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Rupert Murdoch gegen australische Regierung

Wann wird Medienmacht zu einer Gefahr für die Demokratie? Die Briten haben darüber im Zuge des Murdoch-Abhörskandals leidenschaftlich gestritten. Nun ist diese Debatte auf Australien, Heimat des globalen Medienunternehmens, übergeschwappt.

Von Andreas Stummer | 13.08.2011
    Geisterstunde im australischen Fernsehen: Es ist kurz nach Mitternacht, als ein sichtlich angeschlagener Rupert Murdoch in London britischen Abgeordneten Rede und Antwort steht. Er wirkt alt, kraftlos und oft abwesend. Was er denn über das Spionieren seiner Journalisten wüsste, wird er immer wieder gefragt. Murdoch sieht aus wie ein Gespenst.

    Von Adelaide nach New York, vom Lokaljournalisten zum globalen Medienmogul: Der Aufstieg des Rupert Murdoch ist Folklore in Australien. Sein Name steht für Erfolg, Macht und Einfluss. Jetzt nicht mehr. Nach dem Telefon-Abhörskandal in England ist der Lack ab, Rupert Murdoch im Visier von Premierministerin Julia Gillard. Denn seine Zeitungen sabotieren offen das politische Kernstück ihrer ersten Amtszeit: eine Energiesteuer für Australien.
    "Wir sollten – auch in Australien – das Murdoch-Medienimperium genauer unter die Lupe nehmen. Ich möchte wissen, ob das was in Großbritannien passiert ist, auch bei uns geschieht. Mehr möchte ich dazu nicht sagen."

    Einer von Julia Gillards Hinterbänklern aber wurde deutlicher. Schmiergeld für Informationen und Gefallen für ausgesuchte Reporter. Vor mehr als 60 Jahren hat Rupert Murdoch mit einer Zeitung angefangen, jetzt kontrolliert er 70 Prozent des australischen Printsektors. Darunter die größten Boulevardblätter und den erzkonservativen "Australian", die einzige landesweite Zeitung Australiens. Doch Murdoch macht mit seinen Blättern nicht nur Geld, sondern vor allem Meinung. "Mit freier Presse hat das nichts zu tun", bemängelt Medienanwältin Barbara McDonald, von der Sydney University, "eine Meinung sollte sich immer noch jeder selbst bilden können."

    "Wir werden genau untersuchen müssen, ob nicht zu wenige Unternehmen zu viele Medienorganisationen in Australien besitzen. Dann ist da die Frage der politischen Einflussnahme und Parteilichkeit. Und, wie der Fall Murdoch in Großbritannien gezeigt hat, müssen wir das Recht auf Privatsphäre besser schützen."

    Wie sehr Rupert Murdochs Medienkrake "News Ltd." den australischen Printsektor im Würgegriff hat und offen Politik gegen Julia Gillard macht, zeigt die Diskussion um die wohl umstrittenste Regierungsentscheidung der letzten Jahrzehnte: das Einführen einer CO2-Steuer im Kampf gegen den Klimawandel.

    Premier Gillard spricht von einer moralischen Verpflichtung, als sie in Canberra die Details der Steuer bekannt gibt – Australien sei nun einmal der weltgrößte Kohlexporteur und kein anderes Land der Welt blase, pro Einwohner, mehr C02 in die Atmosphäre. Deshalb müssen ab kommendem Jahr 500 Unternehmen – die größten Verschmutzer - für drei Jahre eine feste Abgabe auf ihren Kohlendioxidausstoß zahlen. Der Preis liegt anfangs bei rund 17 Euro pro Tonne CO2. Ab 2015 wird dann ein Emissionshandel eingeführt. Für den australischen Energieberater Goff Cousins, das umfassendste System zum Kauf und Verkauf von Verschmutzungszertifikaten außerhalb von Europa.

    ""Diese Steuer wird für immer verändern, wie wir Energie erzeugen. Überall auf der Welt wird es mehr saubere, alternative Technologien geben. Zu viele Leute sprechen darüber, was das alles kostet. Das ist Nebensache. Dem Erdklima geht es immer schlechter – und dagegen müssen wir etwas unternehmen.”"
    Für Umweltgruppen ist die Steuer ein erster Schritt, Australiens Konservative beschimpfen den Plan als "das Letzte." Und mit ihnen Murdoch. Seine Zeitungen titelten: "Australien besteuert sich in den Bankrott". Doch statt objektiv darüber zu berichten, dass steigende Energiepreise und Lebenshaltungskosten durch groß-zügige Regierungszuschüsse ausgeglichen werden, begann in den Murdoch-Blättern eine beispiellose Kampagne: "Weg mit der CO2-Steuer – und mit der Regierung". In den auflagenstarken Murdoch-Zeitungen erschienen, kostenlos, Anzeigen für landesweite Demonstrationen gegen Julia Gillards Umweltpolitik.

    Anti-Regierungsprotest im Hyde Park, in der Innenstadt von Sydney. Zwei-, vielleicht dreitausend wütende Demonstranten lassen Julia Gillard wissen, wo sie sich – wenn es nach ihnen geht - ihre CO2-Steuer hinstecken kann. Hetzreden von der Bühne, überall Plakate. Poster mit Bildern der rothaarigen Premierministerin werden hochgereckt, darunter Sprüche wie: "Weg mit der Hexe" und "Zur Hölle mit Gillard".

    Die aufgebrachte Menge käut das wieder, was seit Monaten in Großbuchstaben in den Murdoch-Zeitungen steht: Australien sei zu klein, um ein so großes, finanzielles Opfer zu bringen. Und der Umwelt ginge es durch die Steuer kein bisschen besser. Murdochs Propaganda zeigt Wirkung. Die Labor-Partei unter Julia Gillard ist so unpopulär wie keine australische Regierung zuvor. Keine beneidenswerte Situation – denn Gillards Macht ist nur geborgt. Verliert sie auch nur einen einzigen Sitz, dann gibt es einen Regierungswechsel. Rupert Murdochs Print-Imperium gegen die CO2-Steuer und die amtierende Labor-Regierung. Bis zur nächsten Parlamentswahl sind es noch gut zwei Jahre. Die Schlammschlacht um die öffentliche Meinung und um Wählerstimmen aber – die hat längst begonnen.