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Rundfunkgeschichte
Golden Days of Radio

Bis zum endgültigen Durchbruch des Fernsehens Anfang der 60er-Jahre galt das Radio in den USA als das Unterhaltungsmedium schlechthin. In den "Golden Days of Radio" strahlte jedes der großen Networks eigene Shows und Hörspiele aus, die mitunter bis zu 60 Millionen (!) Hörer an die Apparate fesselten.

Von Christian Blees | 03.01.2015
    Die Sopranistin Vivienne Segal im Jahre 1934 während einer CBS Radio-Sendung.
    Die Sopranistin Vivienne Segal im Jahre 1934 während einer CBS Radio-Sendung. (Imago / UIG)
    Was heutzutage kaum jemand weiß: Viele auch in Deutschland bekannte TV-Serien stammen ursprünglich aus dem US-amerikanischen Radio – von "Simon Templar" über "Rauchende Colts" bis hin zu "Stahlnetz".

    Die "Lange Nacht" über die goldene Zeit des US-amerikanischen Radios entführt in eine Ära, in der Hörspiele stets live produziert wurden, sich Hollywood-Stars im Radiostudio quasi die Klinke in die Hand gaben und in der eine vermeintliche Invasion vom Mars tausende Radiohörer in Panik zu versetzen mochte.

    "Ich glaube, das goldene Zeitalter des Radios war das kürzeste goldene Zeitalter, das es je gegeben hat. Es hat nur zehn bis fünfzehn Jahre gedauert. Und ich war froh, ganz oben auf der Welle mit schwimmen zu können, als das Radio zu einem sehr reichhaltigen und wichtigem Medium wurde." (Norman Corwin)
    "Friends of Old Time Radio". Seit fast vier Jahrzehnten treffen sie sich jedes Jahr im Herbst, um sich an die Goldenen Zeiten des US-amerikanischen Radios in den 1930er- und 1940er-Jahren zu erinnern.
    Friends of Old Time Radio bei Facebook
    Die Old Time Radio Researchers Group besteht aus Anhängern des Genres, die im Laufe der Jahre unzähliges Material (Print und Audio) zusammengetragen, zum Teil restauriert und auf ihrer Website zur Verfügung gestellt haben. Eine wahre Fundgrube zum Thema!
    Kostenloser Download von Old Time Radio Shows
    Old Time Radio Shows per Audiostream lauschen
    Literaturtipp:
    John Dunning:
    On the Air - The Encyclopedia of Old-Time Radio
    Oxford University Press
    822 Seiten
    Auszug aus dem Manuskript der Ersten Stunde der Langen Nacht:
    Für Millionen US-amerikanischer Familien wiederum hatten die verschiedenen Hörspielserien, abgesehen vom reinen Unterhaltungswert, auch einen sozialen Nebeneffekt. Denn sie schafften es, die verschiedenen Generationen vor den Radioapparaten zu vereinen. Ken Stockinger weiß dies von seinem mittlerweile 82-jährigen Vater.
    KEN STOCKINGER: "Er sagt öfters: Weißt du, wenn heutzutage eine Familie gemeinsam vor dem Fernseher sitzt, dann starrt jeder auf den Bildschirm, und niemand sagt etwas. Beim Radio war das früher ganz anders. Obwohl es eigentlich sehr wichtig war, genau zuzuhören, gab es doch in den Hörspielen immer wieder kleine musikalische Brücken zwischen den einzelnen Szenen oder auch Werbeunterbrechungen, in denen man sich kurz über das eben Gehörte unterhalten konnte. Und wenn es mal eine besonders spannende Szene gab, dann schaute man sich gegenseitig aufgeregt an. Mein Vater hat mir erzählt, dass er als Junge immer bäuchlings auf dem Boden vor dem Radio lag, das Kinn in die Hände gestützt. Mein Großvater aß dann oft einen Becher Eiscreme, und Großmutter nähte irgendetwas. Der Radioapparat war gewissermaßen das Zentrum des Hauses."
    Der Filmemacher Mike Kacey arbeitet an einer Dokumentation über die Golden Days of Radio. Darum gehört auch für ihn der Besuch der Friends of Old Time Radio Convention gewissermaßen zum Pflichtprogramm. Vor allem aber kennt sich Kacey sehr gut aus mit den Anfängen der US-amerikanischen Radiolandschaft, der die Fans heutzutage so sehr nachtrauern.
    MIKE KACEY: "Das erste Network, die National Broadcasting Corporation, wurde 1926 gegründet. Dahinter steckte die Idee, Radiosendezeit an Sponsoren zu verkaufen. Diese konnten dann mit einzelnen Sendungen ihre Produkte bewerben. Einer der ersten Stars war Rudy Vallee, der mit seiner Sendung für Fleischmans Hefe Werbung machte. Die Sendungen kamen alle zentral aus New York. Kleinere Radiostationen konnten sich der NBC anschließen und hatten dadurch den Vorteil, ihren Hörern vor Ort berühmte Stars wie Rudy Vallee oder Eddie Cantor präsentieren zu können. Ihre eigenen Einnahmen konnten sie dadurch aufbessern, indem sie vor Ort selbst lokale Sendungen produzierten, die sie dann an Sponsoren vor Ort verkaufen konnten."
    CBS, das Columbia Broadcasting System, ist Ende der 1920er-Jahre neben NBC das zweite große Radio Network der USA. Beide Senderketten produzieren ihre Programme jeweils zentral in New York. Verbreitet werden diese über tausende lokaler Radiostationen im ganzen Land. Das heißt: Je mehr Stationen ein Network als Abnehmer für das eigene Programm gewinnen kann, desto höher sind die Einschaltquoten - und damit auch die Einnahmen. Denn schon bald beginnen immer mehr Firmen in den USA damit, ihre Werbeetats umzuschichten: von den Tageszeitungen ins Radio.
    MIKE KACEY: "Das Radio war in den 1930er-Jahren auch deshalb wichtig, weil viele Menschen ihre Arbeit verloren hatten. Für den Preis eines Radioapparates konnten sie sich plötzlich unterhalten lassen, Musik und Nachrichten hören. Vorher musstest du ins Theater gehen, um Künstler wie Jack Benny oder Eddie Cantor zu erleben. Jetzt kamen sie zu dir nach Hause. Dadurch wurde das Radio zu einem wichtigen Mittel, um mit der Welt außerhalb der eigenen vier Wände Kontakt aufzunehmen."
    Der Blog von Mike Kacey
    Auszug aus dem Manuskript:
    Am Montag, dem 1. Juni 1936, fällt der Startschuss zu einer völlig neuen Zusammenarbeit zwischen den Hollywood-Studios und dem Radio Network CBS. Das Lux Radio Theater - benannt nach seinem Sponsor, Lux Seifen - geht zum ersten Mal von Hollywood aus auf Sendung. Das Konzept des Lux Radio Theaters besteht darin, Hörspiele zu präsentieren, die auf bekannten Filmen basieren - und zwar möglichst mit denselben Stars, die vorher schon in der Leinwandfassung zu sehen waren. Gesendet wird live aus Hollywood. Auf der Bühne tummeln sich neben den Schauspielern unter anderem auch mindestens ein Geräuschemacher sowie ein 24köpfiges Orchester, das zum Hörspiel die Original-Filmmusik präsentiert. Am 1. Juni 1936, dem Tag der Premiere, steht "The legionnaire and the lady" auf dem Programm. Dabei handelt es sich um die Radiofassung des Films "Marocco", der kurz zuvor in die Kinos gekommen ist. In den Hauptrollen des Hörspiels: Clark Gable und Marlene Dietrich. Und als Gastgeber des Lux Radio Theater fungiert der berühmte Filmproduzent Cecil B. DeMille.
    "Lux presents...Hollywood!" It's said that 40 million listeners tuned into the Lux Radio Theater to hear Cecil B. DeMille (and later, William Keighley) introduce another radio adaptation of a famous Hollywood film, almost always with the film's original actors in the starring roles.
    Lux Radio Theater bei Wikipedia (englisch)
    Times Past Old Time Radio - Lux Radio Theater – Archive zum Nachhören
    Auszug aus dem Manuskript der zweiten Stunde der Langen Nacht:
    Am 22. Juli 1940 ist die Pilotfolge einer neuartigen Krimireihe zu hören. Arbeitstitel: SUSPENSE, "Spannung". Und welche Person würde sich besser eignen, diese neue Sendung den Hörern schmackhaft zu machen, als Alfred Hitchcock, der Meister der Suspense - Spannung?
    Obwohl Alfred Hitchcock als Regisseur der SUSPENSE-Pilotfolge genannt wird, hat er persönlich mit dem Hörspiel in Wirklichkeit so gut wie gar nichts zu tun. Und trotzdem: Die Sendung vom 22. Juli 1940 gefällt den Hörern so gut, dass viele von ihnen an CBS schreiben mit der Bitte, SUSPENSE fortan regelmäßig zu senden. Zwar dauert es zwei weitere Jahre, bis eine eigenständige Serie mit diesem Titel dann tatsächlich wöchentlich zu hören ist. Doch der Erfolg der halbstündigen Kriminalhörspiele reicht schon bald an den des LUX RADIO THEATERs heran. Mitte der 1940er-Jahre schließlich macht sich Alfred Hitchcock auf die Suche nach einem Geldgeber für eine eigene Radiosendung. Dafür plant er eine Krimiserie mit ganz speziellem Hitchcock-Touch. Arbeitstitel: ONCE UPON A MIDNIGHT - "Es war einmal um Mitternacht". Mithilfe des Networks ABC produziert Hitchcock im Frühjahr 1945 eine Pilotfolge.
    Once Upon a Midnight with Alfred Hitchcock: Zum Nachhören
    SUSPENSE – Folgen zum Nachhören
    Auszug aus dem Manuskript:
    WIE VÖGEL FLIEGEN SIE DURCH DIE LUFT
    Es ist Morgen. Morgen auf einer flachen Wiese, noch feucht vom Tau. Hier, wo noch im letzten Jahr die Heuschwaden lagen, steht jetzt ein Haus für Vögel, wie Gott sie sich nie träumen ließ, als er den Himmel schuf. Schau näher hin: Sie rollen ihn aus dem Hangar. Vorsichtig! Vorsicht, Vorsicht, meine Herren! Er ist doch so empfindlich. Tut ihm nicht weh, nicht wehtun, bitte! Sachte, meine Herren, sachte! Ein Bomber ist ein Wunderwerk der Technik, ein Ausbund mathematischer Präzision: kühl und klar und edel wie ein Theorem. Sieh‘ her – hast Du keinen Sinn für Schönheit? Schau, wie die verchromte Nase sich zum Himmel reckt, wie sie in der Sonne funkelt, die Witterung aufnimmt in der klaren Morgenluft.
    Geschrieben hat das Hörspiel der bis dahin völlig unbekannte Norman Corwin. Corwin hat erst kurz zuvor beim Network CBS als Autor und Regisseur angefangen. Er ist gerade einmal 28 Jahre alt. Anlass, das Hörspiel THEY FLY THROUGH THE AIR zu schreiben, war ein Text über die Bombardierung wehrloser Zivilisten durch die "Legion Condor" in der baskischen Stadt Guernica - geschrieben von Vittorio Mussolini, dem ältesten Sohn des damaligen italienischen Faschistenführers, Benito Mussolini.
    NORMAN CORWIN: "Er hatte ein Buch darüber geschrieben und verglich das Bild von den Blutlachen der Getöteten, die sich auf dem Boden ausbreiteten, mit dem Aufblühen einer Rose. Das hat mich sehr wütend gemacht, und darum habe ich mein erstes ernsthaftes Radiomanuskript geschrieben - gegen Faschismus und gegen Krieg."
    Im Februar 1939 sorgt Norman Corwins Hörspiel nicht nur wegen der ungewöhnlichen sprachlichen Aufbereitung für Aufsehen, bei der sich ironisch-heroische Erzählertexte abwechseln mit zum Teil actionreichen Spielszenen. Bis dahin hat sich, abgesehen vom Präsidenten, im Radio noch nie irgendjemand derart unverhohlen gegen die Gräueltaten europäischer Faschisten zu Wort gemeldet. Schon gar nicht in einer Unterhaltungssendung. Zumal die Meinungen darüber, wie sich die USA gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland politisch verhalten sollen, auch Ende der 1930er Jahre nach wie vor gespalten sind - nicht nur unter den Politikern, sondern auch innerhalb der eigenen Bevölkerung: Ein Kritiker ernennt Norman Corwin spontan zum "Dichterfürst des Radios".
    Ein anderer schreibt über die Ursendung: Norman Corwin versucht, den Hörern eine poetische Sprache genauso nahe zu bringen, wie es bislang nur Bücher bei Lesern vermocht haben. Sein Schreibstil ist nicht einfach zu beschreiben. Er mischt Poesie mit alltäglichen Dialogen. Leuten, die Poesie mögen, gefällt das genauso wie solchen Menschen, die den Begriff "Dichtkunst" bislang vor allem mit zwei schrecklichen Stunden Schulunterricht pro Woche in Verbindung gebracht haben.

    Norman Corwin ist einer der bedeutendsten Autoren und Regisseure der Golden Days of Radio.
    Norman Corwin bei Wikipedia (deutsch) und (englisch).
    American Radio Archive (englisch)
    THEY FLY THROUGH THE AIR - das Manuskript zum Nachlesen (englisch)
    Auszug aus dem Manuskript der Dritten Stunde der Langen Nacht:
    Wie Norman Corwin wird auch Orson Welles in den 1930er-Jahren für das Network CBS zu einem seiner wichtigsten Hörspiel-Regisseure. Und wie Norman Corwin ist auch Orson Welles in der Hoch-Zeit des Radios quasi gerade erst dem Teenager-Alter entwachsen.
    "The Columbia Broadcasting System and its affiliated stations present Orson Welles and the Mercury Theater On The Air in "The War Of The Worlds” by H. G. Wells.”
    "Ladies and Gentlemen - the director of the Mercury Theater and star of these broadcasts, Orson Welles.”
    Orson Welles: "We know now that in the early years of the twentieth century this world was being watched closely by intelligences greater than man’s and yet as mortal as his own.”
    Es ist acht Uhr abends am Sonntag, dem 30. Oktober 1938. CBS präsentiert das Hörspiel WAR OF THE WORLDS - "Krieg der Welten", basierend auf der gleichnamigen Romanvorlage. Orson Welles gehört trotz seiner erst 23 Jahre zu den berühmtesten Schauspielern der USA.
    Die politische Weltlage im Herbst 1938 ist angespannt. Ende September regelt das sogenannte Münchener Abkommen, dass die deutschsprachigen Gebiete der Tschechoslowakei auf Hitlers Wunsch dem Deutschen Reich zugeschlagen werden. Kurz darauf wird das Sudetenland durch die Wehrmacht besetzt. Nicht nur in Europa – auch in den USA fürchtet man, dass es zum Krieg kommen könnte. Joe Houseman, der Produzent der Sendung:
    JOE HOUSEMAN: "Das alles wäre zwar wahrscheinlich auch so passiert – aber begünstigt wurde das Ganze durch die Münchener Krise ein paar Monate zuvor. Diese hatte vor allem zwei Dinge nach sich gezogen. Zum einen hatten sich die Leute daran gewöhnt, dass das Radio sie mit aktuellen Meldungen versorgte - und nicht nur die Zeitung. Und zweitens war die ganze Anspannung und Krisenangst immer noch spürbar. Insofern hatten wir es relativ einfach, diese Atmosphäre durch unser Hörspiel noch einmal anzufachen."
    Schwarz-weiß-Aufnahme einer Hörspiel-Übertragung in einem Studio. Sprecher an Mikrofonen und Musiker mit Geigen.
    Der US-amerikanische Schauspieler und Autor Orson Welles (oben links) schockte am 30. Oktober 1938 die USA mit einem Hörspiel, in dem er die Eroberung der Welt durch Mars-Menschen vortäuschte. Viele Menschen hielten das Stück für echt. (dpa/picture alliance/UPI)
    Die Amerikaner sind also auf dramatische Nachrichten aus dem Radio vorbereitet. Es ist aber nicht nur die angespannte politische Stimmung, die dafür sorgt, dass das Hörspiel vom "Krieg der Welten" an diesem Abend viele Menschen in Angst und Schrecken versetzen wird. Das liegt auch an dem perfekten Timing, das Orson Welles und seine Kollegen vom Mercury Theater hinlegen. Welles hat sich vorab den Sendeplan der CHASE AND SUNBORN HOUR besorgt. Darum hat er eine sehr genaue Vorstellung davon, wann die meisten Radiohörer an diesem Abend von der populären CHASE AND SUNBORN HOUR auf NBC zur CBS umschalten werden: Dann, wenn dort der erste Sketch mit den eigentlichen Stars der Show, dem Bauchredner Edgar Bergen und seiner Puppe Charlie McCarthy, gerade zu Ende gegangen ist. Es ist viertel nach acht, als Don Ameche, der Moderator der Sendung, einen musikalischen Gast ankündigt: die Sängerin Dorothy Lamour mit ihrem Song "Two sleepy people".
    EDGAR BERGEN SHOW:
    Don Ameche: "A few years ago, a song about a couple of people who were very, very tired, swept the country. Remember "Let’s pull out the lights and go to sleep"? For now another one is coming along, and it looks like just a big hit. It’s by Hoagy Carmichael, and it’s called, simply enough, "Two sleepy people". Dorothy Lamour shows how it goes - and very nicely, too. Dorothy?"
    Um der Musik zu entgehen, drehen mehrere Millionen Hörer am Radioknopf - und landen in der vermeintlichen Live-Reportage der CBS. Die Ankündigung, dass es sich dabei um ein Hörspiel handelt, haben sie nicht mitbekommen.
    WAR OF THE WORLDS:
    Philips: Ladies and gentlemen, you’ve just heard Mr. Wilmuth, owner of the farm where this thing has fallen.
    Im Hörspiel ist gerade das erste Raumschiff der Marsianer gelandet.
    WAR OF THE WORLDS:
    Philips: Just a minute! Something is happening! Ladies and gentlemen, this is terrific! It…it is indiscribable. I can hardly force myself to keep looking at it.
    Ansager: We are bringing you an eyewitness account on what’s happening on the Wilmuth farm, Grovers Mill, New Jersey.
    Noch einmal der Produzent der Sendung, Joe Houseman:
    JOHN HOUSEMAN: "Die Show war ein reines Wunder. Das Skript war fantastisch, und es passte einfach alles. Der Schauspieler, der den Reporter spielte, hatte sich zuvor extra noch ein paar Mal die Schallplatte mit der Live-Reportage vom Desaster des Luftschiffs Hindenburg angehört. Die hat er dann im Hörspiel fast wortwörtlich kopiert. Und derjenige, der den Vertreter des Innenministeriums spielte, war in der Lage, Präsident Roosevelts Stimme perfekt zu imitieren. Das war einer der besten Effekte der ganzen Show.”
    Herbert G. Wells
    Der Krieg der Welten
    Roman.
    Aus d. Engl. v. G. A. Crüwell u. Claudia Schmölders
    Originaltitel: The War of the Worlds
    1974 Diogenes
    Viele Orson Welles-Hörspiele zum Download: The finest radio drama of the 1930’s was Mercury Theater On The Air, a show featuring the acclaimed New York drama company founded by Orson Welles and John Houseman.
    Auszug aus dem Manuskript:
    Der freiberufliche Autor Howard Koch hat den Science-Fiction-Roman zum Hörspiel umgearbeitet. Er erinnert sich.
    HOWARD KOCH: "Noch am selben Abend haben sie versucht, mich zu erreichen, um mir zu sagen, was los war. Aber ich lag total übermüdet im Bett. Am nächsten Morgen ging ich zum Friseur, und auf dem Weg dorthin schnappte ich auf der Straße ein paar Wortfetzen von Leuten auf, die sich unterhielten: Invasion, Krieg und so weiter. Ich fragte den Friseur: "Ist irgendwas passiert? Gibt es Krieg?" Er lachte nur und zeigte mir die Zeitung mit der Schlagzeile: "Marsinvasion sorgt für landesweite Panik". Das war schon ein merkwürdiger Moment. Danach war für ein oder zwei Tage unklar, ob wir Helden oder Verbrecher waren. Dann schrieb Dorothy Thompson, eine berühmte und wichtige Zeitungskolumnistin, wir hätten unserem Land einen großen Dienst erwiesen. Wir hätten nämlich gezeigt, was passieren würde, wenn die Menschen in Panik versetzt würden – und was man gegebenenfalls dagegen unternehmen könnte. Das hat die ganze Sache zu unseren Gunsten gedreht.”
    Am nächsten Tag findet eine Pressekonferenz statt. Orson Welles markiert das Unschuldslamm.
    ORSON WELLES: "Es kam für uns völlig überraschend, dass diese Story von H. G. Wells, auf der ja schon viele Comics und Abenteuergeschichten beruhen, auf die Radiohörer solch eine durchschlagende Wirkung hatte. Darüber bin ich selbst total geschockt. Ich glaube auch nicht, dass das speziell etwas mit dem Mercury Theater und der Art zu tun hat, wie wir den Stoff aufbereitet haben. Ich weiß, dass praktisch jeder beim Radio davon träumt, so etwas zu bewirken, was jetzt passiert ist – mich selbst eingeschlossen. Radio ist ein neues Medium, und wir müssen noch lernen, welche Wirkung es auf die Menschen hat. Im Grunde versucht doch jede Radiosendung und jeder Film, dramatischer daher zu kommen als das wahre Leben."
    Die Meldung von der Panik, die Orson Welles mit dem Hörspiel auslöst, geht um die Welt – auch nach Deutschland. Und ausgerechnet der, vor dem sich die Amerikaner - abgesehen von den Marsianern - am meisten fürchten, macht sich öffentlich lustig über sie. Eine Woche nach der Ausstrahlung des Hörspiels hält Adolf Hitler eine öffentliche Rede. Diese sorgt zumindest beim deutschen Publikum durchaus für Heiterkeit.
    Hörspielautor Howard Koch bei Wikipedia (deutsch)
    Der Krieg der Welten bei Wikipedia (deutsch) und zum Nachhören (englisch)