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Russische Nationalmannschaft
Was bedeutet der Venen-Einstich?

Neue medizinische Fragen tauchen um Russlands Fußball-Nationalteam auf. Nach dem Gruppenspiel gegen Uruguay war auf einem hochauflösenden Foto ein Venen-Einstich in der Ellenbeuge von Torjäger Artjom Dsjuba zu sehen. Der russische Teamarzt hat dafür eine Erklärung, die bei Fachleuten auf Skepsis stößt.

Von Thomas Kistner | 06.07.2018
    Der russische Nationalspieler Artjom Dsjuba feiert ein Tor bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland.
    Der russische Nationalspieler Artjom Dsjuba feiert ein Tor bei der WM in Russland. (imago sportfotodienst)
    Der russische Teamarzt Eduard Besuglow erklärt das so, dass seine Mediziner zur Überwachung des Funktionszustandes der Spieler diverse hämatologische Parameter kontrollierten. Dafür werde kapillares wie auch venöses Blut verwendet. Kapillares Blut wird in Tropfen aus Ohrläppchen oder Finger gezapft, Venenblut kommt fast immer aus der Ellenbeuge. Teamarzt Besuglow beschreibt die Blutabnahmen als Routine-Akte, die dazu dienten, Belastungstoleranz und Regenerationszeit zu kontrollieren und Muskelverletzungen vorzubeugen.
    Diese Erklärung stößt bei Fachleuten auf starke Skepsis. Mediziner erklären dazu, dass Kapillar-Blut für die Leistungsdiagnostik völlig ausreiche. Der Pharmakologe Fritz Sörgel bezeichnet eine Abnahme von Venen-Blut für solche Zwecke als "sehr ungewöhnlich". Beim Deutschen Fußball-Bund heißt es, dass venöse Blutentnahmen nur äußerst selten und nur mit medizinischer Indikation stattfinden. Überdies ließen sich leistungsdiagnostische Zwecke mit Blutdaten gar nicht sinnvoll verfolgen.
    Professor Tim Meyer, der Chef-Leistungsdiagnostiker der DFB-Auswahl, hat diese Frage sogar in einem Fachbuch abgehandelt. Dort halten die Autoren fest: Venen-Blut sei nicht geeignet für ständige Tests von Laborwerten zur Ermittlung von Überlastungszuständen. Entnahmen aus der Vene sollten auf das nötige Minimum beschränkt sein.
    Nur in therapeutischen Ausnahmefällen
    Experte Sörgel verweist in Hinblick auf die Venen-Punktion auf eine ganz andere, ebenso logische Alternative: "Wer etwas aus der Vene rausnehme, könne dort ebenso gut etwas hineinführen." Und die Verabreichung von Infusionen zum Beispiel wäre chemisch gar nicht nachweisbar. Diese sind nur in therapeutischen Ausnahmefällen und nur für wenige Substanzen in sehr kleinem Umfang erlaubt.
    Zur Frage, ob bei Dsjuba etwas injiziert oder infundiert worden sei, lehnte ein russischer Teamsprecher jede weitere Erklärung ab.