahren, als keine Einigung möglich war. Doch ob es diesmal wirklich gelingen wird, einen Konsens herzustellen, ist offen. Auch die Gefahr eines Scheiterns ist groß.

    Mit Spannung wird daher die Abschlussresolution erwartet, die in nur wenigen Stunden verkündet werden soll. Seit Montag dieser Woche wird ein vorläufiger Entwurf in den zuständigen UN-Gremien diskutiert, der Entwurf ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, dennoch dringen hie und da Details nach außen, berichten internationale Medien darüber.

    Die wohl auffälligste Passage soll demnach Israel, Indien und Pakistan betreffen, die den ursprünglichen Atomwaffensperrvertrag von 1970 nie unterzeichnet haben. Indien und Pakistan besitzen Atomwaffen, Israel wird ein Besitz nachgesagt. Alle drei Länder werden, so heißt es, aufgefordert, den Vertrag zu unterzeichnen und UN-Inspektoren die Erlaubnis zu geben, ihre nuklearen Anlagen zu überprüfen. Nordkorea, das den Atomwaffensperrvertrag 2003 gekündigt hat, soll für seine Atomwaffentests ausdrücklich verurteilt werden. Der Iran soll keine Nennung erfahren haben, nachdem er sein Veto gegen den Vertrag ankündigte.

    Die arabischen Staaten, so heißt es weiter, werden aufgefordert, eine Konferenz zur Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten einzuberufen – ein Vorhaben, das impliziert, Israel müsse seine Nuklearwaffen aufgeben.

    Auch die offiziellen Nuklearstaaten werden angehalten, sich bereits im Vorfeld der nächsten Überprüfungskonferenz zu treffen. Der ursprüngliche Plan war, ein festes Datum für die Eliminierung aller Nuklearwaffen festzusetzen – eine Idee, der sich die Atommächte konsequent widersetzen.

    Die Länder, die über keine Atomwaffen verfügen, sollen sich, dem Vernehmen nach, einer Zusatzauflage beugen: Sie müssen der Internationalen Atomenergiebehörde, die für die Sicherheit aller Nuklearanlagen global zuständig ist, erlauben, all ihre Einrichtungen jederzeit für eine etwaige Inspektion zu öffnen – das wiederum wäre eine substanzielle Einschränkung im Vergleich zu den bislang geltenden Bestimmungen.

    Obwohl das Wenige, das bislang bekannt ist, mehr Absichtserklärungen zu beinhalten scheint, bewertet Fiona Simpson die diesjährige Konferenz positiv. Simpson ist am "Zentrum für Internationale Kooperation" an der New York University für das Gebiet Atomwaffenkontrolle zuständig. Zuvor war sie in der Abteilung Massenvernichtungswaffen bei den Vereinten Nationen tätig.

    ""Wir sehen zum ersten Mal seit Jahren einen gewissen Optimismus. Niemand erwartet Veränderungen über Nacht, dafür haben wir schon zu lange in diesem Bereich gearbeitet. Aber man kann nicht genug betonen, wie schlecht das Treffen im Jahr 2005 gelaufen ist im Vergleich zu diesem. Damals gab es null Verhandlungsbereitschaft, man misstraute sich gegenseitig und es dauerte allein drei von vier Wochen, um sich überhaupt auf einen Ablauf zu einigen. Es war chaotisch."

    Anlass für mehr Hoffnung im Jahr 2010 gab eine Vertragsunterzeichnung in Prag vor sechs Wochen, am 8. April 2010.

    "Dieser Tag demonstriert die Entschlossenheit der Vereinigten Staaten von Amerika und Russlands – jener beiden Nationen, die über 90 Prozent aller Atomwaffen besitzen – zu einer verantwortungsvollen, globalen Führung."

    US-Präsident Barack Obama und der russische Präsident Dmitri Medwedew unterzeichneten den sogenannten "New Start"-Vertrag. Vor ausgesuchten Gästen im historischen Prager Schloss beteuerten die beiden Atommächte, den Abrüstungsprozess weiter voranzutreiben. Der Vertrag sieht vor, dass beide Länder ihre strategischen Atomsprengköpfe auf jeweils 1550 reduzieren müssen. Als Ausdruck ihrer Kooperationsbereitschaft enthüllte die US-Regierung drei Wochen später, zum Auftakt der diesjährigen Nichtverbreitungskonferenz, derzeit über in Wahrheit 5000 Raketen zu verfügen – ein mehr als 50 Jahre streng unter Verschluss gehaltenes Geheimnis.

    Die gegenwärtige Überprüfung des Nichtverbreitungsvertrags gilt als wichtiges Element bei den Bemühungen Obamas, die Ausbreitung von Atomwaffen zu verhindern. "New Start" ersetzt die bis dato geltende Fassung des "Start-Vertrages", die ursprünglich 1991 von George Bush senior und Michael Gorbatschow unterzeichnet wurde. Doch einige Beobachter, vor allem unter den Nichtregierungsorganisationen, kritisieren, dass das Prager "New Start-Abkommen" nicht weit genug gehe.

    So auch Ray Acheson von der "Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit" in New York. Hinzu kommt, dass Obama eine Zweidrittelmehrheit im US-Kongress braucht, um das Papier zu ratifizieren. Das heißt, die demokratische Partei muss um die Zustimmung der Republikaner werben und ihnen entsprechend Zugeständnisse machen, was die Beschlüsse nach Ansicht von Ray Acheson weiter verwässern wird.

    "Das Zweite Problem mit dem "New Start"-Vertrag besteht in dem, was dem Senat im Tausch für eine Ratifizierung angeboten worden ist. Der Präsident hat einen Bericht eingereicht, der besagt, dass 80 Milliarden Dollar mehr veranschlagt werden, um die bestehenden Waffen zu modernisieren und um die Infrastruktur für die Neuproduktion von Atomwaffen zu verbessern. Also einerseits haben wir diesen begrenzt wirksamen Vertrag, der eigentlich nur den Status quo bestätigt, und andererseits haben wir diese massiven Investitionen, die auf eine gewisse Weise den Entwaffnungsbemühungen zuwiderlaufen. Diese beiden Dinge passen nicht zueinander."

    Kurz bevor der "New Start"-Vertrag unterzeichnet wurde, erklärte Obama, dass seine Atompolitik eine neue Weichenstellung erfahren würde: Statt sich, wie im Kalten Krieg, auf die Konfrontation mit Russland zu konzentrieren, will er vor allem das nukleare Bedrohungspotenzial extremistischer Gruppen und Nationen wie dem Iran und Nordkorea im Auge behalten.

    "Wir erklären heute, dass nuklearer Terrorismus eine der größten Herausforderungen für die internationale Sicherheit darstellt. Wir stimmen darin überein, dass die effektivste Art, Terroristen davon abzuhalten, nukleares Material zu erwerben, darin liegt, dieses Material zu bewachen und nuklearen Schmuggel zu verhindern."

    Trotz aller Kritik ist der "New Start"-Vertrag nach Ansicht von Beobachtern von Bedeutung. Denn es galt, im Bestreben die UN-Sanktionen gegen den Iran zu verschärfen, Russland auf die Seite der USA zu ziehen. Die USA sind überzeugt, dass der Iran auf dem Weg ist, nukleare Waffen zu produzieren. Das Land ist nicht erst seit dem Amtsantritt des erklärten Holocaust-Leugners Mahmud Ahmadinedschad ein Problem für die USA. Amerika sieht im Atomprogramm des Iran eine internationale Bedrohung. Rüstungsexpertin Fiona Simpson verweist auf Divergenzen:
    "Es gibt keine Übereinstimmung in der internationalen Gemeinschaft darüber, dass der Iran plant, Atomwaffen zu bauen. Die internationale Atomenergiebehörde IAEA, die die geltenden Sicherheitsbestimmungen überprüft, kam zu dem Ergebnis, dass es keine Hinweise darauf gibt, der Iran plane nukleare Waffen. Man ist besorgt, dass sie damit experimentieren, aber es gibt keine Beweise dafür. Und das spaltet die IAEA und die Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags seit 2003."

    Umstritten ist darüber hinaus die Wirksamkeit von Sanktionen. Ray Acheson von der "Internationalen Frauenliga" glaubt, dass multilaterale Verhandlungen mit anderen Partnern durchaus hilfreich sein könnten – also mit anderen Partnern als den Mitgliedern des US-Sicherheitsrats, Russland, die USA, China, Frankreich und Großbritannien.

    "Ich glaube nicht, dass die Sanktionen bislang erfolgreich waren. Wir brauchen einen neuen Plan. Vor kurzem sind neue Länder, wie Brasilien und die Türkei ins Spiel gekommen. Sie konnten dem Iran die Zustimmung dafür abringen, ihr für die Waffenproduktion geeignetes Uran gegen Nuklearmaterial zum Betrieb medizinischer Einrichtungen auszutauschen. Das ist eine gute Idee. Das Konzept, andere Länder als die Staaten im Sicherheitsrat und Deutschland an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen, ist entscheidend. Das könnte der Weg aus der bisherigen Krise sein. Sanktionen sind wirkungslos, wir müssen mehr auf diplomatischer Ebene tun."

    Auch Bruce Cronin, Direktor für Internationale Beziehungen an der City Universität in New York, hinterfragt das Bedrohungsszenario, das vom Iran ausgehen soll.

    "Der Iran hat in den letzten hundert Jahren kein anderes Land angegriffen. Wenn man sich die Geschichte anschaut, ist der Iran ein friedliches Land, ich verstehe daher die zwanghaften Vorwürfe der Amerikaner nicht. Natürlich ist da Ahmadinedschads Gerede. Er ist ein Kasper, ein Dummkopf, der eine Menge Unwillen provoziert, dessen Äußerungen aber nichts mit der nationalen Sicherheit des Iran zu tun haben. Ich habe auch nicht wirklich Angst davor, dass Atomwaffen in die Hände von Extremisten fallen könnten. Nationalstaaten wollen ihre Atomwaffen nicht an nicht staatliche Organisationen, die sie nicht kontrollieren können, weitergeben. Also werden diese Waffen auch nicht in die Hände von Terroristen fallen."

    Dennoch: Auch die Internationale Atomenergiebehörde, ja selbst US-Präsident Obama, haben das Drohszenario an die Wand gemalt und die These aufgestellt, nukleares Material könne sehr wohl über die Schwarzmärkte dieser Welt in falsche Hände geraten Ein großes Thema deshalb auch für die jetzige Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrages. Noch einmal Bruce Cronin:
    "Dieses Material stammt aus den sogenannten gescheiterten Staaten der ehemaligen Sowjetunion, die 1991 in rund ein Dutzend Staaten zerfiel. Einige dieser Staaten waren sehr instabil und die größte Angst in den 90er-Jahren war, dass dieses Material, das dort gelagert war, in Umlauf geraten würde. Wissenschaftler und Soldaten waren plötzlich arbeitslos und man befürchtete, dass sie das Material oder auch ihr Fachwissen illegal weiter verkaufen würden. Dieses Problem hat man jedoch mit den Jahren in den Griff bekommen. Heute geht die größte Gefahr von Pakistan aus. Pakistan hat Atomwaffen, und die pakistanische Regierung hat nicht die Kontrolle über das gesamte Territorium. Die haben in einigen Regionen Stammesführer und dort tummeln sich wie wir wissen auch Terrororganisationen. Pakistan ist im Moment sehr heikel."

    Als großer Fortschritt wird vor allem die Bereitschaft der Ukraine gesehen, ihre Atomwaffen aufzugeben. Die Ukraine stieg nach dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion zur drittgrößten Nuklearmacht der Welt auf. Doch das Land hat inzwischen zugestimmt, sein Arsenal bis zum nächsten Jahr aufzugeben. Offen ist, was mit dem atomaren Material geschehen soll. Die US-Regierung hofft, das Material übernehmen zu können. Aber die Sache ist nicht entschieden und so gilt auch das ukrainische Atommaterial als potenzieller Stoff für Terroristen. Nuklearexpertin Fiona Simpson:

    "Ich würde nicht sagen, dass das unmittelbar bevorsteht, aber es muss nur einmal passieren um sich der grauenhaften Konsequenzen gewahr zu werden. Einige dieser Gruppen haben angedeutet, dass sie nur allzu gerne nukleare Waffen benutzen würden. Und das ist Grund genug, es ernst zu nehmen."

    Das vielleicht größte Problemland beim Bemühen, die Verbreitung von Atommaterial weltweit zu kontrollieren und zu steuern, stellt womöglich Nordkorea dar, das über eine handvoll Sprengköpfe verfügen soll. Zwar sind die bisherigen Tests für die Trägersysteme gescheitert. Doch das größte Problem ist , nicht nur aus Sicht Washingtons, die Unberechenbarkeit Nordkoreas. Dies wurde vor wenigen Tagen noch einmal deutlich, als Nordkorea ankündigte, die Beziehungen zum Nachbarland Südkorea abzubrechen. Die Spannung in der Region hat zugenommen. Politikwissenschaftler Bruce Cronin.

    "Ich mache mir Sorgen um Nordkorea. Das Land hat eine der größten Armeen der Welt, die Bevölkerung hungert, und die Machthaber isolieren sich immer weiter von China, ihrem einzigen Verbündeten. Sie sind gefährlich. Die USA müssen sich mit China zusammentun und den diplomatischen Weg weiter verfolgen, wie es Obama bereits tut. Um die anderen sogenannten Schurkenstaaten sorge ich mich nicht. Denn sie haben keine Atomwaffen."

    Barack Obama hofft, in der Auseinandersetzung um Nordkorea sowohl Sanktionen als auch diplomatische Druckmittel erfolgreich anwenden zu können.

    "Wir hoffen, dass der Druck auf Nordkorea groß genug ist, dass die Machthaber aus ihrer Isolation ausbrechen und zu den Sechsparteien-Gesprächen zurückkehren. Wir hoffen, dass sie ihr Verhalten ändern werden. Sanktionen sind kein Wundermittel. Es gibt keine Wundermittel in der internationalen Politik. Aber ich glaube, ein gewisser Druck macht es wahrscheinlicher, dass sie ihr Verhalten ändern, als sie glauben zu lassen, ihre Atomwaffentests hätten keine Folgen."

    Nordkorea ist also das eine Sorgenkind. Die andere Sorge gilt dem Nahen Osten. Auf der jetzigen Überprüfungskonferenz für den Atomwaffensperrvertrag in New York ließ US-Außenministerin Hillary Clinton einen alten Plan wiederaufleben: die Einrichtung einer sogenannten "Nuklearfreien Zone" im Nahen Osten.

    "Wir unterstützen die Bemühungen, eine Zone im Nahen Osten zu schaffen, die frei von Massenvernichtungswaffen ist. Der Nahe Osten stellt heute wahrscheinlich die größte Bedrohung dar, was die Verbreitung von Atomwaffen angeht. Nicht alle Staaten dieser Region nehmen an der Überprüfungskonferenz teil und einige Länder sind ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Aber ich möchte dennoch betonen, dass die USA eine atomwaffenfreie Zone unterstützen und wir alles tun werden, um dieses Ziel zu erreichen."

    Wie andere Abrüstungsvorschläge ist auch die Idee von einer nuklearfreien Zone im Nahen Osten alt. Nuklearexpertin Fiona Simpson:

    "Die Idee, eine nuklearfreien Zone zu schaffen, ist 1995 entstanden. Mit Sorge werden heute Israel, der Iran und Syrien betrachtet, weil diese Staaten großes Interesse an der Erforschung nuklearer Technologien haben. Ob der Nahe Osten ohne Atomwaffen geschaffen werden kann, ist fraglich. Immerhin wird jetzt ernsthaft darüber geredet und für 2012 eine internationale Konferenz zum Thema geplant."

    Eines der größten Hindernisse, das einer Realisierung entgegensteht, ist der Streit um Israel. Israel besitzt vermutlich seit den 70er-Jahren Atomwaffen, geschätzte 250 Sprengköpfe. Israel nimmt offiziell zu seinem Atomarsenal keine Stellung, besteht aber stets darauf, seine Verteidigung selbst leisten zu können.
    Aber auch die arabischen Staaten im Nahen Osten weigern sich, einer nuklearfreien Zone zuzustimmen, solange sie Israel im Besitz von Atomwaffen vermuten. Die USA wiederum vermeiden es, Israel offen unter Druck zu setzen, auch weil es ein wichtiger Verbündeter inmitten des Krisenherds Naher Osten ist. Diese Zurückhaltung wurde erneut deutlich, als in Prag der "New Start"-Vertrag unterzeichnet wurde und Präsident Obama nach Israels Atomwaffen gefragt wurde:

    "Mr. President, werden Sie Israel auffordern sein Atomwaffenprogramm offen zu legen und den Atomwaffensperrvertrag zu unterschreiben? Und wenn nicht, warum sollten andere Länder das nicht nutzen, den Vertrag ebenfalls nicht zu unterzeichnen?"

    "Was Israel angeht, werde ich dazu keinen Kommentar abgeben. Wir haben alle Länder konsequent aufgefordert, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen."

    Politologe Bruce Cronin findet, die USA sollten mit gutem Beispiel vorangehen und mit gleichen Maßstäben messen:

    "Ich verstehe nicht, warum die amerikanischen Politiker ihre Unterstützung für Israel nicht von einer wirklichen Sorge um dessen Atomwaffenprogramm unterscheiden können. Israel ist der einzige Staat im Nahen Osten, der Atomwaffen hat und dazu noch ein anständiges Arsenal. Da ist es natürlich schwierig, vom Iran zu verlangen, es soll keine Atomwaffen haben. Aber in den USA ist es ein Tabu, Israel zu kritisieren."

    Aber nicht nur die militärischen Arsenale sind Gegenstand der Nichtverbreitungsdebatte. Es beginne immer mit der zivilen Nutzung, sagt etwa die Internationale Atomenergiebehörde. So steht in New York eine weitere Idee zur Debatte: die Einrichtung einer internationalen Bank für Nuklearbrennstoffe. Die Länder, die bereits atomare Produktionsstätten haben, würden angereichertes Material spenden, das von Drittländern für friedliche Zwecke genutzt werden könnte. Auf diese Weise soll die Errichtung weiterer Atomfabriken weltweit verhindert werden. Der Vorschlag wurde bereits 1953 von US-Präsident Dwight Eisenhower gemacht, jedoch nie realisiert. Nuklearexpertin Fiona Simpson.

    "2003 hat der damalige IAEA-Direktor Mohammed ElBaradai die Idee wiederbelebt, Fabriken für Anreicherungsrohstoffe, mit denen Atomwaffen gebaut werden können, zu internationalisieren statt in den Händen einzelner Staaten zu sein. Also kam die Idee auf, schwach angereichertes Uran in einer zentralen Bank aufzubewahren, die von der IAEA kontrolliert werden sollte. Die Idee selbst ist gar nicht besonders umstritten. Erst wenn es darum geht, sie umzusetzen, gibt es Probleme. Viele Entwicklungsländer, die an Atomenergie interessiert sind, sehen darin einen Versuch seitens der Atomländer, die Kontrolle über die Verteilung von Uran an Drittländer zu behalten, während sie selbst es ja bereits haben."

    Ob zivile oder militärische Überlegungen – der frische Wind für die Nichtverbreitungskonferenz in New York war spürbar. Dennoch lief auch diesmal vieles unter der Überschrift: Ja, aber! Denn auf Obamas " Ja" zur atomaren Abrüstung folgte schon in Prag das "Aber" der Selbstverteidigung.

    "Wir werden nichts tun, was meine Möglichkeiten als Oberster Befehlshaber, der das amerikanische Volk beschützen muss, gefährdet oder einschränkt. Und wir glauben, dass Raketenabwehr ein wichtiger Teil davon ist."

    Stellt sich also die Frage, ob eine atomwaffenfreie Welt überhaupt realistisch ist. Ray Acheson von der "Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit":

    "Es ist durchaus ein realistisches Ziel. Das Problem ist nur, dass wir all diese Präsidenten haben, die behaupten, das sei ihre Vision, aber sie gehen nicht wirklich die notwendigen Schritte. Sie warten darauf, dass sich die internationale Politik ändert. Das ist problematisch, denn wer schafft die Bedingungen? Die atomwaffenfreien Staaten sagen, sie müssen von den Atommächten geschaffen werden. Sie müssen aufhören, weiter in Atomwaffen zu investieren und ihre Rolle in der Sicherheitspolitik einschränken, sodass Atomwaffen weniger attraktiv für den Rest der Welt werden. Aber die Atommächte sagen, die anderen müssen zuerst größere Zugeständnisse für die weitere Einschränkung von Atomwaffen machen. Und das entfernt uns nur weiter von der Realisierung des Ziels. Was übrig bleibt, ist die bloße Vision einer atomfreien Welt."