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Rücktritt in Brandenburg
Wirtschaftsminister Gerber schmeißt hin

Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) tritt zurück - aus familiären Gründen. Der Weggang des langjährigen Landespolitikers trifft die rot-rote Landesregierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke hart.

Von Vanja Budde | 21.08.2018
    Brandenburgs Wirtschaftsmnister Albrecht Gerber (SPD) in Potsdam (Brandenburg), tritt zurück
    Brandenburgs Wirtschaftsmnister Gerber (SPD) tritt zurück (dpa/Bernd Settnik)
    Albrecht Gerber, 51 Jahre alt, geboren in Schleswig-Holstein, seit den 90er Jahren in Brandenburg, war bei seinen Mitarbeitern sehr beliebt und ein immens fleißiger Minister: in Sachen Industrieansiedelung dauernd unterwegs. Beim Anblick seines Wochenplans konnte einem schwindelig werden. Er tritt aus persönlichen Gründen zurück, nicht wegen irgendwelcher Zwistigkeiten im Kabinett Woidke, das hat Albrecht Gerber am Mittag betont:
    "Rein familiäre Gründe"
    "Meine Damen und Herren, bei der Ernennung zum Minister für Wirtschaft und Energie habe ich den Eid geleistet, meine ganze Kraft dem Wohl der Menschen des Landes Brandenburg zu widmen, aber die erforderliche Kraft für mein Amt und die damit verbundene, sehr hohe Arbeitsbeanspruchung, kann und will ich aus rein familiären Gründen, das betone ich ausdrücklich, nicht mehr aufbringen."
    Ein Mitglied seiner Familie ist schwer krank, Albrecht Gerber will sich kümmern, und er bat um Verständnis dafür, dass er darüber hinaus keine Details nennen möchte. Ministerpräsident Woidke äußerste seine Anerkennung für den Parteifreund:
    "Ich respektiere diese Entscheidung und ich möchte mich bei ihm ganz, ganz herzlich bedanken für viele Jahre Zusammenarbeit in unterschiedlichen Funktionen."
    Verlust eines erfahrenen Landespolitikers
    Gerber war einer der erfahrensten Politiker der Brandenburger SPD: Er hat schon für die früheren SPD-Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und Matthias Platzeck in der Staatskanzlei gearbeitet, die er auch einige Jahre leitete. Wirtschaftsminister war er seit 2014. Als Energieminister setzte sich Gerber stets für den Erhalt der Braunkohle ein. Derzeit brennt aber in der Lausitz den Menschen der Strukturwandel unter den Nägeln, da ja auf Bundesebene die Kohle-Ausstiegs-Kommission ihre Arbeit aufgenommen hat. Es ist also ein sehr anspruchsvolles Amt in einer besonders schwierigen Zeit. Das betonte auch Ministerpräsident Woidke noch einmal:
    "Denn Sie wissen, dass wir momentan da gerade in neuen großen Herausforderungen stehen, wie beispielsweise die Arbeit der Kommission, die jetzt langsam Fahrt aufnimmt, und deswegen respektiere ich diese schwierige Entscheidung, die Albrecht Gerber getroffen hat, auch aus dieser Hinsicht und wünsche ihm, seiner Familie, alles, alles Gute und viel Kraft."
    Krise in der Brandenburger Landesregierung
    Der Rücktritt kommt für den Regierungschef zu einem denkbar ungeeignet Zeitpunkt: Gesundheitsministerin Diana Golze von der Linken ist wegen eines Pharmaskandals um in Griechenland gestohlene, womöglich unwirksame Krebsmittel schwer angeschlagen. Ministerpräsident Woidke hat bereits angekündigt, dass er sie möglicherweise Ende August entlassen wird. Gleichzeitig spürt Woidke ein gutes Jahr vor der Landtagswahl den heißen Atem der AfD im Nacken: Die Partei liegt in Umfragen nur wenige Prozentpunkte hinter der auf 23 Prozent abgesackten SPD.
    Namen wurden heute noch nicht genannt, aber natürlich läuft die Suche nach einem Nachfolger für Albrecht Gerber auf Hochtouren. Der neue Wirtschaftsminister soll in der nächsten Landtagssitzung vereidigt werden, am 19. und 20. September. Bis dahin macht Albrecht Gerber weiter.
    Er reißt eine große Lücke ins Kabinett, zumal es bei Rot-Rot im Moment nicht nur wegen der linken Gesundheitsministerin kriselt: Die Abschiebung von drei Flüchtlingen nach Afghanistan sorgt ebenso für Ärger, wie die geplante Verschärfung des Polizeigesetztes durch den SPD-Innenminister.