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Ruhr-Universität Bochum
Hochschulen suchen Kontakt zu den Bürgern

Die Ruhr-Uni Bochum will auf die Menschen in der Stadt zugehen und sich öffnen. Sie bietet deshalb zum Beispiel eine Duftvorlesung für Kinder und Käseseminare für Erwachsene an. Auch andere Hochschulen suchen mehr Nähe zu den Einwohnern.

Von Kai Rüsberg | 19.12.2013
    "Es war vor langer Zeit, dass die Lebkuchen entstanden."
    Lesung statt Vorlesung. Heute sitzen Kinder im Seminar an der Ruhr-Uni Bochum. Draußen läuten die Glocken, drinnen wird es bei einer Geschichte der studentischen Literaturinitiative trotz Neondeckenleuchten ein wenig weihnachtlich im Seminar:
    "Wir werden eine Duftlesung machen. Das Thema ist Weihnachten."
    Belen Daz-tha hat sich die Duftlesung ausgedacht. Auf einem kleinen Tisch sind zwei Dutzend Lebensmittel aufgebaut, die in der Weihnachtszeit gerne gegessen werden.
    "Jedes Mal, wenn eine von diesen Produkten genannt werden, dann werde ich die Euch geben und ihr dürft dran riechen. Damit ihr richtig in der Geschichte erleben könnt, was da passiert."
    Die Duftlesung für Kinder ist nur eines der Programme, das in dem neuen Gebäude Blue Square für die Bochumer angeboten wird. Auf fünf Etagen sind in den letzten zehn Monaten neue Vorlesungssäle und Seminarräume entstanden. Direkt an der Fußgängerzone gelegen.
    "Genau unter uns sind Massen von Leuten auf dem Weihnachtsmarkt. Das ist sehr zentral. Wir wollen, dass die Leute das Gefühl haben, die Uni gehört zu Bochum."
    Vor 50 Jahren war die Ruhr-Uni als erste Hochschule im Ruhrgebiet gegründet worden, auf Feldern im damals dünn besiedelten Süden der Stadt: Als Uni der Arbeiterkinder mit einem eigenen Campus. Bis heute hatte man sich aber wenig Gedanken darüber gemacht, Kontakt zu den Bewohnern der Region aufzunehmen, sagt Uni-Sprecher Jens Wylkop.
    "Wir haben einen schönen Campus, aber wir sind sehr außerhalb der Stadt. Es war über viele Jahre, dass die Uni im Bewußtsein der Bevölkerung noch nicht angekommen war."
    Inzwischen gibt es allein in Bochum neun Hochschulen mit weit mehr als 40.000 Studenten. Das entspricht 15 Prozent der Bewohner. Die Stadt wirbt mit dem Slogan "Univer-City". Den Schritt, den Tempel der Forschung zu öffnen, werden auch andere Hochschulen gehen, meint Wylkop.
    "Es gibt andere Initiativen. Die Uni Düsseldorf hat ein Haus eröffnet. Auch die Uni Oldenburg hat das schlaue Haus eröffnet. Da kann man einen Trend erkennen, von Unis, die sich mehr öffnen."
    In dem neuen Seminargebäude an der Fußgängerzone ist eine Dauerausstellung über Duft und Gestank zu erleben. Heute Abend findet dort ein echtes Genießerseminar statt. Bei Käse und Wein können die Teilnehmer neben einem vollen Bauch auch wissenschaftliche Erkenntnisse mit nach Hause nehmen.
    "Die Bürger sollen profitieren, im Sinne einer Akademie, sodass wir Wissen vermitteln möchten."

    Die Duftlesung kam bei den Kindern gut an. Natürlich gab es auch Lebkuchen zum Probieren. Mit diesem Konzept der Bürger-Uni sind im kommenden Jahr weitere Veranstaltungen geplant. Die Käse- und Wein-Seminare sind jedoch schnell ausgebucht.