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Rückzug von einer Urlaubsinsel

Seit 1973 unterhält die amerikanische Marine auf dem Maddalena-Archipel zwischen Sardinien und Korsika einen Militärstützpunkt für ihre Atom-U-Boote. Ein geeigneter Standort, um schnell an allen möglichen Krisenherden an den Ufern des Nahen Ostens zu sein. Doch jetzt wollen die Amerikaner ihren Stützpunkt schließen.

Von Karl Hoffmann | 09.01.2006
    Noch bis vor wenigen Wochen war Pasqualino Serra skeptisch, ob sich dieser Traum zu seinen Lebzeiten noch erfüllen würde:

    "Unser Inselreich müsste von den Kriegsschiffen befreit werden. Als ich Bürgermeister von La Maddalena war, habe ich es geschafft, dass das gesamte Archipel zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Darin haben Atom-U-Boote wirklich nichts verloren."

    1973, mitten im Kalten Krieg, landeten amerikanische Marineeinheiten in einem der schönsten Urlaubsgebiete des Mittelmeers, eine kleine Inselwelt zwischen Sardinien und Korsika. Schon Napoleon, Admiral Nelson und der Staatsgründer Giuseppe Garibaldi hatten die enorme strategische Bedeutung von La Maddalena erkannt. Ein gewaltiger natürlicher Hafen für Schiffe jeder Größe. Die Amerikaner wollten hier ihre U-Boote gegen die damals noch existierende sowjetische Flotte stationieren. Pasqualino Serra, Besitzer der kleinen Insel Santo Stefano wurde kurzerhand enteignet.

    "Sie haben uns für die amerikanische U-Bootbasis 58.000 Quadratmeter Land weggenommnen und eine Entschädigung von damals etwa 2.000 Euro geboten. Das Geld haben wir abgelehnt. Darüber wird noch zu reden sein."

    Der Moment scheint jetzt gekommen. Denn der lange Kampf von Pasqualino Serra um seine Insel ist gewonnen. Die Amerikaner ziehen ab, und zwar schon in den nächsten Monaten. Unverhofft hatte der 77-jährige, rüstige Sarde Schützenhilfe von höchster Stelle bekommen. Der neu gewählte Regionspräsident Renato Soru hatte die Amerikaner aufgefordert, sich nach über 30 Jahren gastlicher Aufnahme bei den Sarden nun endlich ein anderes Plätzchen zu suchen.

    "Die Bedrohung des Kalten Krieges gibt es schon lang nicht mehr und damit auch keine strategische Begründung mehr für die Präsenz von Atom-U-Booten inmitten eines so sensiblen und schönen Naturschutzgebietes. Wo die Bewohner ein Recht auf gesunde wirtschaftliche Entwicklung haben, die erwiesenermaßen von militärischen Einrichtungen verhindert wird."

    Nicht alle Bewohner von La Maddalena sind glücklich über die Entscheidung der Amerikaner, Hals über Kopf abzuziehen. Etwa 200 Familien leben von den Dollars, die die Marines in Sardinien ausgeben. Schon wird spekuliert, wann die demnächst aufgelassenen Militäreinrichtungen in Luxushotels umgewandelt werden, damit die Bevölkerung im Archipel nicht plötzlich am Hungertuch nagen muss. Seit einem mysteriösen Unfall vor zwei Jahren wollen eigentlich alle, dass die Atom-U-Boote abziehen, da ist sich Pasquilino Serra sicher:

    "Keine einzige westliche Militärbasis kann heute noch ohne Duldung der lokalen Bevölkerung gehalten werden. Die Maddalenini haben sich immer mehr dagegen gewehrt, und das ist einer der Hauptgründe, dass die Amerikaner jetzt gehen."

    Eine nicht minder wichtige Rolle haben wohl auch die hohen Kosten für die U-Boot-Basis gespielt, die ideal war im Kalten Krieg, aber völlig ungeeignet ist für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Die Amerikaner werden sich auf ihre bereits bestehenden Stützpunkte in Sizilien und Süditalien zurückziehen. Und Pasqualino Serras Traum von seiner befreiten Insel wird nun doch noch wahr werden.