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Rund um die Uhr betreut

Kinder von Ärzten, Feuerwehrleuten, Polizisten oder Pflegekräften haben eines gemeinsam: Ihre Eltern arbeiten im Schichtdienst, nicht selten auch nachts. Seit drei Jahren gibt es deshalb in Schwerin eine 24-Stunden-Kita für Kinder von Schichtarbeitern. Mittlerweile findet das deutschlandweit einzigartige Konzept regen Zulauf.

Von Andrea Wojtkowiak | 28.02.2013
    "Piep, piep, piep. Guten Appetit - Danke Gleichfalls - Danke."

    Acht Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren sitzen um den Tisch herum und essen Brote, Gemüse und unterhalten sich. Während andere Kinder längst zu Hause sind, sind sie immer noch in der Kita – zwei bleiben sogar über Nacht. Möglich ist das in Schwerin in der 24-Stunden-Kita Nidulus. Am Anfang war es gar nicht so leicht, das neue Angebot zu etablieren, gibt Marlies Kahl, die pädagogische Geschäftsführerin der Kita gGmbH zu.

    "Als wir eröffnet haben, gab es viele Kritiker, die gesagt haben, ob das wohl gut geht, und viele hatten so diese Assoziation zu den ehemaligen Kinderkrippen zur DDR-Zeit. Die sind alle noch so negativ behaftet und insofern aha, jetzt baut man wieder so etwas."

    Doch mittlerweile – rund drei Jahre nach der Eröffnung - ist sowohl den Eltern als auch den Kritikern klar, dass die Kita vor allem das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellt. So haben sie dort immer die gleichen Bezugspersonen. Zwei der elf Mitarbeiter sind immer nachts da. Und wie gefällt den Kleinen, nicht zu Hause zu übernachten?

    "Schön! – Warum? Weil es schön ist. – Manchmal schön und manchmal nicht so schön, wenn ich fünfmal hier schlafe. Schmeckt das Essen? Ja! Ich werde nach dem Essen abgeholt."

    Papa Sirko March ist beruflich viel unterwegs – auf Dienstreise, seine Frau als Selbstständige ebenfalls. Die 24-Stunden-Kita war für das Paar ein wichtiger Grund, von Berlin nach Schwerin zu ziehen.

    "Es ist ja immer schwierig für einen Ehepartner oder dass beide hier auch eine Arbeit finden. Deswegen war die Idee von der Selbstständigkeit von meiner Frau geboren. Und da hing aber auch dran, dass sie viel in der Gegen rumfahren muss. Und ich wusste auch nicht, was mich vom Arbeitsaufwand erwartet, und so war das eine gute Alternative."

    Und den Kindern gefällt's auch, sagt der stolze Papa.

    "Ach die Kinder, die übernachten hier gern. Also wir haben wirklich das Glück, dass unsere Kinder nicht so regelmäßig hier übernachten. Es gibt ja welche, die sieht man hier ständig. Und das ab und zu ist für sie wie – weiß ich nicht. Da sind immer andere Kinder da. Die haben ihren Spaß dabei."

    58 Plätze hat die Kita, und die reichen nicht. Obwohl das Angebot nicht jedem offen steht. Nur wenn beide Eltern im Schichtbetrieb arbeiten, können sie ihr Kind anmelden. Darunter sind zum Beispiel Ärzte, Menschen, die in der Pflege arbeiten, Polizisten und Feuerwehrleute. Da kommt es immer wieder vor, dass die Kinder auch mal länger bleiben, sagt Kita-Leiterin Grit Brinkmann.

    Trotzdem kontrollieren die Erzieher genau, dass kein Kind zu lange in der Kita bleibt - jedes hat ein Zeitkontingent. Im Schnitt sind sie dadurch nicht länger in der 24-Stunden-Kita als in einer normalen Kita. Wie zum Beispiel Daymon. Er übernachtet diese Woche zum Beispiel am Mittwoch in der Kita.

    "Geht dann mit seiner Mutti nach Hause, verbringt den Vormittag und kommt zum Mittag im Prinzip wieder, um die nächste Nacht von Donnerstag auf Freitag zu verbringen. Wird abends um 20 Uhr abgeholt. Da sind beide Eltern in der Pflege tätig, und durch solche langen Arbeitszeiten kommen auch andere Zeiten für die Kinder zustande."

    Und das Wochenende können beide Eltern mit ihrem Kind zusammen verbringen - trotz Schichtarbeit. Das Konzept der 24-Stunden-Kita Nidulus ist deutschlandweit einzigartig. Mittlerweile kommen aus ganz Deutschland ständig Anfragen, sagt Marlies Kahl:

    "Zum einen freut uns ja, dass unsere Vision, eine Kita für Menschen, die in Schicht arbeiten, aufzubauen, dass uns das gelungen ist, andererseits haben wir mit einer so breiten Resonanz nicht gerechnet."

    Mittlerweile könnten sie eine Erzieherin allein für die Beratung anstellen. Das große Interesse zeigt wohl auch, dass diese Form, die Kleinsten in der Kita unterzubringen, heutzutage gefragt ist. Und vielleicht macht das Konzept der 24-Stunden-Kita in Schwerin ja auch in anderen Städten Schule.