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Rumäniens Führung begräbt Kriegsbeil

In Rumänien haben die beiden Erzrivalen, Staatschef Traian Basescu und Premier Victor Ponta, einen "Pakt der Zusammenarbeit" unterzeichnet. Zuletzt einigten sich die beiden sogar auf die Besetzung wichtiger Justizposten – doch der EU und vielen Bürgern ist das Zweckbündnis nicht geheuer.

Von Annett Müller | 24.04.2013
    Staatschef Traian Basescu und Premier Victor Ponta sind die Lieblingsfiguren der Politsatire-Zeitung "Catavencii". Noch vor gut einem Jahr karikierte das Blatt den erbitterten politischen Machtkampf der beiden. Inzwischen haben die zwei jedoch einen "Pakt der Zusammenarbeit" geschlossen. Erst unversöhnliche Gegner - jetzt auf einmal Alliierte? Das kann man nur aufs Korn nehmen, sagt Chefredakteur Doru Buscu:

    "Wir hatten auf der Titelseite eine Karikatur, in der die beiden in einem Rennwagen sitzen. Ponta ist der Pilot, Basescu sein Copilot. Eine Anspielung darauf, dass sie zusammen Rumänien auf Kurs bringen wollen. Doch Ponta sagt: 'Pass bloß auf Traian, du bist nur der Beifahrer. Und bei einem Crash geht für gewöhnlich der zuerst drauf. Mal sehen, wie haltbar ihr Pakt ist."

    Politisch gesehen bleibt Regierungschef Ponta und Präsident Basescu aber gar nichts anderes übrig, als zusammenzuarbeiten. Ansonsten drohen Gesetzblockaden und politischer Stillstand. Weil Basescu aber für die Links-Liberalen um Victor Ponta ein notorischer Erzrivale ist, hatten sie im vorigen Jahr versucht, ihn aus dem Amt zu jagen. Der Vorstoß scheiterte damals. In Brüssel gilt Rumänien seither als politisches Sorgenkind. Dagegen wollen Basescu und Ponta nun ankämpfen, meint Politik-Kommentator Mircea Vasilescu:

    "Die beiden verbindet mehr, als sie trennt. Beide sind Politiker der Übergangszeit und eines Systems, wo hinter den Kulissen verhandelt wird. Sie sind da sehr pragmatisch und sagen sich: 'Was brauchen wir? Gute Beziehungen zur EU-Kommission.' Also wollen sie den Eindruck erwecken, dass sie handeln und nicht nur streiten."

    Jüngstes Resultat: Ponta und Basescu haben sich auf wichtige Justizposten geeinigt - es geht um einen neuen Generalstaatsanwalt und um einen neuen Chef der Antikorruptionsbehörde DNA. Seit Monaten läuft die Ausschreibung für die Posten, so wie es die EU-Kommission vorsieht. Doch dieses Auswahlverfahren haben Staatschef und Premier einfach ad acta gelegt und eine Art Rochade vorgenommen. Georgiana Iorgulescu von der Nichtregierungsorganisation "Zentrum für juristische Expertise" ist entsetzt:

    "Vermutlich hatten die beiden Politiker Angst, dass sich hier nicht die richtigen Leute bewerben, die nach ihrem Geschmack sind, und die sie womöglich nicht politisch kontrollieren können. Anders ist das nicht zu erklären."

    Aufgabe der beiden Antikorruptionsermittler ist es, zu entscheiden, welche Vertreter aus Politik und Wirtschaft ins Visier genommen werden. Zu tun gäbe es viel: Die frühere liberaldemokratische Basescu-Partei ebenso wie die Ponta-Partei stecken tief im Korruptionssumpf. Zwar standen noch nie so viele Funktionsträger wie jetzt vor Gericht. Trotzdem glaubt eine Mehrheit der Rumänen, dass die Korruption im Land immer weiter wuchert. Viele sehen die Antikorruptionsbehörden nur als Spielball der Politik, um den Gegner in Schach zu halten:

    "Ponta und Basescu haben die Regeln geändert. Da kommen natürlich Verdächtigungen auf. Selbst wenn ihre Kandidaten die besten wären, sind die jetzt kompromittiert. Glauben Sie etwa, dass die Bevölkerung denkt, dass die wirklich aufräumen werden?"

    Ob sich Präsident und Premier von dieser Kritik beeindrucken lassen, ist allerdings fraglich. Denn plötzliche Kurswechsel haben in der rumänischen Politik Tradition. Bei der Bevölkerung haben dadurch aber beide an Ansehen verloren.

    "Ponta wurde gewählt, weil er sich mit Basescu bis aufs Messer gestritten hat und nun schließen sie Frieden? Das ist ein Schlag ins Gesicht für all jene, die ihn gewählt haben."

    "Der Pakt ist nur Fassade, um Europa zu gefallen. Ponta braucht die EU, um noch ernst genommen zu werden. Er hat doch ein Glaubwürdigkeitsproblem, mit seinen Lügen und seinen plagiierten Doktortitel. Er macht sich doch lächerlich."

    Das politische Spektakel ernst nehmen? Lieber nicht, rät hingegen Chefredakteur Buscu. Die Auflage seiner Satirezeitung "Catavencii" ist zuletzt deutlich gestiegen. Politischer Humor hat jetzt wieder Konjunktur:

    "Die Leser und wir fühlen uns gut dabei, wenn wir uns über die Politik lustig machen können. Das ist unsere einzige Form der Vergeltung. Anders als mit Humor lassen sich die Dinge auch nicht ertragen. Die Deutschen hätten bei unseren Zuständen schon längst massenhaft Selbstmord begangen."