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Rumänien
Streit um die Genehmigung einer Goldmine

Ein kanadisch-britisches Unternehmen will in Rumänien Gold in einer Miene in Siebenbürgen abbauen. Doch die Regierung stellt sich seit Jahren quer. Nun klagt das Unternehmen auf der Basis eines alten Investitionsschutzabkommen. Ein Testfall für TTIP?

Jule Reimer im Gespräch mit Georg Ehring | 23.07.2015
    Rumänische Protestierende malen am 05.09.2013 ein Plakat gegen die Öffnung der Goldmine Rosia Montana
    Das Goldminen-Projekt zwischen Rumänien und Kanada sorgt seit Jahren für Ärger. (dpa/epa/Robert Ghement)
    Georg Ehring: Frau Reimer, was ist Anlass dieser Klage?
    Jule Reimer: Rumänien verfügt über die größten Goldvorkommen in Europa. Das kanadisch-britische Unternehmen Gabriel Resources versucht über ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem rumänischen Staat seit 15 Jahren, eine Erlaubnis für die Ausbeutung von Gold und Silber in Rosia Montana im westlichen Siebenbürgen zu bekommen. Die Firma wirft der rumänischen Regierung vor, dass die Blockade des Projekts zum Verlust aller schon geleisteten Investitionen für die Mine geführt habe. Und will Gabriel Resources die vollständige Summe erstattet bekommen. Einen Betrag nannte das Unternehmen nicht. In der Vergangenheit war schon mal von vier Milliarden Dollar die Rede.
    Ehring: Auf welcher Basis klagt Gabriel Resources?
    Reimer: Vor rund 15 Jahren wurde wohl schon grundsätzlich eine Zusage zum Abbau gemacht – mit einem erneuten Anlauf 2013 - aber letztlich wurde nie eine endgültige Genehmigung erteilt. Jetzt klagt das Unternehmen auf der Basis eines älteren Investitionsschutzabkommen zwischen Rumänien auf der einen Seite und der Regierungen von Kanada und Großbritannien auf der anderen Seite.
    Ehring: Es geht hier auch um Umweltschutz. Warum gibt es so große Bedenken?
    Reimer: Sie erwähnten bereits diesen schlimmen Unfall vor 15 Jahren. Da einmal die Anwendung, die Technik, die Gabriel Resources bei der industriellen Ausbeutung einsetzen will. Auch Gabriel Resources will mit Cyanid arbeiten – da wird Natrium-Cyanidlauge eingesetzt, um das Gold zu extrahieren. Damit hat Rumänien eine katastrophale Erfahrung gemacht: Vor 15 Jahren brach in Baia Mare im Nordwesten Rumäniens nach heftigen Regenfällen der Damm in einer Golderz-Aufbereitungsauflage eines Bergbauunternehmens, das halb Australiern, halb dem rumänischen Staat gehörte. Eine riesige Giftflut ergoss sich über die Region und die Flüsse bis in das Donaudelta hinein. Gleichzeitig entsteht beim Goldabbau eine ungeheure Menge von Abraum. Eine große Faustformel: Um ein Kilo Gold zu gewinnen, müssen 200 Tonnen Erz gefördert werden. In diesem Fall hier ist die Rede von vier Bergen, die abgetragen werden sollen, eine ungeheure Menge von Abraum und natürlich auch von Naturzerstörung.
    Ehring: Sind die Umweltschutzbedenken berechtigt? Man kann es ja auch besser machen als damals, als es zur Katastrophe gekommen ist.
    Reimer: Damals war es wohl eine Mischung aus ungünstigen Wetterverhältnissen, technischen Konstruktionsfehler, wohl auch menschliches Versagen. Wir sind jetzt 15 Jahre weiter. Es soll Cyanid eingesetzt werden, das Unternehmen sagt: Das ist Stand der Technik. Andere sagen, das ginge auch anders. Das Unternehmen Gabriel Resources sagt, wir bekennen uns zu Umweltschutz, wir haben die internationalen Umwelt- und Sozialstandards der UN, der OECD unterschrieben, die Standards zum Einsatz von Zyanid. Aber das sind alles Vereinbarungen auf freiwilliger Basis, keine wirklich juristische Grundlage, um Unternehmen tatsächlich zur Rechenschaft ziehen zu können. Hinzu kommt eine ziemlich lasche Haltung der kanadischen Regierung unter Stephen Harper gegenüber den eigenen Bergbauunternehmen.
    Ehring: Genau solche Klagen sind Grund für die heftige Kritik an den Investorenschutzkapiteln in den Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) und USA (TTIP). Ist das jetzt die Blaupause für den Fall, den die Kritiker fürchten?
    Reimer: Jein. Gabriel Resources beruft sich auf die "fair and equitable" – Klausel in einem älteren Investitionsschutzabkommen. Die sagt, ein Unternehmen muss "fair und gerecht" behandelt werden. Wenn es das nicht wird, kann es auf Entschädigung klagen. Das war und ist in diesen älteren Investitionsschutzabkommen sozusagen ein Freibrief, um gegen alles zu sein, was etwas am aktuellen Status quo ändert. Das ist in CETA jetzt nicht mehr so, dort ist der Investorenschutz viel genauer definiert. Aber es gibt weiterhin diese Formulierung "fair und gerecht". Und: Die ganzen Verbesserungsvorschläge der jüngsten Zeit beziehen sich alle immer nur auf TTIP. Wenn CETA so wie es ist, unterschrieben wird, besteht die Gefahr weiterer Schlupflöcher.